Ille Wendt
geb. Ruppe
Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus

ELSA Werner, Ille Wendt 1983 Kranzniederlegung Gedenkstätte Bullenhuser Damm , vermutlich bei der Eröffnung des Rosengartens; Quelle: Nachlass Ille Wendt, privat


ca 1940 Ille Wendt im Stadtpark (dort bei der Milchwirtschaft war ein illegaler Treffpunkt). Das Photo entstand bei einem privaten Ausflug. Quelle: Nachlass Ille Wendt, privat Bu: 1934 Ille Wendt zu Besuch in Köln, Quelle: Nachlass Ille Wendt, privat

13.7.1908
Köln
–
7.8.1993
Hamburg
Köln
–
7.8.1993
Hamburg
Mehr erfahren
Grablage: Ohlsdorfer Friedhof: Geschwister-Scholl-Stiftung,
Ille Wendt wurde am 13.07.1908 als Bertha Maria Ruppe in Köln geboren. Ihre Eltern waren streng deutsch-national eingestellt. Über eine christliche Mädchengruppe kam Ille in Kontakt mit anderen Jugendgruppen und fand über die Gewerkschaftsjugend und eine selbstorganisierte Jugendgruppe 1925 den Weg in den KJVD (kommunistischer Jugendverband Deutschlands). Als ihre Eltern sie deswegen in ein Kloster geben wollten, floh sie Anfang 1926 17-jährig nach Hamburg, wo sie bis zu ihrer Volljährigkeit 1929 unter dem Namen Ilse Schäfer untertauchte. Aus Ilse wurde Ille.
In Hamburg engagierte sie sich weiter im KJVD und trat 1930 in die KPD ein. Vor 1933 wohnte sie in der Jarrestadt und gehörte der dortigen KPD-Gruppe an. Ein wichtiger Teil ihrer politischen Aktivitäten lag immer auf der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Bereits in Köln leitete sie Kommunistische Kindergruppen (später Jungspartakusbund/JSB und Rote Jungpioniere/JP) und setzte dies in Hamburg fort. Ihren späteren Mann Walter Wendt lernte sie 1927 über diese Kindergruppenarbeit kennen. Die beiden bekamen fünf Kinder, von denen ein Sohn 1945 verstarb.
Von 1933 - 1945 war Ille Wendt aktiv im kommunistischen Widerstand tätig, gemeinsam mit z. B. Lucie Suhling, Katharina Jacob und Nina Hoefer. Sie hielt Kontakte und Netzwerke aufrecht, beherbergte und versteckte gefährdete und untergetauchte Genoss:innen und verhalf ihnen zur Flucht, war als Kassiererin für die Rote Hilfe tätig, hörte Feindsender ab, organisierte alles rund um Flugblätter und andere Schriften mit, betätigte sich als Kurierin und vieles mehr. Sie wurde vom NS-Regime verfolgt, drangsaliert und mehrfach kurzzeitig inhaftiert. Ihr Mann war u. a. im Konzentrationslager Fuhlsbüttel in Haft. Ein Anklagepunkt war die Beherbergung und die Fluchthilfe für Martha Naujoks (KPD).
1941 wurde Walter Wendt wieder als wehrwürdig eingestuft und für Schreibarbeiten und in der Küche des Kriegsgefangenenlagers Stalag XB in Sandbostel eingesetzt. Er tätigte dort Widerstandshandlungen, bei denen Ille ihn unterstützte.
Bei der Bombardierung Hamburgs wurde Ille Wendt 1943 ausgebombt und verschüttet. Nachdem sie sich mit ihren drei Kindern und hochschwanger selbst hatte befreien können, zog sie für die Geburt des vierten Kindes kurzzeitig in ein Flüchtlingslager bei Bremervörde (in der Nähe von Sandborstel) und anschließend nach Oberreißen in Thüringen, dem Herkunftsdorf ihres Vaters. Dort unterstützte sie u. a. heimlich Zwangsarbeiter:innen. Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus 1945 beteiligte sie sich aktiv am politischen und gesellschaftlichen Leben in der damaligen sowjetischen Besatzungszone.
Anfang 1947 kehrte sie nach Hamburg zurück. Dort engagierte sie sich beim Komitee der Politischen Gefangenen und bei der VVN (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, später VVN/BdA – Bund der Antifaschist:innen), dort auch im Landes- und Bundesvorstand sowie innerhalb der FIR (Fédération Internationale des Résistants), der internationalen Organisation von Widerstandskämpfer:innen. In diesem Rahmen organisierte und begleitete Ille Wendt auch nationale und internationale Ferienlager für die Kinder der verfolgten Kamerad:innen und betrieb so aktiv Begegnungs- und Versöhnungsarbeit. In Hamburg gründete sie die Geschwister-Scholl-Jugend mit.
Neben ihrem Einsatz für die Aufarbeitung der faschistischen Gräueltaten und für die antifaschistische Erinnerungsarbeit positionierte sie sich zu gegenwärtigen politischen Ereignissen, wirkte u. a. als Zeitzeugin in Schulen, als Rednerin bei Veranstaltungen und beteiligte sich bis zuletzt an Demonstrationen, antifaschistischen Stadtrundgängen, Infotischen und vielem anderen. Für viele Menschen war Ille Wendt durch ihr Engagement, ihrem Streben nach Humanismus und Aufklärung, ihrer Zugewandtheit, ihrer Herzlichkeit und ihrem Humor eine wichtige und sie prägende Persönlichkeit.
Ille Wendt verstarb am 7.08.1993 in Hamburg. Sie wurde auf dem Ehrenfeld der Geschwister-Scholl-Stiftung auf dem Ohlsdorfer Friedhof bestattet.
Text: Mascha Kirchner
Quellen:
Kontakt für Anfragen zur Nutzung des Quellenmaterials (Nachlass Ille Wendt) oder für Vorträge u. ä. über www.Ille-Wendt.eu