Caroline Herzfeld

    (Louise Amalie Herzfeld geb. Stegmann)

    Schauspielerin und Sängerin am Hamburger

    Ornament Image
    1776
    Königsberg
    -
    20.9.1812
    Hamburg
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    Stadttheater von 1792 bis 1812
    Ohlsdorfer Friedhof, Althamburgischer Gedächtnisfriedhof:
    Grabplatte "Stadttheater"
    Caroline Herzfeld war die Tochter und Schülerin des Schauspielers, Sängers und Komponisten Karl David Stegmann, der von 1798 bis 1811, nach der zweiten Direktionsperiode Friedrich Ludwig Schröders, Mitdirektor des Hamburger Stadttheaters war. Ihre Mutter war die Schauspielerin Caroline Johanne Eleonore Linzen. Auch die jüngere Schwester, Wilhelmine, ging zur Bühne. 1792 erhielt Caroline Herzfeld zusammen mit ihr und ihren Eltern, die bereits früher am Stadttheater gespielt hatten, ebenda ein Engagement als Schauspielerin und Sängerin. Am 10. Dezember debütierte die 16jährige in einer Opernrolle, der Lina im "Rothen Käppchen" von Dittersdorf.
    Im selben Jahr war auch der Freund und Schüler Friedrich Ludwig Schröders, Jacob Herzfeld, der wie Karl David Stegmann 1798 Mitdirektor wurde und ab 1815 das Haus zusammen mit Friedrich Ludwig Schmidt leitete, ans Stadttheater gekommen. Ihn heiratete die junge Schauspielerin am 26. November 1796, nachdem er zur christlichen Religion übergetreten war. Das Paar bekam sieben Kinder, der im Jahre 1800 geborene Sohn Adolf wurde auch ein bekannter Schauspieler.
    Caroline Herzfeld trat bis zu ihrem Tode im Jahre 1812 in zahlreichen Rollen in klassischen Dramen, bürgerlichen Schauspielen und in Opern auf. Die Titelrolle in der Hamburger Erstaufführung der "Maria Stuart" (16.10.1801) war einer der Höhepunkte ihrer Kunst. "Schön und vollkommen",¹ nannte der Rezensent in den "Annalen des Theaters" ihre Darstellung; ihre Johanna in der Hamburger Erstaufführung der "Jungfrau von Orleans" (15.12.1801) blieb für ihn dahinter zurück. Ein Gedicht, das ebenfalls in den "Annalen" erschien, rühmt sie dagegen:
    "An Madame Herzfeld, als Jungfrau von Orleans.
    Hohen Preises würdig ist, die im weiblichen Busen,
    Mit dem zarteren Sinn Vollkraft des Mannes vereint;
    Und des begeisterten Dichters Gebild mit gleicher Begeisterung
    Von der Bühne herab zeiget dem staunenden Volk!
    Deine Töne, sie drangen erschütternd ins Innere des Herzens;
    Füllten mit Staunen den Geist, füllten mit Wehmut die Brust.
    Wähnend, es spräche der Gottbeseeligten eine, verstummte
    Rings die Menge; doch schnell mächtigen Klanges, erscholl
    Unermeßlicher Ausbruch der gränzenlosesten Freude:
    Schaffender Geisteskraft einzig beglückender Lohn.
    Darum achtet die Künstlerin gleich dem höheren Wesen,
    Das vom olympischen Sitz niederes Thun überschaut,
    Und sich bald in freundlicher Milde des Tages verkündet,
    Bald in Wettern der Nacht Staunen und Ehrfurcht gebeut!"¹

