Im Garten der Frauen bestattete weibliche Vereinsmitglieder
Für den Verein Garten der Frauen sind die in den Gemeinschaftsgräbern im Garten der Frauen bestatteten Frauen genauso bedeutend und erinnerungswürdig wie die Frauen, die zu Lebzeiten oder postum eine Berühmtheit erlangten und deren historische Grabsteine bzw. Erinnerungssteine im Garten der Frauen stehen. Der Verein Garten der Frauen macht keinen Unterschied zwischen Frauen, die - nach welchen gesellschaftlichen Kriterien auch immer - als bedeutend betrachtet werden und denen, deren Leistungen von der Gesellschaft als weniger erwähnenswert angesehen werden. Denn wir alle sind Teil eines großen Ganzen. Alles und alle sind gleichwertig mit allen verbunden. Und so stellt sich uns nicht die in unserer heutigen Zeit besonders im Politik- und Wirtschaftsbereich sowie im Showgeschäft oft gestellte Frage: wer ist wichtig und wer weniger. Alles und alle sind mit allen verbunden. Und damit alles und alle schlussendlich ein Ganzes bilden, ist es wichtig, "…. dass uns auch nicht eine fehle", frei nachdem bekannten Gutenachtlied "Weißt Du wie viel Sternlein stehen an dem blauen Himmelszelt? Gott der Herr, hat sie gezählet, dass ihm auch nicht eines fehlet, an der ganzen großen Zahl" des Predigers Wilhelm Hey (1789-1854).
Seit Herbst 2000 sind folgende weibliche Vereinsmitglieder im Garten der Frauen bestattet worden (Stand: Juni 2018). Wir erinnern an:
Elke Albertsen
(31.12.1953 Nordhackstedtfeld - 18.06.2009 Hamburg)
55 Jahre, Diplom-Bibliothekarin
"Oh Mensch, lerne tanzen, sonst wissen die Engel im Himmel mit dir nichts anzufangen!" (Augustinus)

Als drittes von elf Kindern wuchs Elke auf einem Bauernhof in Nordfriesland auf. Sie besuchte zunächst die Grundschule in Haselund und dann die Theodor-Storm-Schule in Husum, wo sie 1972 ihr Abitur machte. In Hamburg studierte sie an der Fachhochschule für Bibliothekswesen und arbeitete als Diplom-Bibliothekarin 30 Jahre lang in der Dokumentation vom Deutschen Überseeinstitut, heute German Institute of Global and Area Studies, zuständig für Asien, zeitweilig auch für Nahost.
Im Berufsalltag setzte sich Elke neben ihren regulären Aufgaben lange und mit viel Courage als Betriebsrätin ein. Ihre Offenheit, Geradlinigkeit und Tatkraft haben die Arbeit im Informationszentrum mit geprägt. Auch als sie aufgrund ihrer Krebserkrankung schon nicht mehr im Betrieb arbeiten konnte, trafen beim Betriebsrat noch ihre Recherchen z.B. zu Laserdruckern oder zur Ergonomie am Arbeitsplatz ein. Elke verband über Jahre und Jahrzehnte ein sehr freundschaftliches Verhältnis mit Kolleginnen und Kollegen, auch mit Ehemaligen.
1986 lernte Elke während eines Urlaubs in Griechenland ihren späteren Ehemann kennen. Die Insel Thassos wurde zu ihrer zweiten Heimat. 1991 wurde in Hamburg die Tochter geboren. 1992 entdeckte Elke über die Volkshochschule den Folkloretanz, der sie nicht mehr los ließ. Sie genoss die Musik und die gemeinsame Bewegung in der Gruppe. Besonders die griechischen und osteuropäischen Tänze hatten es ihr angetan. Sie übersetzte viele Liedtexte und recherchierte zu den Tänzen.
Elke war akribisch genau und sehr gewissenhaft. Sie war in ihrem privaten Umfeld eine gefragte Korrekturleserin und Lektorin. Sie fand nicht nur alle Fehler, sondern verfolgte auch den Inhalt der Texte genau und lieferte Vorschläge für stilistische oder inhaltliche Verbesserungen.
Elke war immer politisch interessiert und engagiert. Ihr Hauptinteresse galt lange Zeit Nordafrika. Sie studierte Zeitungen, auch französischsprachige, übersetzte und archivierte Artikel. Als aktive Gegnerin der Atomenergie geriet sie 1986 in den "Hamburger Kessel": Eine Protestdemonstration gegen das AKW Brokdorf wurde gleich beim Start in Hamburg auf dem Heiligengeistfeld von der Polizei stundenlang eingekesselt. Elke wurde auf eine weit entfernte Polizeiwache gebracht und kam erst nach mehr als zwölf Stunden frei!
Elke hat zeitweise in Frauengruppen mitgearbeitet und die Hamburger Frauenwoche mit vorbereitet, eine jährlich stattfindende politische Bildungsveranstaltung.
Das unerbittliche Krebsleiden, dem Elke seit 2004 tapfer alle Kraft, alles Wissen und allen Widerstand entgegensetzte, beendete ihr überaus aktives und engagiertes Leben weit vor der Zeit.
Wiltrud Asseburg
(5.6.1939 - 10.8.2022) 83 Jahre, Tagungssekretärin
Gisela Awe
(30.4.1939 - 7.3.2017) 77 Jahre, Lehrerin
Herta Bahn
(8.5.1916 - 15.02.2006) 89 Jahre, Hausfrau
Ursula Bergmann
(2.12.1952-16.1.2022) 69 Jahre, Sozialpädagogin
Elfriede ("Elfi") Bock, geb. Sindel
(12.02.1929 - 06.06. 2012)
83 Jahre, Sekretärin und Kursleiterin
Elfriede Bock stammte aus einfachen Verhältnissen. Ihr Vater war Fernfahrer und kommentierte die Geburt seiner Tochter mit "Och, nur 'n Mädchen...".
Sie lernte, sich zu behaupten. Als Vierzehnjährige überlebte Elfi nur knapp den Hamburger Feuersturm - ein lebenslanges Trauma. Mit achtzehn erwarb sie den LKW-Führerschein. Lediglich zur Rechtsanwaltsgehilfin ausgebildet, stieg sie auf zur Direktionssekretärin eines großen Konzerns. Ihre Begeisterung für das Akkordeon führte sie bis in das bundesweit beliebte "Ahoi Akkordeon-Orchester". Sie spielte jahrzehntelang auf großen Bühnen.
Nach ihrer Heirat (1959) brachte Elfi zwei Kinder zur Welt. Unter ihre - am Ende unglückliche - Ehe zog sie nach 27 Jahren den Schlussstrich.
Als Kursleiterin im Winterhuder Kulturzentrum "Goldbekhaus" schuf sie sich ein eigenes Leben. Sie unterrichtete Schneidern, Zeichnen, Seidenmalen und weitere künstlerischen Techniken. Parallel dazu nahm sie ihrerseits Unterricht bei führenden Hamburger Malern, arbeitete ehrenamtlich in Erwerbslosenzentren und organisierte Malreisen. Aquarelle und Skizzen aus dieser Zeit zeigen Motive in Litauen, England, Frankreich, Italien, Spanien und Nordafrika.
Am Goldbekhaus war Elfi 1987 Mitbegründerin eines der ersten deutschen Alten-Theater: "Die Herbstzeitlosen". Im Jahr 1999 wurde sie Mitglied der Hamburger Autorengruppe "literadies", der sie bis zu ihrem Tod angehörte.
Angehörige und Freunde vermissen eine großartige Frau mit Humor, Hilfsbereitschaft und warmherziger Offenheit.
Sonja Bockelmann
(23.8.1922 - 18.6.2017)
94 Jahre, Beamtin im Amt für Arbeitsschutz
Beerdigungsansprache
Liebe Familien Romero, Stempel, Bockelmann, Franke und Höffer,
liebe Verwandte, liebe Unterstützende vom Pflegedienst, Freunde und Weggefährten der Verstorbenen,
schön, dass Sie heute alle da sind, um Sonja Bockelmann das letzte Geleit zu geben,
dass Sie sich Zeit nehmen, um das Leben der Verstorbenen noch einmal zu würdigen und Abschied zu nehmen.

