Charlotte Rougemont
Märchenerzählerin

22.01.1901
Hamburg
–
10.02.1987
Hamburg
Hamburg
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10.02.1987
Hamburg
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Schon als kleines Kind hatte sich Charlotte Rougemont in der Welt der Märchen, insbesondere der Volksmärchen wie zu Hause gefühlt.
Sie arbeitete schon lange als Medizinisch-Technische-Assistentin im Eppendorfer Krankenhaus, als ein Student sie mit zu einer Veranstaltung der Märchenerzählerin Vilma Mönckeberg-Kollmar nahm. Dieser Abend wurde zur Wende in ihrem Leben. Ihr, der Märchen fast nur vorgelesen worden waren, wurde plötzlich klar, dass Märchen, wenn sie ihren ganzen Zauber entfalten sollen, erzählt werden müssen; dass nur das laut gesprochene, den Einzelnen ansprechende erzählende Wort wirklich ergreift, allerdings wortgetreu der schriftlichen Fassung folgend
Am nächsten Tag lag bei einer mechanisch zu verrichtenden Arbeit im Labor ein Reclamband mit Grimms Märchen aufgeschlagen neben ihr. In jahrelanger, mühseliger Arbeit lernte sie neben ihrem eigentlichen Beruf viele Märchen der Welt auswendig - wobei ihr die Grimmschen Märchen immer besonders am Herzen lagen. Sie begann, in ihrer Mittagsstunde im Krankenhaus Bethesda Patienten die auswendig gelernten Märchen zu erzählen. Auch die Ärzte und Schwestern spürten die wohltuende Wirkung der Märchen auf die Patienten und riefen sie bald in dieses oder jenes Zimmer.
Bei den Bombenangriffen im Juli 1943 auf Hamburg wurde das Krankenhaus Bethesda und das Elternhaus Charlotte Rougemonts zerstört. Die Familie zog nach Flensburg, wo Charlotte Rougemont mit ihrem neuen Beruf der Märchenerzählerin begann. Hatte sie schon in den letzten Jahren in Hamburg ihren Kreis der Zuhörerenden über das Krankenhaus hinaus erweitert, Märchen in Altersheimen, bei Mütterabenden und in Kinderkreisen erzählt, so reiste sie jetzt per Bus oder auch oft auf mehrstündigen, beschwerlichen Fußmärschen durch Schleswig-Holstein, erzählte an der Westküste, auf den Inseln und Halligen, in den Kreisen Flensburg, Rendsburg, Schleswig, Eckernförde und in und um Hamburg. Sie erzählte in den Schulen (von der Dorfschule, über das Gymnasium bis zur Berufs- und Volksschule), in Kinder-, Müttererholungs- und Altersheimen, in Ferienheimen und Zeltlagern, bei den Landfrauen, im Frauengefängnis Fuhlsbüttel, im Jugendgefängnis Hanöfersand und auch in den Lazaretten. Fast immer gelang es ihr, auch anfänglich skeptische Jugendliche und Erwachsene zu fesseln. Charlotte Rougemont starb im Alter von 86 Jahren. Sie hatte zuletzt im Altenheim Rabenhorst in Hamburg gelebt.