Anne-Marie Vogler

    Bildhauerin und Grafikerin

    Ornament Image
    7.6.1892
    Altona

    30.5.1983
    Hamburg
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    Anne-Marie Vogler stammte aus einer großbürgerlichen Familie. Ihre Mutter war Clara Mathilde Vogler, geb. Leopold, ihr Vater der Exportkaufmann Friedrich Vogler. Mit ihren vier Brüdern wuchs Anne-Marie in Altona an der Elbchaussee auf. Sie segelte und ruderte mit den Brüdern auf der Elbe und lernte durch den ständigen Umgang mit ihnen Manches, worum Freundinnen sie bewunderten oder beneideten. Nach dem Besuch einer Höheren Mädchenschule verbrachte sie ein Jahr in London bei ihrem Onkel, um Hauswirtschaft und Englisch zu lernen. Sie bekam Klavier- und Gesangsunterricht, und erwog, Musikerin zu werden. Mit ihrem Bruder Kurt, der Geige spielte, arbeitete sie an einer gemeinsamen musikalischen Laufbahn. Nachdem ihr Bruder Karl 1916 als Soldat getötet worden war, spielte sie jedoch nie wieder mehr Klavier und wandte sich der bildenden Kunst zu.
    Von 1916 bis 1918 besuchte sie die graphische Klasse des Graphikers und Bildhauers Carl Otto Czeschka an der Kunstgewerbeschule. Sie begann in Elfenbein zu arbeiten und schnitt Tiere, Becher, Schalen, Griffe, etc. aus diesem Material. Später arbeitete sie mit Holz und nahm von 1922 bis 1925 Unterricht bei dem Holzbildhauer August Henneberger an der Handwerker- und Kunstgewerbeschule in Altona. Dann ging sie nach München an die Akademie der bildenden Künste und beschäftigte sich auch mit Christlicher Kunst. 1929 zog sie nach Berlin, arbeitete dort in einem eigenen Atelier und kehrte 1931 nach Hamburg zurück, wo sie sich ein Atelier im Mittelweg einrichtete. Sie versammelte einen Kreis geistig interessierter Menschen um sich, zu dem auch die Malerinnen Anita Rée und Gretchen Wohlwill gehörten.
    In der Zeit des Nationalsozialismus gehörte sie zu der Gruppe von Gegnern und Gegnerinnen des NS-Regimes um den Buchhändler Felix Jud, die sich in seiner Buchhandlung in den Collonaden traf. Anne-Marie Vogler blieb unverheiratet.
    Die ersten Aufträge, die sie erhielt, waren Türreliefs für eine Fliegerschule, Intarsien für die spanische Botschaft in Berlin, Kaminplatten und Brunnenwände für Privathäuser bzw. -gärten, Grabmale, vor allem aber Plaketten und Portraitbüsten.
    1947 erhielt sie den ersten größeren Auftrag, der in der Öffentlichkeit Aufmerksamkeit erregte. Sie sollte die sechs Glocken des Limburger Doms, die im Zweiten Welt-krieg eingeschmolzen worden waren und nun nachgegossen wurden, mit Schrift und Bildschmuck versehen. Anne-Marie Vogler arbeitete in einer überlieferten, doch seit Jahrhunderten nicht mehr angewendeten Technik, indem sie vor dem Guss Figuren, Ornamente und Schrift von innen in den Ton ritzte, was bedeutete, dass sie in das Innere der Glocke kriechen und seitenverkehrt arbeiten musste. 1959 schuf sie ihre erste lebensgroße Vollplastik "Mutter und Kind" für einen Schulhof in Dockenhuden. Ein weiteres Werk ist z. B. der Marmortrinkbrunnen im Hauptbahnhof-Süd. Die meisten ihrer großen, als "Kunst am Bau" entstandenen Arbeiten führte sie nicht selbst aus. Sie lieferte die Entwürfe und ließ sie unter ihrer Anleitung und Korrektur vom Steinmetz verwirklichen. 1978 hatte die damals 85-Jährige im Kunstverein ihre erste Einzelausstellung in Hamburg. Besondere Aufmerksamkeit erregte eine Gruppe von Fußballspielern, die um 1970 entstanden war und die der Freund und Kollege Karl August Ohrt als Thema aufgriff, als er für die im Alter von 91 Jahren Verstorbene eine Grabplatte aus schwarzem Granit schuf. Was sie an den Sportlern faszinierte, waren ihre Bewegungen und die Aufgabe, sie in eine künstlerische Form zu bringen.
    Wesentliches aus Brita Reimers Portrait über Anne-Marie Vogler, in: Rita Bake, Brita Reimers: Stadt der toten Frauen. Hamburg 1997.