Sie hatte mit ihren fast 95 Jahren - in 14 Tage wäre sie ihr Geburtstag gewesen - ein hohes, ja schon bibliches Alter erreicht.
Sonja Bockelmann war eine bemerkenswerte Frau. Sie schätzte Menschen, die für ihre Überzeugung einstanden, die kein Blatt vor den Mund nahmen, wenn sie Unrecht entdeckten. So mochte sie Victor Jara, der sich für sein Land auf bemerkenswerte Weise gewaltfrei einsetzte, nämlich mit Musik: Er zeigte die einfachen Leute, ihr Leben und die Probleme in einer Gesellschaft mit krassem Sozialgefälle. Seine Texte handeln von der gesellschaftlichen Ungerechtigkeit oder politischen Skandalen.

Auch Sonja war ein widerständiger Mensch und hat sich für eine gerechtere Welt eingesetzt. Ob sie sich für Frauen in der Gewerkschaft, in der solidarische Kirche oder bei der Friedensbewegung engagiert hat. Sie war in ihrem späteren Leben weit aufgespannt und hatte die verschiedensten Kontakte zu Menschen, die sich politisch und gesellschaftlich engagierten.
Wer hätte gedacht, dass sie in ihrem Leben in diese Richtung wachsen würde. Mit ihrem lieber Enkel Max wurde sie, gerade im höheren Alter, wie sie selbst sagte, immer linksradikaler.
So wurde zu ihrem 90. Geburtstag die "Internationale" angestimmt.

Sonja wurde 1922 als Einzelkind geboren, hatte aber immer enge Beziehung zu den Cousinen und Tanten. Sie wuchs in einem kritischen Elternhaus auf.
Politik und Engagement hat sie ihr Leben lang begleitet. Die schrecklichen Ereignisse des Nazi-Regime haben ihre Einstellung im Leben geprägt. Die Verhaftung des Vaters, die Gewalt und der Verlust seines Gehörs hat die Familie mit geformt. Und dennoch mußte Sonja ihren Dienst beim BDM und als Flakhelferin tun.

Als junge Frau war Sonja schon an Theater und Oper interessiert, was sie sich ihr ganzes Leben erhielt. Noch bis ins hohe Alter besuchte sie Vorstellungen mit ihrer Cousine Ingrid u.a. im Ernst-Deutsch-Theater.

Auf einer Tanzveranstaltung Mitte der 40iger lernte sie den hübschen Hans Stürzer kennen und verliebt sich in den Österreicher.
Die Hütte im Poppenbüttler Schrebergarten von Sonjas Eltern wurde zu einem Haus ausgebaut. Und mit der Geburt der einzigen Tochter Christel lebten nun drei Generationen unter einem Dach. Sicherlich nicht immer eine leichte Zeit, aber man kam zurecht.
Sonja sprach von ihren Kindheitserinnerungen, das Leben im Kleingarten, als eine glückliche Zeit. Sicherlich wurde da der Grundstein für ihre Liebe zur Natur, zu Blumen und Tieren gelegt. Zur Achtung vor dem, was auf dieser Erde so kreucht und fleucht.
Dieser Liebe blieb sie ein lebenlang treu.

Die Ehe mit Hans Stürzer fand schon nach einigen Jahren ihr Ende - für die damalige Zeit eine Besonderheit: eine alleinerziehende Mutter. Aber Sonja stand in dieser Zeit zu ihrem Leben. Sie setzte sich ein, eine Arbeit zu finden und so zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen.
Die kleine Christel ging in den Kindergarten und war danach bei der Großmutter im Haus. Auch sie war eine starke Frau, die viel im Garten arbeitete und eine tolle Näherin war - aus allem konnte sie schöne Sachen nähen.

Sonja war zunächst Verwaltungsangestellte bei der Gewerkschaft.
Nachdem sie mit viel Einsatz ihre Inspektor*innenausbildung abgeschlossen hatte, war sie über diese Aufgabe sehr glücklich, denn nun konnte sie sich für Menschen am Arbeitsplatz einsetzen und speziell für Schwangere und Mütter bessere Arbeitsbedingungen schaffen.
Es war eine erfüllende Zeit.
Ihr Chef schätzte die junge Kollegin sehr, verliebte sich in sie und er wurde ihr zweiter Ehemann. Mit der Heirat von Erich Bockelmann bekam sie eine neue Familie und einen Sohn dazu: Jürgen Bockelmann.
Leider war ihr zweiter Mann gesundheitlich nicht so gut aufgestellt, so dass Sonja ihn über viele Jahre versorgt hat, zunächst neben ihrer Arbeit, die sie auf 50% runterfuhr. Mit 60 Jahren war die Doppelbelastung zu groß, dass sie ihren Beruf aufgab, um ganz für den Mann, die Kinder und vor allem dann auch für die Enkel da zu sein.
Und es gab eine Vielzahl davon, nicht nur die familiären, sondern auch die vier angenommenen Enkel.
Frau Romero-Stempel, Sie schreiben, dass Sonja ihre Enkel liebte und dass sie mit ihnen ein "Familienleben nachholen konnte, dass ihr früher versagt geblieben ist".
Sonja unternahm gern und viel mit der Enkelschar. Alle haben mit der begeisterten Schwimmerin das "Seepferdchen" gemacht.
Sie unterstützte die Familie, ihre Enkel und "Leih-Enkel" wo sie nur konnte, und unternahm mit der kleinen Maria sogar Reiterferien.

Ich habe Sonja bei Brot&Rosen als sehr interessierte Frau wahrgenommen, die sich vom Leid anderer Menschen anrühren ließ. Nicht selten stellte sie kritische Fragen zu der Asylgesetzgebung in diesem Land, die so menschenverachtend mit Geflüchteten umging, die doch alles verloren hatten und wegen politischer Verfolgung ihr Land verlassen mussten.
Die Geflüchteten im Haus B&R hatten es aus der Bedrängnis geschafft und wollten sich einfach nur ein neues geregeltes Leben aufbauen - getrennt von ihren Familien.
Und Sonja war empatisch. Sie verstand, was es bedeutete, wenn eine Familie verfolgt wird.
Familie hat ihr immer viel bedeutet - vielleicht konnte sie es nicht immer zeigen, aber es war ein Teil ihres Herzens. Nicht umsonst unterhielt sie zeitlebens Kontakte mit den Ost-Berlinern, mit Tante Hanne, mit der Familie in anderen Stadtteilen, mit Maria nach Israel und vielen anderen ...
Aber auch darüber hinaus waren Begegnungen mit Freunden und Freundinnen für die Verstorbene Zeit aus denen sie Kraft und Anregungen zog: die solidarische Kirche, die Friedensbewegung, die Zeit mit Peter Franke und Donata Höffer, ...
Mit so vielen Menschen stand sie in Kontakt. Menschen und ihre Geschichten waren der Verstorbenen wichtig.
Sie war vielseitig interessiert, ließ sich berühren und unterstützte Vereine und Einrichtungen: Greenpeace, Kinder mit Krebs, die Frau von Viktor Jaras und das Tanzprojekt der traumatisierten Frauen, Brot&Rosen, Mitglied bei VVN...
Sie war eine interessierte Leserin, viele politisch motivierte Bücher stehen in ihrem Bücherregal.
Und im Spielen traf man sich: ob beim Scrabbel, beim Skat oder beim Mensch-ärgere-Dich-nicht, was sie bis zum Schluss noch gern gespielt hatte.
Sonja hatte eine lange Geschichte mit Krankenhäusern: Immer wieder brach sie sich etwas: mal die Hand, dann wurde ein Knie ersetzt, Leistenbruch, Oberschenkelhalsbruch und weitere OP´s. Sie hat sich immer wieder aufrappelt, auch wenn sich die Möglichkeiten weiter einschränkten.

