Der Garten Rote Rose Die Frauen Rote Rose Der Verein
"Aber in Ohlsdorf - da schwatzen die Toten, die unsterblichen Toten, vom unsterblichen Leben!"
Rede zur Eröffnung des Gartens der Frauen
heißt es bei Wolfgang Borchert. Eine Form des unsterblichen, des ewigen Lebens ist die Erinnerung an die Toten. Sie ermöglicht es, dass Leistung und Wirken der Menschen auch über ihren Tod hinaus gewürdigt werden.
Leider werden Frauen oft nur als schwatzend wahrgenommen, ohne dass ihrem Wirken und ihren Taten respektvoll Gewicht beigemessen wird. Doch durch den Verein Garten der Frauen und durch den von ihm errichteten Garten der Frauen, soll die Leistung von Frauen im gesellschaftlichen Gedächnis bleiben.
"In Ohlsdorf, da sehen wir uns wieder", ist in Hamburg ein geflügeltes Wort. Und wirklich: Hier finden wir sie, die Frauen, die Hamburgs Geschichte mitgeprägt haben, aber zumeist in Vergessenheit geraten sind. Kaum eine Gedenktafel erzählt von ihren Taten, kaum ein Platz oder eine Straße ziert ihre Namen, kaum eine Publikation beschäftigt sich mit ihrem Schaffen. Es ist eine Tatsache, dass die Verdienste von bedeutenden männlichen Persönlichkeiten zu deren Lebzeiten oft mehr Beachtung und Würdigung finden, als die Verdienste von Frauen. Das Andenken an bedeutende männliche Persönlichkeiten wird auf eine vielfältigere Weise gewahrt, als dies bei Frauen üblich ist. So gibt es weitaus mehr Denkmäler und Gedenktafeln für Männer. Und von den ca. 8000 Straßennamen in Hamburg sind rund 2000 nach Männern benannt und nur 275 nach Frauen - und dies, obwohl es genügend bedeutende Frauen gibt, die mit einem Straßennamen geehrt werden könnten.

Dr. Rita Bake bei der Eröffnung des Gartens der Frauen - Juli 2001
Wenn also die Leistung von Frauen zu deren Lebzeiten schon weniger in das Bewußtsein der Öffentlichkeit gebracht wird als die Leistung von Männern, dann ist es nur logisch, dass nach dem Tode bedeutender Frauen, diese schneller vergessen werden als berühmte Männer. Deshalb schrieben Rita Bake und Brita Reimers auch das Buch "Stadt der toten Frauen", in dem 127 Frauen portraitiert werden, die auf dem Ohlsdorfer Friedhof begraben sind. Bei ihren Recherchen stellten sie fest, dass die Nutzungsdauer vieler dieser Grabstellen bereits abgelaufen war und niemand mehr für die Kosten der Verlängerung aufkam. Das bedeutet: Diese Grabstellen werden geräumt und die Grabsteine entsorgt. Damit dies nicht geschieht, wurde nach langen Überlegungen und Gesprächen zwischen Dr. Rita Bake, Helga Diercks-Norden und Dr. Silke Urbanski von diesen drei Frauen der Garten der Frauen ins Leben gerufen und im September 2000 der gleichnamige Verein gegründet.
In diesen Garten der Frauen - übrigens ein bundesweit und wahrscheinlich sogar europaweit einmaliges Projekt - können nun die Grabsteine von bereits "abgelaufenen" und nicht "verlängerten" Grabstellen weiblicher Persönlichkeiten verlegt werden. Dieser Garten der Frauen ist aber nicht nur eine museale Gedenkstätte. Hier können sich auch Frauen bestatten lassen. Mit dem Erwerb einer Grabstelle treten sie als Mäzeninnen für den Erhalt dieser historischen Grabsteine bedeutender Frauen auf.
Dieses Konzept von einem Ort für Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof, der sowohl einen musealen als auch einen Bereich für Beisetzungen hat, macht es möglich, dass Frauengeschichte kontinuierlich fortgeschrieben werden kann.
Da die Kriterien für "wer ist bedeutend" stets im Wandel begriffen sind, haben wir nicht nur für die Frauen Info-Tafeln mit Kurzbiographien erstellt, deren Grabsteine in den Garten der Frauen verlegt wurden. Wir erinnern auf Info-Tafeln auch an die im Garten der Frauen bestatteten Frauen, die hier eine Grabstelle erworben haben, weil sie als Mäzenin für die historischen Grabsteine auftreten wollten, weil sie in Gemeinschaft von Frauen bestattet sein wollten, weil sie die Idee stimmig fanden, das die Lebenden für die Toten sorgen. Denn mit dem Angebot der Gemeinschaftsgrabstätten im Garten der Frauen wird dem Prinzip der jahrhundertealten Tradition der Genossenschaftsgrabanlagen gefolgt. So kommt der Verein Garten der Frauen neben der Pflege für die Gedenkstätte auch für die Grabpflege auf.
Mit der Eröffnung des Gartens der Frauen ist die Arbeit des Vereins jedoch noch lange nicht beendet. Es wird weiter geforscht nach bedeutenden Frauen Hamburgs, die auf dem Ohlsdorfer Friedhof beerdigt und deren Grabstätten "abgelaufen" sind. So werden in den nächsten Jahren noch weitere historische Grabsteine in den Garten der Frauen verlegt werden. Platz dafür haben wir vorgesehen.
Mit dem Garten der Frauen wird Leben und Tod, Anfang und Ende versucht, wieder wie es früher üblich war, als Einheit zu sehen. Und wenn die Lebensreise in einem Garten endet, in dem, umgeben von tränenden Herzen, blau blühenden Himmelsleitern und Gedenkemein, das Erinnern leicht gemacht wird, dann bekommen wir vielleicht eine tröstliche Ahnung von dem, was ewiges Leben bedeutet.