Amanda Wichern

    geb. Böhme

    Leitende Mitarbeiterin ihres Mannes Johann Heinrich Wichern

    Ornament Image
    12.9.1810
    Hamburg
    -
    7.5.1888
    Hamburg
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    Grablage: Ihr Grabstein steht rechts neben dem ihres Mannes. Der Grabstein ihrer Schwiegermutter Caroline Wichern steht links neben dem ihres Sohnes. Damit ist der Grabstein von Johann Heinrich Wichern rechts und links flankiert von den Grabsteinen seiner Ehefrau und seiner Mutter

    Namensgeberin für: Wichernsweg
    Nachdem Johann Heinrich Wichern 1833 mit seiner Mutter und seiner Schwester ins Rauhe Haus gezogen war, die ersten zwölf Jungen hier untergebracht worden waren und ein Jahr später bereits ein weiteres Haus gebaut worden war, wurden ab 1835 auch Mädchen im Rauhen Haus aufgenommen. Im selben Jahr verlobte sich Johann Heinrich Wichern mit der Sonntagsschullehrerin Amanda Böhme. Er hatte die junge Frau in der Sonntagsschule von Pastor Rautenberg, wo sie als Sonntagsschullehrerin tätig war, kennen und lieben gelernt.
    Amanda Böhme, geboren am 12. September 1810 in Hamburg, hatte mit ihren Eltern - ihr Vater war Direktor der hamburgischen Feuerversicherungskasse - und Geschwistern am Besenbinderhof gewohnt. Als Amanda dreizehn Jahre alt war, starb ihre Mutter. Amanda, dunkelhaarig und klein von Statur, sanftmütig und gelassen, übernahm die Erziehung ihrer jüngeren Geschwister - und damit war der Grundstock für ihre weitere Lebenslaufbahn gelegt.
    Im Rauhen Haus wohnte das junge Paar mit Wicherns Mutter Caroline im Mutterhaus. Amanda ging der Schwiegermutter bei der Haushaltsführung zur Hand und wollte es der Schwiegermutter recht machen. Doch es gab Konflikte und so manche heimlich vergossene Träne, bis der Gatte es eines Tages bemerkte und eine Aussprache mit seiner Mutter führte. Danach übergab er seiner Frau einen Teil seiner Geldgeschäfte und stellte für die Hilfe im Haushalt eine Küchen- und eine Wäschefrau ein. Damit schien der Konflikt zwischen Schwiegertochter und Schwiegermutter bereinigt gewesen zu sein.
    1836 kam Amanda Wicherns erstes Kind zur Welt. Dazu gesellten sich im Laufe der nächsten Jahre noch weitere acht Kinder. Ein Kind starb bereits im Kindesalter, ein weiteres wurde im Alter von 22 Jahren als Soldat im Krieg getötet.
    Die Arbeit im Rauhen Haus reichte Wichern nicht, er wollte solche "Werke rettender Liebe" in ganz Deutschland anregen. Deshalb unternahm er viele Vortragsreisen.
    Während Johann Hinrich Wichern auf Reisen war, übernahm seine Ehefrau die vielfältigen administrativen Arbeiten für den Geschäftsbetrieb des Rauhen Hauses. Sie war nicht nur - obwohl auch dies schon erheblich war - Mutter und Hausfrau, sie war auch Verwalterin und Managerin des Rauhen Hauses und leitete das Haus in Abwesenheit ihres Mannes. Auch war sie für die im Rauhen Haus aufgenommenen Mädchen und deren Arbeitsgebiete zuständig.
    Zum Rollenverständnis zwischen Mann und Frau äußerte sich Johann Hinrich Wichern wie folgt: "Mutter zu sein, ist der erste Beruf einer Frau. Ihr Wirkungskreis ist das Haus. Als Organ, als Diakon Gottes, dient sie dem Tisch, wie der Mann dem Worte dient. Der Dienst bei Tische ist dem Dienst des Mannes am Wort nicht untergeordnet, sondern nebengeordnet. Über diese Trennung jedoch darf kein Zweifel bestehen.
    Die Frau hat sich nicht in den lärmenden Streit der Männer zu mischen, und in der Kirche hat sie zu schweigen. Mann und Frau gehören zueinander wie die Räder einer Achse. Sie helfen sich gegenseitig, fortzukommen. Ich bin der Außenminister des Rauhen Hauses und Du der Finanzminister."
    1856 waren Amanda Wichern und zwei ihrer Töchter ihrem Mann nach Berlin gefolgt, wo er sich um das Gefängniswesen kümmerte. Die anderen Kinder waren entweder in einem Internat untergebracht, absolvierten eine Lehre oder lebten bei der Großmutter, um in Hamburg weiterhin zur Schule gehen zu können.
    Im Laufe der Jahre bekam Johann Hinrich Wichern mehrere Schlaganfälle, seinen ersten 1866. Nach seinem zweiten Schlaganfall 1871 wurde er vom Staatsdienst beurlaubt, und das Ehepaar Wichern kehrte ganz nach Hamburg ins Rauhe Haus zurück. Wichern begann an Depressionen zu leiden. Sieben Jahre bis zu seinem Tod pflegte Amanda aufopferungsvoll ihren Mann. Am 7. April 1881 wurde die Achtzigjährige Witwe. Fünf Jahre später erblindete sie und starb zwei Jahre darauf am 7. Mai 1888.
    Seit 1890 gibt es im Hamburger Stadtteil Hamm-Mitte den Wichernsweg , benannt nach dem Theologen Johann Heinrich Wichern, ergänzt 2001/2002 um die ebenso bedeutende Ehefrau Amanda Wichern. Neuer Erläuterungstext: "benannt nach dem Ehepaar Johann Heinrich W. (1808-1881), Theologe, Gründer des Rauhen Hauses, und Amanda W. (1810-1888), Leitende Mitarbeiterin ihres Mannes."
    Text: Rita Bake