Der Rollstuhl war für sie nichts Erschreckendes, denn er bedeutete auch eine neue Freiheit und die Möglichkeit, sich in den benachbarten Schrebergarten fahren zu lassen.
Viele Menschen waren für die da und haben sie mit Besuchen aufgeheitert, ihre Freundin Almuth, die "Bockelmänner" Jürgen, Irmgard, Britta und Ulf, die die Verstorbene sehr oft zu den Oster- und Weihnachtsfesten nach Tangstedt holten.
Und auch Max, der sich rührend um seine Oma gekümmert hat, mit ihr politisch im Einklang schwang und wöchentlich Kontakt mit ihr hielt. Die Urenkel verzauberten die Verstorbene, denn nun wuchs eine neue Generation heran.

Die Tagespflege hatte Sonja als Gewinn erlebt, ein Lebenselexier. Auf die Mitarbeiterin des Pflegedienstes hat sie sich gefreut. Es war eine Abwechslung im Alltag.
Marianne, eine Pflegerin, erzählte, dass sie viel und gern miteinander gelacht haben. So Mitte Mai wurde sie allerings immer weniger und so manches Mal hat sie gesagt, dass sie nicht mehr mag. Sie konnte einfach auch nicht mehr, ihre Lebenskraft war aufgebraucht. Sie wurde immer dünner, und wollte zum Schluss auch nicht mehr in die Tagespflege, auf die sie sich sonst so gefreut hatte. "Heute möchte ich liegen bleiben! Morgen stehe ich wieder auf!" war ein Satz, der in der letzten Zeit immer öfter zu hören war.

Jetzt hat sie sich hingelegt und wird nicht wieder aufstehen. Sie hat ihre Ruhe gefunden.

Wir nehmen Abschied von einer beeindruckenden Frau,
die die Insel Amrum zu genießen verstand,
die bescheiden und genügsam ihren Weg gegangen ist, ohne die großen Sprünge zu vermissen,
die extrovertiert und gesellig war,
die eine starke Persönlichkeit für die Menschen war, die sie geliebt haben.
Nun lassen wir sie gehen.

Und Sie gehen miteinander Ihren Lebensweg weiter. Bis wir alle eines Tages diese Welt verlassen und dorthin gehen, wohin Sonja Bockelmann uns nun vorausgegangen ist.
Amen.

Urte Böckmann
(26.12.1935 - 4.11.2023) 87 Jahre, Augenoptikermeisterin
Dorit Brendel
(25.03.1947 - 10.08.2017) 70 Jahre, Physiotherapeutin
Brigitte Breuch
(05.04.1944 - 24.08.2009) 65 Jahre, Steuerberaterin
Hanna Buchholz
(31.12.1935 - 12.5.2019) 83 Jahre, Kindergärtnerin
Gisela Burmeister
(20.12.1937 - 22.11.2020)
82 Jahre, Schulsekretärin
Hannelore Claassen
(1.8.1926 - 12.4.2022)
95 Jahre, selbstständige Kauffrau
Ingeborg Clair-Schultheis
(24.4.1935 - 24.3.2017) 81 Jahre, Kauffrau
Urte Clasing
(2.2.1934 Rostock - 12.7.2017 Hamburg)
83 Jahre, Schauspielerin und Professorin für künstlerische Sprecherziehung
Urte Clasing wurde an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst Hamburg zur Schauspielerin ausgebildet und spielte an verschiedenen deutschen Theatern. Als alleinerziehende Mutter begann sie früh, sich weiterzubilden und dann Sprecherziehung zu unterrichten. So führte ihre Lehrtätigkeit sie an ihre Ausbildungsstätte zurück, wo sie mit großem Einsatz und Erfolg lange Zeit unterrichtete.
Urte Clasing war eine hingebungsvolle Lehrerin mit kritisch-wachem Geist und sozialem Engagement. Ganz gleich in welchem Studiengang sie unterrichtete (Schauspiel, Gesang/Lied/Oper oder Schulmusik): ihr Schwerpunkt lag immer auf den Belangen und Bedürfnissen der zu unterrichtenden
künstlerischen Persönlichkeit. Sie selbst hielt ihr Fach für das "unterrichtbarste" in der künstlerischen Ausbildung, weil es - unabhängig von der jeweilig individuellen Begabung - die handwerkliche Basis für transparentes, vielseitiges und unmittelbares persönliches Ausdrucksvermögen vermittelt. Ihr grundsätzliches Interesse an den Künstlerpersönlichkeiten der Studierenden erstreckte sich häufig noch weit über deren Studienzeit hinaus. So wurde sie auch zur Initiatorin und zum Vorbild für nachfolgende Lehrkräfte der künstlerischen Sprecherziehung. Am Ende ihrer Professur und dann weiterhin im Lehrauftrag wandte sie sich mit kritisch-forschendem Geist besonders der Verslehre zu, die sie im Studiengang Schauspielregie überraschend praxisnah vermittelte.
Durch ihre eigenen Erfahrungen von Krieg, Flucht und Nachkriegszeit war Urte Clasing politisch interessiert, aufmerksam und hochschulintern aktiv. Außer in umfassender Gremienarbeit setzte sie sich vehement ein gegen das Vergessen und für die Aufarbeitung der jüdisch-deutschen Vergangenheit in der Hochschule. Ihr ist es vorrangig zu verdanken, dass auch öffentlich der Geschichte des Hochschulgebäudes und seiner Umbenennung in "Budge-Palais" gedacht wird. Darüberhinaus sorgte sie immer wieder für künstlerische, bewegende Gedenkveranstaltungen an der Hochschule.

Als Schauspielerin und Sprecherin engagierte sie sich außerdem voller Enthusiasmus persönlich und in der Arbeit mit Studierenden in künstlerisch-politischen Projekten. So gab es Veranstaltungen für "amnesty international", gegen Krieg, gegen die Todesstrafe, für Menschenrechte, Demokratie und Solidarität. Stolz war sie auf die von ihr entwickelten kabarettistischen Abende, die sich mit Tschernobyl und Zivilschutz oder mit der hamburgischen Hochschul- und Kulturpolitik auseinandersetzten.