    Carl August Lebrun widmete der Kollegin einen Passus in seiner Geschichte des Stadttheaters. Neben ihren künstlerischen Fähigkeiten hob er besonders ihre bürgerlichen Tugenden hervor, die ihr die Akzeptanz bürgerlicher Kreise und den Zugang zu ihnen ermöglichte. "Es ist hier wohl an der Stelle, der großen Verdienste dieser Künstlerin besonders zu gedenken, die in der Oper wie im recitierenden Schauspiele als eine der ersten Stützen des Repertoires mit unermüdlicher Thätigkeit wirkte. Von der so gerechten als wohlerworbenen Gunst des Publikums getragen, entfaltete Mad. Herzfeld so viele Liebenswürdigkeit als Talent, und ihre Maria Stuart, Jungfrau von Orleans leben noch im Gedächtnisse vieler Theaterfreunde, während die häuslichen Tugenden der Künstlerin sie zu einer der geachtetsten Mitbürgerinnen Hamburgs erhoben. Im Kreise ihrer Kunstgenossen war sie selbst von denen geschätzt, die nicht ohne einigen Neid auf ihre Stellung hinblickten, und eine alles besiegende Verehrung schien so kleinliche Gefühle gewaltsam unterdrücken zu können." - "Seltne Herzensgüte, Talent, Anspruchslosigkeit, strengste Ausübung der Gatten-, Mutter- und Hausfrauenpflichten, und freundliches, liebevolles Benehmen hatten ihr von jeher die ausschließliche Liebe und Achtung des Hamburger Publikums gesichert."²
    Ähnlich würdigte auch der "Orient" Caroline Herzfeld, als sie im Alter von nur 36 Jahren bei der Geburt ihres siebenten Kindes starb: "Frau Caroline Herzfeld geb. Stegmann, starb an den Folgen einer zu frühzeitigen Entbindung am 20sten September, morgens um 8½ Uhr. Sie ward Mutter von sieben sie überlebenden, noch unmündigen Kindern. - Sie, als Künstlerin der Stolz unserer Bühne, war das Glück ihres sie unendlich liebenden Gatten im vollen Sinne des Wortes. Wer sie kannte, weiß, daß auf ihrem unbeschreiblich sanften Antlitz die ganze Seelengüte lächelte, womit sie jeden, der sie sah, freundlich erheiterte. Sie, die Frau des Direktors, sie der Liebling des alten Schröders, der mit so vielen um sie Thränen der Wehmut weint, war ganz frei von aller Kabale, von jeder Sucht zu glänzen, war so ganz Resignation, daß sie jedes Talent, was in ihrem Fache glänzte, mit innigem Wohlbehagen glänzen sah. In Rücksicht eines unbestechlichen, tugendhaften Wandels war sie nicht allein allen dramatischen Künstlerinnen, sondern auch vielen andern Damen ein gar erbauliches Muster. - Ruhe sanft, du Gute! Am Throne der Herrlichkeit harret rein die Palme; Du bist vollendet, wir trauern! Blicke sanft lächelnd herab, und segne uns mit der Seelenruhe, womit Dich hienieden Gott lohnte."³ Bei aller Sympathie für die Kollegin beurteilte Friedrich Ludwig Schröder ihr Talent nicht so positiv, vermutlich ein Ausdruck der Differenz zwischen Schröders Ansprüchen und denen seines Publikums, was während seiner Direktionszeit auch immer wieder zu Querelen führte: In einem Brief an Herzfelds Mitdirektor Friedrich Ludwig Schmidt anlässlich des Todes von Caroline Herzfeld heißt es: "So großen Theil ich auch an dem Tode der braven, als Schauspielerin freilich leicht zu ersetzenden Frau nehme, so kam er mir, nach der schweren Krankheit, die sie hatte, doch nicht unerwartet."4 Das Theater ehrte Caroline Herzfeld am 23. September, ihrem Beerdigungstag, mit einer Gedächtnisfeier auf der Bühne. "Gedächtnisfeyer der verewigten Caroline Herzfeld gewidmet von Friedrich Ludwig Schmidt (Gehalten am 23.sten September, am Begräbnistage der Entschlafenen. Die Bühne war schwarz ausgeschlagen, Madame Schröder, in tiefe Trauer gehüllt, sprach folgende Stanzen:)

    Ein ernst Geschäft führt mich in dieser Stunde
    Auf diesen Schauplatz, sonst dem Spiel geweiht.
    Vernehmet sie, die fürchterliche Kunde:
    Sie ist nicht mehr, die hier euch oft erfreut!
    Ein unerbittlich Schicksal schlug die Wunde,
    Versenkte euch wie uns in tiefes Leid.
    Drum wählt' ich euch zu Zeugen unsrer Schmerzen,
    Ihr trugt, wie wir, die Holde ja im Herzen.
    So wollen wir dann miteinander klagen,
    Und laut bekennen unseren Verlust,
    Ihn gegenseitig fühlen und ertragen -
    Ach! Mittheilung erleichtert ja die Brust.
    Der Rede Schmuck bedarf's nicht, um zu sagen,
    Wie Allen hier ihr hoher Wert bewust
    In ihrem frommen kindlichen Gemüthe
    Vereinte sich das Bild der Lieb' und Güte.

    Drum möge die Erinn'rung jetzt erneuern
    Was sie, die Unvergeßliche, uns war.
    Talent und Tugend im Vereine feiern
    Ihr Angedenken hier auf immerdar.
    Ihr sahet in der nun verklärten Theuren
    Der Tugend Bild seit Jahren hell und klar;
    Saht sie im Frühling ihres schönen Lebens,
    Und waret Zeuge ihres höhern Strebens.

