Elisabeth Lüdecke

    92 Jahre, Schneiderin

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    13.08.1911
    Hamburg

    10.09.2003
    Hamburg
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    Elisabeth Lüdecke wuchs mit ihren zwei Geschwistern in einem Schlachtereihaushalt auf. Ihr Vater war Schlachtermeister am Grindel, ihre Mutter eine "höhere Tochter aus guten Haus". Sie war es nicht gewohnt, einen Betrieb mitzuführen. Nach dem Besuch der Volksschule absolvierte Elisabeth Lüdecke eine Lehre als Schneiderin. Zeitweilig arbeitete sie in einer Buchdruckerei. Im Alter von Anfang 30 heiratete sie einen Werkzeugmeister und bekam zwei Kinder (1941 und 1944). Mitten im Krieg, während sie mit ihrem zweiten Kind schwanger war, trennte sich der Ehemann von der Familie, um mit einer jüngeren Frau zusammenzuleben. Als nun alleinerziehende Mutter von zwei kleinen Kindern versuchte Elisabeth Lüdecke ihren Lebensunterhalt mit Arbeiten in einer Knopflochfabrik an der Sternschanze und durch die Untervermietung eines Zimmers in ihrer Wohnung zu bestreiten. Später arbeitete sie bis zu ihrer Berentung als Reinigungskraft in Behörden. Während des Zweiten Weltkriegs versuchte sie mit anderen Frauen die auf die Hausdächer abgeworfenen Phosphor-Brandbomben zu löschen. Dazu schleppten die meist durch Hunger und Entbehrung gezeichneten Frauen mit Wasser gefüllte große Zinkwannen auf die Dächer der meist fünfstöckigen Häuser. Während und in der unmittelbaren Nachkriegszeit wurde Elisabeth Lüdecke zur Hüterin der großen Straßenbäume im Hamburger Stadtteil Eimsbüttel, die in den eiskalten Wintern gern für Brennholz abgeholzt wurden. Elisabeth Lüdecke und andere bildeten deshalb Schutzwachen, um solchen Baumfrevel zu verhindern. Elisabeth Lüdecke war ein geselliger Mensch, sie pflegte Freundschaften und war religiös aktiv in der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten Gemeinde am Grindel. Privat lebte sie über Jahrzehnte ein so genanntes Bratkartoffelverhältnis mit einem Mann, der bei seiner Schwester lebte. Er kam fast täglich zu Besuch und beide verbrachten ihre Freizeit miteinander, so unternahmen sie z. B. Ausflüge.