Urte Clasing war eine warmherzige, unglaublich aktive, kritische und starke Frau. Es schmerzt, dass sie uns nach kurzer, schwerer Krankheit so schnell verlassen hat. Sie wird vielen in eindrücklicher Erinnerung bleiben.
Iris Conradi
(9.3.1938 Herne - 9.12.2022 Hamburg) 84 Jahre, Industriekauffrau
Iris wurde am 09. März 1938 als zweites Kind eines Redakteurs und einer Hausfrau und Mutter in Herne/Westfalen geboren. Ein Jahr darauf begann der 2. Weltkrieg. Aufgrund der schweren Bombardierungen im Ruhrgebiet zog ihre Mutter gemeinsam mit den beiden Kindern 1942 nach Scherfede, wohin ihr Vater nach Beendigung des Krieges 1945 folgte. Es waren schwierige Jahre in sehr beengten Wohnverhältnissen, die zugleich als Zeit der Freiheit erlebt wurden, die sie und ihr Bruder überwiegend draußen und ohne elterliche Aufsicht zubrachten. Aufgrund einer beruflichen Veränderung ihres Vaters zog die Familie 1948 nach Warburg. Iris liebte diese Zeit. Die Familie bewohnte eine großzügige Wohnung, und Iris besuchte ein von katholischen Nonnen geleitetes Mädchengymnasium, wo sie ihrer Liebe zu
Fremdsprachen nachgehen konnte. Ein erneuter Umzug zwang sie, sich in dem neuen Wohnort Osnabrück auf deutlich andere Gegebenheiten einzustellen. Schwerpunkt in der Schule waren wissenschaftliche Fächer, die Sprachen waren untergeordnet. Die Verständigung mit den Mitschülerinnen verlief problematisch. Nach ihrem Abitur 1958 nahm sie nach hartem Kampf mit ihren Eltern das Universitätsstudium in Münster auf, und belegte ein Semester Publizistik, Anglistik und Romanistik. Es war ihr großer Wunsch, Sprachen zu studieren, jedoch gestatteten ihre Eltern keine eigene Unterkunft. Das Pendeln ließ sich nicht lange durchhalten, und sie brach das Studium ab. Sie fand einen anderen Weg, ihrer Liebe zu Fremdsprachen nachgehen zu können: Sie ging nach London und betreute als Au-Pair eine siebenköpfige Familie. Die Zeit dort war prägend. Endlich kam die Welt aus ihrem Versteck und hieß die junge und kulturell interessierte Frau willkommen. Nach ihrer Rückkehr nach Osnabrück nahm sie Kontakt zu einem ehemaligen Studienkommilitonen auf, der in Hamburg lebte und sie einlud, ihn zu besuchen. Iris folgte der Einladung. Daraus erwuchsen zwei spätere Lieben: Die Liebe zu ihrem künftigen Mann, und die Liebe zu ihrer künftigen Heimat. 1960 zog sie nach Hamburg und fand sofort Arbeit als Fremdsprachenkorrespondentin. 1962 folgte die Heirat, sie wurde Mutter zweier Kinder. Sie lebte im Herzen Hamburgs, an der Seite eines erfolgreichen und aufstrebenden Redakteurs. Sie war angekommen. Die Mitteilung ihres Mannes, dass er sie verlassen werde, war die größte Zäsur in ihrem Leben. 1971 zog er aus, 1974 erfolgte die Scheidung, das elterliche Sorgerecht für beide Kinder wurde ihr zugesprochen. Alles stand auf Anfang, und Iris ging ihren Weg. Sie arbeitete als Sekretärin, leistete Übersetzungsaufgaben, tippte bis in die Nacht Doktorarbeiten als Zuverdienst und begann, sich ein soziales Netzwerk und einen Freundeskreis aufzubauen. Im Januar 1982 schloss sie ihre Ausbildung als Industriekauffrau ab, und im Juli 1982 nahm sie ihre Arbeit im Rechtsreferat der Behörde für Wissenschaft und Forschung auf. Dort war sie für die Anerkennung ausländischer akademischer Grade zuständig und blieb dieser Aufgabe bis zum Eintritt in den Ruhestand 1998 treu. Sie hatte ihre berufliche Heimat gefunden. Zwischenzeitlich war sie von Eppendorf nach Winterhude gezogen, wo sie bis zu ihrem Tod geblieben ist. Sie liebte Kultur. Theater, Kino, Konzerte, Literatur Und sie liebte den Austausch mit Menschen. Sie war fast von Beginn an aktives Mitglied im Garten der Frauen, und war über viele Jahre in der Paul-Gerhardt-Gemeinde in Winterhude aktiv. Als Mitglied der Theatergruppe, als Organisatorin der Veranstaltungsreihe ‚Kultur bei Kerzenschein', als Besucherin des Literaturkreises, und als Besucherin der Gottesdienste. Gerade in den späteren Jahren, als ihr Radius kleiner wurde, war das Wohnen im Herzen Hamburgs für Iris ein Geschenk. Sie blieb in Reichweite des Lebens, das sie so liebte. Sie führte ein offenes Haus, und gab fast bis zu ihrem Tod noch Englischunterricht. Sie besaß Grandezza. Und hat unser Leben reicher gemacht. In ihrer Vorausverfügung schrieb sie: ‚Ich glaube nicht an ein Leben nach dem Tod, jedoch an ein Lebendigsein in der Erinnerung derjenigen, die mich kannten'. Liebe Iris, wir halten diese Erinnerung wach und bewahren dich in unseren Herzen.
Hilde David
Quelle: Videoaufnahme des mpz (Medienpädagogik-Zentrum Hamburg e.V.)
2.5.1926 - 30.3.2020)
93 Jahre, Verwaltungsangestellte, Frauen und Arbeit - Gewerkschafterin, Chronistin
"Was für eine aufrechte und in ihrer Liebenswürdigkeit kämpferische Frau!"
schrieb der Gründungsdirektor des Museums der Arbeit 2020 an mich, die Tochter.
Meine Mutter wuchs überwiegend mit alleinstehenden, selbstbewussten Frauen auf, die Freude an Kultur vermittelten. Die jungen Eltern waren geprägt von der Arbeiterbewegung der Weimarer Republik. "Hitler bedeutet Krieg" sagte ihre Großmutter, als die Nazis 1933 an die Macht kamen. Im selben Jahr kam Hilde zur Schule. Es war wichtig für sie, dass einige Lehrkräfte versuchten, die Reformpädagogik "vom Kinde aus" weiterzuführen. Der Rekrutierung in die NS-Organisationen konnte sie sich partiell
entziehen. Hilde über ihre Familie im Faschismus: "Wir waren nicht im Widerstand - aber wir haben widerstanden."
1945 begann Hilde eine Ausbildung zur Krankenschwester und trat gleich nach Kriegsende in die Gewerkschaft ein. In diesem Bund freier Schwestern, der in die ÖTV überging (später ver.di) erhielt sie 1947 einen Arbeitsplatz. Gewerkschaft und das schwedische Komitee für demokratische Aufbauarbeit ermöglichten ihr 1948/49 einen halbjährigen Aufenthalt in Schweden.
In der Gewerkschaft lernte Hilde ihre große Liebe kennen, ging eine dauerhafte Partnerschaft ein, blieb aber unverheiratet. 1955 wurde ich als Wunschkind geboren.
In der ÖTV arbeitete sie in den Abteilungen Gesundheit, Frauen, Jugend. Viel Neues, gerade nach der Nazi-Zeit, konnte sie in der Gewerkschaft lernen und einbringen: Die Arbeit für und mit Frauen, gewerkschaftliche Bildungsarbeit, überhaupt das Führen von Auseinandersetzungen. Zeitweilig unterfordert, aber immer ansprechbar für die KollegInnen, arbeitete sie bis zu Ihrer Rente bei der ÖTV.
Als ich größer wurde, engagierte sie sich auch nach Feierabend gewerkschaftlich, als ich erwachsen war, taten wir es gemeinsam. So unterstützten wir z.B. den Britischen Bergarbeiterstreik 1984/85 und die Women Support Groups - von deren Dank noch eine Grubenlampe zeugt. Und jedes Jahr am 1. Mai war sie mit dabei. Noch 90-jährig hob sie bei einer ver.di Veranstaltung hervor, was ihr das Wichtigste war: Die Solidarität.
Genau hinsehen, sich erinnern, durchdenken und in Worte fassen, das konnte sie gut - eine Zeitzeugin mit Haltung.
Ab Mitte der 1980er Jahre wirkte Hilde viele Jahre in der Geschichtswerkstatt Barmbek und im Museum der Arbeit mit seinem Freundeskreis. Einige Projekte prägte sie wesentlich mit:
  • "Große Wäsche" Vorführungen über die Mühen eines Waschtages ohne Waschmaschine
  • "... nicht nur Galionsfigur" Das Lesebuch zum Wandbild über Frauenarbeit im Hamburger Hafen
  • "Fräulein Mutter" Ein Album über unverheiratete Mütter am Beispiel unserer Familie
  • "Als unser Kindsein zerbrach ..." Den Text zu Kriegsbeginn und -ende verfasste sie 1999, 60 Jahre nach Kriegsbeginn, im Jahr des deutschen Krieges gegen Jugoslawien - und trug ihn am Antikriegstag im Museum vor.
"Hellwach, zugewandt und ja durchaus klassenbewusst. [...] Hilde war eine große Vermittlerin und Erzählerin, eine kritische Wegbegleiterin." schrieb der Freundeskreis.
Hilde hatte ein sehr gutes Gedächtnis und eine einfühlsame Sicht auf Menschen und ihre Verhältnisse - und mit dem, was sie im Museum gelernt und praktiziert hatte, verband sie es zu einem umfangreichen Buch:
Erinnerungen an Kindheit und Jugend in Hamburg 1929 - 1949
Siehe auch: Datenbank Hamburger Frauenbiografien; Museum der Arbeit, Freundeskreis
Dörte David