    Damals, in jener gold'nen Zeit erfreute
    Das zarte Mädchen hier euch wundersam;
    Und Deutschlands Garrick, unser Schröder, weihte
    Zu ihrem Bildner sich auf ihrer Bahn.
    Thaliens Spiel, des Lebens heitrer Seite,
    War sie in jenen Zeiten zugethan.
    Wir seh'n sie noch, die lieblichen Gestalten,
    vor unsern Augen schöpferisch entfalten.

    Und als Sie sich zur ernsten Muse wandte -
    Wen rührte nicht ihr sanfter Ton und Blick?
    In Schottlands Königin - O wer erkannte
    In ihr nicht jener Dulderin Geschick!
    Wie sie das Kreuz andächtiglich umspannte -
    Wer ruft nicht ihre Worte sich zurück:
    Wohl sprach sie war: ‚Sie hat nichts mehr auf Erden!
    Im bessern Leben nur kann Lohn ihr werden?

    Doch haben wir dem künstlerischen Streben
    Der Theuren unsern Zoll hier dargebracht,
    Sey auch der Gattin und der Mutter Leben
    Ein ewig Angedenken angefacht. -
    O mög' ihr Geist die Waisen stets umschweben!
    Und eine höhere allgüt'ge Macht,
    Dem Gatten und den früh verwais'ten Kindern,
    Den Schmerz, den unaussprechlichen, bald lindern.

    So ruhe Sie den sanft, die Engelreine,
    Die alle wir geehrt und wahr geliebt.
    In ihrer Nähe lebte Keiner, Keine,
    Die sie durch eine Miene nur betrübt.
    Ihr Tod - ihr Tod nur ist das einzig Eine,
    Wodurch sie Kummer an uns hat verübt.
    Drum stimmt ein in unsre tiefe Klage,
    Die jetzt ertönt an ihrem Sarkophage.
    (Hier wandte sich die Rednerin nach dem Hintergrund, der sich erhob, und die Aussicht in ein tieferes schwarzes Zimmer gewährte. Dort erblickte man den erhöhten Sarcophag mit dem Namen der verewigten und mit Blumen umwunden. Am Fuße desselben stand der Todesengel mit umgekehrter Fackel; rechts sämmtliche Damen und links sämmtliche Herren des Theaters, schwarz gekleidet. Ein feierlicher Chor, vom Doctor Romberg componiert, ertönte.)

    Chor
    Flüchtig sind des Menschen Freuden,
    Traum nur ist sein Glück.
    Werden, Blühen, Welken, Scheiden,
    Das ist sein Geschick.
    (Folgende Strophen hatte der Verfasser aus Schillers
    Glocke entlehnt und Madame Becker sang sie solo)
    Ach! die Gattin ist?s die Theure,
    Ach! es ist die treue Mutter,
    Die der schwarze Fürst der Schatten
    Wegnahm aus dem Arm des Gatten,
    Aus der zarten Kinder Schaar,
    Die sie an der treuen Brust
    Wachsen sah mit Mutterlust -
    Ach! des Hauses zarte Bande
    Sind gelöst auf immerdar,
    Denn sie wohnt im Schattenlande.
    Die des Hauses Mutter war.

    Chor
    Doch wer fromm hier ausgesäet,
    Endet froh den Lauf.
    Sturm und Regenzeit vergehet,
    Seine Saat keimt auf.
    (Hier wand sich der Vorhang sanft herab.)
    Dr. Rombergs himmlische Musik, von ihm selbst dirigiert, die alle Herzen tiefergreifende Rede unserer Schröder; das sichtbare und unerkünstelte Leidwesen der Leidtragenden, und jene empfindungsvolle Poesie selbst, vollendeten einen Eindruck, der Verklärten und unseres Publikums würdig, welches mit andächtiger Stille die Worte aus dem Herzen vernahm; ja viele Damen und Herren in den Logen waren schwarz erschienen, alle waren auf das tieffste gerührt. Eine schöne Vorstellung von Leisewitz Julius von Tarent beschloß diese höchst anständige Gedächtnisfeier. -"³ Text: Brita Reimers
    Quellen:
    ¹ Zitiert nach: Johannes Hoffmann: Schillers ‚Maria Stuart' und ‚Jungfrau von Orleans' auf der Hamburger Bühne in den Jahren 1801-1848. Greifswald 1906.
    ² Carl August Lebrun: Jahrbuch für Theater und Theaterfreunde.
    Jg. 1 o. O. 1841.
    ³ Orient oder Hamburgisches Morgenblatt Nr. 191.
    4 Zitiert nach: Hermann Uhde (Hrsg.): Denkwürdigkeiten des Schauspielers, Schauspieldichters und Schauspieldirectors Friedrich Ludwig Schmidt 1772-1841. Hamburg 1875.