Quelle: privat
Felicitas Gertrud Daxer, geb. Schikora
(7.3.1928 - 18.9.2023)
95 Jahre, Bürokauffrau, Arztsekretärin, Mutter, Großmutter und Urgroßmutter.
Felicitas war einziges Kind von Roman und Ella Schikora und stammte aus wirtschaftlich einfachen Verhältnissen. Aufgewachsen in einem sehr musikalischen Haushalt brachte ihr der geliebte Vater, ein Arbeiter und Anstreicher aus Schlesien, früh das Spielen von Zither und Bandoneon bei. Die Freude an der Musik hat sie ein Leben lang begleitet und wurde an ihre beiden Söhne weitergegeben. Als Kind und Heranwachsende lebte sie in ständiger Angst um ihren von den Nationalsozialisten politisch verfolgten Vater. Nach Volksschulabschluss und dem damals obligatorischen Pflichtjahr, das sie in einem Gärtnereibetrieb in den Vier- und
Marschlanden absolvierte, schloss sie eine Ausbildung zur Bürokauffrau in einer Hamburger Seehafenspedition ab.
Die Eheschließung erfolgte am 29.05.1948 mit dem Vulkaniseur Werner Daxer. Aus dieser Ehe gingen zwei Söhne, Michael 1950 und Thomas 1954, hervor, die liebevoll aufwuchsen, nachdem Felicitas ihren Beruf aufgegeben und von da an als Hausfrau die Hauptaufgaben der Kindererziehung übernommen hatte. Beide Eheleute legten großen Wert auf eine gute Ausbildung der Kinder, weckten früh deren Interesse an Kunst und Kultur und ermöglichten ihnen das Hochschulstudium.
Schließlich kehrte sie ins Berufsleben zurück und war bis zum Eintritt ins Rentenalter als Arztsekretärin tätig.
Trotz früher Verwitwung blieb sie sehr aktiv: U. a. unternahm sie Reisen nach Amerika, Asien, Australien und in den Nahen Osten. Daneben widmete sie ihren Enkeln und Urenkeln viel Zeit und Liebe. Ihren ältesten Sohn unterstütze sie bei der Pflege seiner Ehefrau, die an einer frühen Form der Demenz erkrankt war.
Mit über 80 Jahren ging Felicitas zweimal wöchentlich zum Schwimmen, besuchte Volkshochschulkurse und lernte noch im Alter von 95 Jahren auf Grundlage eines Sprachkalenders englische und französische Vokabeln. Bis zuletzt war sie am allgemeinen Weltgeschehen sowie Kunst und Kultur, insbesondere der Musik, interessiert.
Sie verstarb als warmherzige, vielgeliebte Mutter, Großmutter und Urgroßmutter. Wir alle werden sie in unseren Herzen bewahren.
Gerda-Ruth von Dechend, verw. Steinfath
(8.9.1925-13.9.2020) 95 Jahre, medizinisch technische Assistentin, Puppenmacherin
Bis zum Tode ihres Mannes betrieb sie ein Puppenmachergeschäft in Hamburg Hummelbüttel.
Waltraud Dietz
(25.8.1935 Hamburg - 16.6.2018 Hamburg) 83 Jahre, Verlagsangestellte
Ursula Dobratz
Quelle: Privat
(9.7.1933 - 29.11.2021)
88 Jahre, Mutter, Fotographin, Kauffrau und so vieles mehr. ..
Alles aus ganzem Herzen!
Anja Drenkhahn
(19.06.1966 - 13.08.2014)
48 Jahre, Abteilungsleiterin im Bereich Kundenservice und Betrieb bei den Generali Versicherungen
Geboren auf Finkenwerder, fühlte sich Anja ihr ganzes Leben lang der Hansestadt eng verbunden und hat sie immer als Lebensmittelpunkt behalten. In ihrem Berufsleben als Versicherungskauffrau hat sie als erfolgreiche Abteilungsleiterin einen anderen Ton in die oft harte Ellenbogenmentalität der Arbeitswelt gebracht. Sie war für ihre Mitarbeiter da, offen, rücksichtsvoll und ehrlich. Mit der ihr eigenen Wärme und Lebensfreude hat sie die Menschen rückhaltlos angenommen.
Ihr Leben war geprägt von außerordentlich viel Freude und Spaß, ohne je Freundschaften und Lebenspartnerschaften zu vernachlässigen. Es trieb sie immer wieder in ferne Länder, in denen sie sich vollkommen vorurteilslos mit fremden Kulturen befasste.
Daneben war der Fußball ihre große Leidenschaft, ihr Herz gehörte dem HSV. Bis zuletzt hat sie das Fußballgeschehen mitverfolgt, im Freundeskreis zu Hause bei der WM 2014 mitgefiebert und den Sieg der Nationalelf - den 4. Stern - gefeiert.
Anja Drenkhahn war eine Sonne. Sie hat Licht, Wärme, Freude und Lachen in das Leben derer gebracht, die mit ihr zu tun hatten: Sie war mitreißend fröhlich, humorvoll bis zum Schluss und lebte das Leben mit einer Intensität und Leidenschaft, die selten geworden ist. Für sie war das Leben ein Fest, das bis zum Schluss genossen werden soll. Anja hat im Hier und Jetzt gelebt, hat mit vollen Händen gegeben und wenig für sich selbst verlangt. Sie hat die Menschen geliebt und vorbehaltlos akzeptiert.
Denen, die Anja lieben, wird sie unendlich fehlen, denn ein Mensch wie Anja ist selten in unserer Zeit: Warm, lebensfroh, herzensstark und voller Sonne. Anja hat das Leben als einzigartiges Ereignis betrachtet, hat den Zauber des Lebens mit ihrem Lachen deutlich gemacht.
Vieles von dem, was Anja für ihre Freunde ausgemacht hat, wird bleiben.
Sie hat in ihrem kurzen Leben viele Spuren hinterlassen. Spuren überschäumender Freude und Spuren umfassender Wärme.
Anja, Dein einzigartiges Lachen wird immer zu hören sein.
Gisela Ehlers
(4.4.1924 - 20.7.2018) 94 Jahre, Buchhalterin
Christiane Ehmer-Schaarschmidt
Bild aus: https://www.hauptkirche-stnikolai.de/assets/Gemeindebrief_Online.neu_.pdf
(28.02.1933 - 14.01.2016)
82 Jahre, Musikerin
Die Geigerin Christiane Ehmer-Schaarschmidt war Mitglied der "Hamburger Camerata" und an der Gründung dieses Kammerorchesters beteilgt gewesen. Von 1982 bis 2002 war sie außerdem Mitglied des Kirchenvorstandes der St. Nikolai Kirche am Klosterstern gewesen. Dort engagierte sie sich im Personalausschuss, Kindergartenausschuss, Musikausschuss, Gottesdienstausschuss und Austellungsausschuss. Nach dem Reaktorunglück von Tschernobyl sorgte sie mit anderen engagierten Eltern dafür, dass Kinder aus Tschernobyl für einige Zeit in Hamburg Erholung finden konnten.
Quelle: Michael Watzlawik: Zum Tode von Christinae Ehmer-Schaarschmidt, in: Gemeindebrief St. Nikolai, März-Juli 2016, S. 32
Helga Ellerhusen
(14.6.1940 - 2.11.2021) 81 Jahre, Krankengymnastin
Edith Engel
(17.06.1920 - 27.09.2010) 90 Jahre, Apothekenhelferin
Christa Erfurth
(15.4.1938 - 10.9.2022) 84 Jahre, Buchhalterin
Ingrid Erichsen
(12.9.1936 - 2.3.2023) 86 Jahre, Produktionssekretärin
Elisabeth Exner
(8.8.1919 - 6.1.2022) 102 Jahre, Bankerin
Marga Fasel
(13.12.1939 - 22.6.2019) 79 Jahre, Angestellte
Nedeljka Latinovic Fenudi
(4.2.1945 - 22.12.2021) 76 Jahre
Emma Fürst
(2.12.1922 - 5.7.2016) 93 Jahre, Personalleiterin und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der deutschen Mobil Cil A. G.
Ruth Fischer
(31.03.1924 -07.09.2007) 83 Jahre, Verwaltungsangestellte
Elke Fontaine
(3.5.1955 - 24.7.2017)
62 Jahre, Referentin für Prävention
1955 geboren, in Saarlouis aufgewachsen. Studium der Mathematik in Kaiserslautern, dann Umzug nach Hamburg. Mehr als zwei Jahrzehnte lang hat sich Elke Fontaine als Referentin für Prävention mit besonderem Engagement für die Gewaltprävention bei Kindern und Jugendlichen sowie Bewegungsförderung zur Unfallvermeidung bei Kindern eingesetzt. Als ausgebildete Mediatorin förderte sie die konstruktive Konflitkaustragung und gewaltfreie Kommunikation bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Die Streitschlichtung an Hamburger Schulen, wie auch die interkulturelle Begegnung sind nachhaltig von ihr gefördert und weiterentwickelt worden.
Elke Fontaine interessierte sich stark für Kunst und für Musik, besuchte unzählige Konzerte, Opern, Ausstellungen und betätigte sich selbst künstlerisch. In der Kunstakademie in Trier und in einem Atelier in Hamburg-Altona erarbeitete sie viele Kunstwerke und eigene Ausstellungen mit Installationen und Fotografien. Zudem verfasste sie Texte und Fotobücher.
Elke Fontaine war ehrenamtlich im Hospiz tätig und unterstützte viele gemeinnützige Projekte und Einrichtungen. Zu ihren großen Stärken zählten Hilfsbereitschaft, Zugewandtheit, Empathie, Kreativität und Organisationstalent. Als sie erkrankte, konnte sie diese Stärken für sich nutzen. Sie beschäftigte sich sehr bewusst mit ihrem Leben und ihrem Sterben und konnte bis zuletzt selbstbestimmt jeden Tag für sich entscheiden. Sie hatte ein außergewöhnlich starkes Netzwerk an langjährigen Freundschaften und dadurch mehrere Freundinnen, die sie bie zuletzt begleiteten. Mit ihrem Leben versöhnt, verstarb Elke Fontaine am 24.07.2017. Sie hinterlässt ihre Mutter und viele gute Freundinnen und Freunde, die zu "ihrer Familie" gehörten.

Die weißen Gärten, von Elke Fontaine

Nach einer langen Reise durch die Täler der Nacht erreichten sie die weißen Gärten.

Die engen, von scharfkantigen Felsen begrenzten Schluchten öffneten sich. Das Gestein zeigte kristalline Strukturen, wurde allmählich filigran und erinnerte zuletzt an feine Spitzen, die ab und zu funkelten, von feinen Lichtstrahlen berührt.

Dann durchschritten sie einen großen Bogen aus kristallklarer Spitze und betraten eine sanft gewellte Gartenlandschaft von nie geahnter Schönheit.

Eine magische Stille lag über diesem Land, eine Stille voll von zarten Schwingungen - wie Musik und Gesänge - für das menschliche Ohr nich hörbar und doch in ihrer Präsenz alles bestimmend.

Sie wandelten durch einen Traum von weißen Blüten, umspielt von einer unglaublichen Vielfalt von sanften Grüntönen. Ein Künstler musste diesen weißen Garten liebevoll angelegt haben. Ein Ort von Ruhe und tiefem Frieden und einer nie gekannten großen Geborgenheit. Dieser Garten stellte keinerlei Anforderungen. Er war einfach da, war schon immer

Nach dem ersten Staunen, Betrachten, sich Wundern ging die lebendige Stille dieser wießen Welt auf sie über. Eine große Klarheit und Selbstverständlichkeit spürten sie. Der Blick auf die andere zeigt, das auch sie dies spürten. Sprechen, handeln, fragen war nicht mehr nötig.

Da-Sein, Sein-Lassen genügte.

Sie wussten, dass das die Gärten des Todes waren.

In den Erzählungen der Alten tauchten sie immer wieder auf, je nach Generation mit anderen Bildern beschrieben. Die weißen Blumen, die ganz andere Stille und die große Geborgenheit gab es in allen Erzählungen.

Viele wundervolle Landschaften und Gärten hatten sie gesehen, oft darüber gesprochen, ob dies der große geheimnisvolle Garten war und ob es ihn wirklich gab.

Ein großer Trost erfüllte sie.

Unmerklich hatte sich das Licht verändert. Die Klarheit wich einer silbrigen Dämmerung und ging in eine blaue Nacht über. Die Sternenpracht, die sich ganz allmählich entfaltete, verzauberte sie.

In einer unendlichen Kuppen blühte ein Garten von Licht auf.
Britta von Freier
(22.7.1939 - 21.5.2023) 83 Jahre, leitende Hausdame
Adele Gablenz
(20.1.1929 - 4.8.2021) 92 Jahre, Hausfrau
Dr. Gisela Gerdes
(21.4.1930 - 8.8.2021) 91 Jahre, Journalistin, Oberschulrätin
Gertrude Gerlach
(21.9.1919 - 9.10.2018) 99 Jahre, Verlagsangestellte
Johanna Giese
(24.06.1928-20.09.2022) 94 Jahre, Internationale Krankenschwester
Elisabeth Glinzer
(25.7.1913 - 19.3.2015)
101 Jahre, Gewerbeschullehrerin
Elisabeth Glinzer (25.7.1913 - 19.3.2015) besuchte von 1920 bis 1930 das Realgymnasium der Klosterschule und danach die einjährige Frauenschule der Oberrealschule des Paulsenstifts, das von ihrer Tante Hanna Glinzer geleitet wurde. 1933 verließ sie die höhere Fachschule für Frauenberufe mit dem Reifezeugnis. Nach einem Aufenthalt in einer englischen Familie (1933-34) machte sie einen einjährigen Lehrgang zur Ausbildung von Haushaltspflegerinnen und bestand 1937 am Kinderkrankenhaus Rothenburgsort die staatliche Prüfung als Säuglings- und Kleinkinderpflegerin. Nach einjähriger Arbeit in einem Kinderheim in Volksdorf studierte sie von 1938 bis 1941 an der Hochschule für
Lehrerbildung in Hamburg und bestand die Staatliche Prüfung für Gewerbelehrer für die Fachrichtung Hauswirtschaft. Von 1941 bis 1946 arbeitete sie als Gewerbelehrerin an der Wilhelm Raabe-Schule in Lüneburg und wurde 1942 unter Berufung in das Beamtenverhältnis zur Oberschullehrerin ernannt. Nach der Rückkehr nach Hamburg (1947) war sie ein Jahr an der Haushaltungsschule in Hamburg-Bergedorf und ab dem 1.1.1948 Dozentin am Pädagogischen Institut der Universität Hamburg. 1949 wurde sie Beamtin auf Lebenszeit, und ab 1951 arbeitete sie in Harburg als Lehrerin an der Gewerbe- und Hauswirtschaftsschule; 1959 wurde sie stellvertretende Direktorin. In den Ruhestand ging sie 1975 im Alter von 62 Jahren.
In der Familie war sie immer zur Stelle, wenn ihre Hilfe benötigt wurde, so während der Bombennächte in Hamburg. Später sorgte sie für ihre Eltern (gestorben 1963 und 1968 in der Wohnung in der Lübecker Str.) und ihre Schwester Gertrud. Von 1957 bis 1959 konnte die fünfköpfige Familie ihres Bruders Arnold in der Lübecker Str. wohnen, bis diese ab Januar 1960 ein neues Haus in Hildesheim bezog. Von 1968 bis 1970 nahm sie Arnolds Tochter Helga bei sich auf, damit diese in Hamburg ihren Realschulabschluß machen konnte. Zwischen 1975 und 1982 machte sie Reisen mit ihrer Schwester Gertrud. Nach dem Tod der letzten Tochter ihres Großonkels Wilhelm Hartner (Bruder von Elisabeths Großmutter Marie Glinzer geb. Hartner) kümmerte Elisabeth Glinzer sich um die Auflösung des Haushalts und die Testmentsvollstreckung.
Zwischen 1980 und 1995 beschäftigte Elisabeth sich intensiv mit christlicher und jüdischer Religion. Sie besuchte das Theologische Institut (Marianne Timm), die Evangelische Akademie (Stephan Reimers), die Senioren-Akademie (Ferdinand Ahuis) und machte zwei Israel-Reisen.
1989 löste Elisabeth ihren Haushalt in der Lübecker Str. auf und zog in die Seniorenresidenz in Neugraben, in der sie sich schon in den 1970er Jahren einen Platz gesichert hatte. Sie wollte im Alter niemandem zur Last fallen und gab fast alle Familienerbstücke zu Lebzeiten an die Familien der Kinder ihrer Geschwister Arnold und Marie weiter. Gleichzeitig war sie der Mittelpunkt der Familie, wo ihre Neffen, Nichten und deren Kinder sich und sie regelmäßig trafen - wenn sie in Hamburg waren, zu Geburtstagen, oder anläßlich der der Umsetzung der Glinzer-Familiengrabsteine in den "Garten der Frauen" (2004: Hanna Glinzer und Julie Hansen; 2009: Marie Glinzer geb. Hartner). Nach ihrem Tod fand sie dort ebenfalls ihre letzte Ruhestätte.
Hildegard Glombig
(10.9.1922 - 15.3.2015) 92 Jahre, Krankenschwester
Ariane Gottberg
(2.12.1953 - 8.11.2023) 69 Jahre, Journalistin
Anneliese Grasfeder
(07.08.1925 - 10.03.2012) 86 Jahre, Schulleiterin der Grundschule an der Buddestraße

Photo: privat
Helga Ursula Gross
(17.2.1934 Hildesheim - 1.7.2021 Hamburg)
87 Jahre, Diplom-Psychologin, Psychol. Psychotherapeutin, Psychoanalytikerin
Helga Ursula Gross wurde als Tochter von Alma Gross, geb. Tillmanns und Dr. med. Hanns Gross in Hildesheim geboren. Ihr Bruder kam ein Jahr später auf die Welt und wurde später Facharzt für Labormedizin.
Helga Gross machte 1954 ihr Abitur, und obwohl sie in der Schule die Fächer Sprachen, Kunst, Sport, Literatur und Musik gemocht hatte, musste sie auf "Wunsch" ihres Vaters eine 4-semestrige Ausbildung zur med. techn. Assistentin an der Reichenbachschule in Göttingen absolvieren. Nach Abschluss der Ausbildung war Helga Gross von 1956 bis 1957 im Institut des Vaters als med. techn. Assistentin tätig.
1957 begann sie mit dem Studium der Psychologie an der Universität Freiburg/Brg.
Diese Studienjahre empfand Helga Gross als sehr interessant. Sie belegte einen Vorlesungszyklus bei Heidegger, lernte die Psychoanalyse kennen, sang im Bach-Chor mit Theodor Egel, fuhr Ski, wanderte im Schwarz-wald sowie in der Schweiz und unternahm ASTA-Studienreisen nach Italien, Spanien und Frankreich. 1962 schloss sie ihr Studium mit dem Hauptdiplom in Psychologie ab. Ihre Arbeit hatte sie in einer psychosomatischen Klinik mit psychosomatisch Kranken, die sie dem sogenannten Rorschachtest unterzog, gemacht.
Am 1. August 1962 begann Helga Gross' Berufstätigkeit als klinische Psychologin in der Psychiatrischen und Nervenklinik in Hamburg (Prof. Bürger-Prinz) an der Abteilung für Kin-der- und Jugendpsychiatrie. Dort arbeitete sie neun Jahre mit Prof. Dr. Thea Schönfelder zusammen, die als Professorin diese Abteilung leitete. Für Helga Gross war diese Zeit äusserst interessant, vielseitig und auch aufregend.
1971 wechselte sie in die psychosomatische Abteilung des Kinderkrankenhauses Rothenburgsort als klinische Psychologin. Vier Jahre später, 1975, begann sie ihre Tätigkeit als wissenschaftliche Angestellte am Institut für Psychoanalyse in Hamburg. Sie hatte einen weitgefächerten Aufgabenbereich: z. B. Seminartätigkeit sowie Gutachterinnentätigkeiten in Sorgerechtsfragen. Gleichzeitig startete sie mit der Lehranalyse zur Weiterbildung als Psychoanalytikerin.
1982 absolvierte sie ihr Colloqium zur Psycho-analytikerin. Im selben Jahr machte sie sich mit einer eigenen Praxis selbstständig, die sie zunächst mit vier Analytiker-Kollegen betrieb. 1990 wurde die Gruppen-Praxis aufgelöst und Helga Gross führte seitdem ihre Praxis in ihrer Wohnung. Das empfand sie als sehr praktisch und bequem und dies gab ihr sogar die Möglichkeit, sich wieder einen Hund anzulegen, der die Balance zwischen dem einfachen Leben und den oft komplizierten Prozessen in der therapeutischen und analytischen Arbeit garantierte.
In ihrem Lebenslauf schrieb Helga Gross auch: "Immer schon reise ich gerne. Nicht nur in die verschiedenen menschlichen Innenwelten, sondern auch in der äußeren Welt. Faszinierend war Mexiko mit Yukatan, Nepal, Indonesien, Bali, Indien, der Orient überhaupt, die Türkei mit Ost-Anatolien, aber auch die USA, vor allem New York, Canada, aber natürlich auch Europa mit seinen Kultur-schätzen und last but not least unsere herrliche Nord- und Ostsee!
Zur Vollständigkeit: Ich bin nicht verheiratet, habe keine Kinder, lebe allein. Ich habe eine enge Bindung zu meiner Nichte Katrin Groß und ihrer Tochter Emilia Alma und sehr lieb und wichtig sind mir meine Freundinnen und Freunde. Besonders schön ist, dass es sich fügt, dass ich mich mit Weggefährtinnen, die ich aus meiner Klinik- und Institutszeit kenne und sehr verbunden fühle, wie Thea Schönfelder, Ingrid Angermann und Hanna Eßlinger im Garten der Frauen treffen werde!"
Elli Grunewald
(01.01.1938 - 16.06.2015 ) 77 Jahre, Krankenschwester/Pflegedienstleitung
Gudrun Helene Güdel
Photo: privat
(12.8.1935 Halle/Sachsen-Anhalt - 28.08.2020)
85 Jahre, Physiotherapeutin
Geboren am 12.8.1935 in Halle, Sachsen-Anhalt, wächst Gudrun mit ihrer ein Jahr jüngeren Schwester auf dem Gut ihrer Eltern auf. Trotz des Krieges, eine relativ glückliche Kindheit auf dem Land. Kurz nach Kriegsende, 1945, mit zehn Jahren, erlebt sie, wie ihre Familie im Zuge der sogenannten Bodenreform in der sowjetischen Besatzungszone innerhalb von zwei Stunden enteignet wird. Ein Schock, an dem ihr Vater letztlich mit nur 42 Jahren stirbt und der auch ihr Leben prägt. Weil sie sich weigerte, der FDJ oder einer ähnlichen Organisation beizutreten, musste sie die Schule nach der 10. Klasse verlassen, obwohl sie eine sehr gute Schülerin war mit einem Stipendium in der Tasche. In der Hoffnung, eines Tages doch noch
das Gut zurück zu bekommen, schickt ihre Mutter sie nach Westberlin ins Lettehaus, um Hauswirtschaft zu erlernen. Danach absolviert Gudrun eine Gärtnerlehre, weil politisch unverfänglich, und lernt ihren späteren Ehemann, einen angehenden Landschaftsarchitekten, kennen. Mit 19 beschließt sie als erste ihrer Familie, die DDR zu verlassen. Mit einem Interzonenpass besucht sie Bekannte in Düsseldorf und kehrt nicht wieder zurück. Mutter und Schwester folgen ihr. Ein Jahr später, in Hamburg, heiratet sie und bringt zwei Töchter zur Welt. Die Ehe zerbricht. Sie lässt sich 1961 schuldlos scheiden, erhält das alleinige Sorgerecht. Mit Halbtagsstellen als Sekretärin und Avonberaterin zieht sie ihre Töchter alleine groß. Sie leidet darunter, nicht studiert zu haben, sie wäre gern Ärztin oder Journalistin geworden. Ende 30 eine Wende in ihrem Leben. Sie beginnt eine Ausbildung zur Physiotherapeutin und macht sich mit einer Praxis in Hamburg Uhlenhorst selbstständig. Bildet sich fort, die Praxis wächst, sie beschäftigt an die zehn Mitarbeiter. Erst mit 76 Jahren gibt sie die Praxis an eine Nachfolgerin weiter. Tennis, ihre große Leidenschaft, spielt sie fast bis an ihr Lebensende. Es gibt kaum ein Land, das sie nicht bereist hat. Über ein Vierteljahrhundert war sie leidenschaftliche Fremdenführerin in Hamburg. Bücher, Theater, Oper, Kino waren ihr Leben. Mit 70 wollte sie noch mal was Neues und geht als Mitglied des Senior Experten Service fünfmal für mehrere Wochen in den Jemen, um dort vor allem Brandopfer zu behandeln und KrankengymnastInnen auszubilden. Wie sie ihr Leben in die Hand genommen hat, so wollte sie auch ihr Ende selbst bestimmen. Kurz nach ihrem 85. Geburtstag hat Sie aufgehört zu essen und zu trinken. Sie sagte, dass sie ein schönes Leben gehabt hatte, jetzt aber keine Kraft und Lust mehr habe. Beide Töchter sind bei ihr, als sie am 28.08.2020 friedlich in ihrem Bett einschläft.
Ariane Güdel
Ursula Gundlach
(23.3.1947 - 25.9.2023 ) 76 Jahre, kaufm. Angestellte
Ines Habekost
(13.11.1962 - 24.07.2001)
38 Jahre, Sachbearbeiterin in der Buchhaltung
Ines Habekost wurde am 13. November 1962 in Hamburg Fuhlsbüttel geboren. Nach dem Realschulabschluss machte sie eine Ausbildung zur Verkäuferin und bildete sich aufgrund ihres Fleißes und ihrer steten Einsatzbereitschaft zur Einzelhandelskauffrau weiter. Später arbeitete sie in Hamburg bei Unternehmen des Kaffeehandels sowie des Autoleasings in der Buchhaltung. Ines war eine lebensfrohe und aufgeschlossene Frau. Sie nahm gern an Preisausschreiben verschiedenster Art teil und zog sehr oft das "Glückslos". Ines las gern und bereiste viele Länder. Auf einer dieser Reisen lernte sie den Mann kennen, der für ihren weiteren - leider nur noch kurzen - Lebensweg wichtig war. Zur gleichen Zeit erkrankte Ines an einem Tumor, an dessen Folgen sie trotz mehrerer Operationen und Therapien am 24. Juli 2001 in Neuwiedenthal verstarb. Bis zu ihrem Lebensende bewahrte sie sich ihre Hoffnung auf Genesung und schmiedete Pläne für die Zukunft.
Inge Habekost
(3.4.1935 - 22.2.2023) 87 Jahre, Versicherungsangestellte
Luise Haddorp
(10.12.1922 - 21.07.2010)
87 Jahre, Lehrerin
Luise Haddorps Mutter stammte aus Island. Luise wuchs im Olendörp in Hamburg Fuhlsbüttel auf, studierte vier Jahre in Island und wurde in Hamburg Lehrerin an einer Volksschule in Hamburg Langenhorn. Sie unterrichtete auch an der Volkshochschule Hamburg Isländisch.
Luise Haddorp war Mitglied der Deutsch-Isländischen Gesellschaft und der Gesellschaft der Freunde Islands e. V. Hamburg. Außerdem war sie aktives Mitglied der "Backstube Fuhlsbüttel Verein für stadtteilbezogene Kulturarbeit". Hier gründete sie 1985 nach ihrer Pensionierung einen Literaturkreis. Fünf Jahre später gründete sie 1990 dort einen Märchenkreis für Erwachsene, einen Malkreis und eine Gruppe für Isländisch.
Im Alter von 83 Jahren übergab sie diese Gruppen in andere Hände.
Literatur:
Festschrift Backstube 2005, PDF
Gudrun Halbrock
(4.6.1926 - 28.1.2023) 96 Jahre, Psychotherapeutin
Helga Heinke
(12.5.1937 - 5.12.2018) 81 Jahre, kaufmännische Angestellte
Angelika Heinz
(27.8.1955 - 10.6.2021)
65 Jahre

Stufen (Hermann Hesse)

Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegensenden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden ...
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!
Andrea Hennemann
(12.07.1957 Hamburg - 23.10.2000 Hamburg)
43 Jahre, Lehrerin in der Erwachsenenbildung
Andrea K. Hennemann begann 1976 nach bestandenem Abitur Germanistik, Geschichte und Pädagogik auf Höheres Lehramt an der Universität Hamburg zu studieren. Während des Studiums war sie Mitbegründerin der Historikerinnen-Initiative zur Frauengeschichtsforschung. Nach dem 2. Staatsexamen in Zeiten von Lehrerarbeitslosigkeit nicht in den Schuldienst übernommen, wurde sie 1986 Psychodrama-Assistentin und Lehrerin in der Erwachsenenbildung. Zusammen mit anderen Frauen entwickelte sie ein Erwachsenenbildungskonzept speziell für Frauen in sozial benachteiligten Stadtteilen und wurde 1987 Mitbegründerin und Koordinatorin von
"Frauen lernen im Stadtteil" in Neuwiedenthal. Sie reiste zu Bildungskongressen nach Tallinn und Stockholm, um das erfolgreiche Konzept vorzustellen. Zuhause sah sie sich zunehmend mit Stellenkürzungen konfrontiert. Die enorme Arbeitsverdichtung und der Kampf um die Bereitstellung der erforderlichen Mittel erschöpften sie sehr.
Seit ihrer Jugend trieb sie Sport. Paddeln, Skifahren und alle Ballsportarten konnten sie begeistern. Auch Musik bedeutete ihr viel. Sie spielte Gitarre zuhause und Klarinette in einer Frauenbigband. Bei der Gründung des Hamburger Frauenmusikzentrums war sie aktiv dabei.
Andrea Hennemann war auch Rutengängerin, Radiästhetin und Baubiologin. Sie erforschte die Bedeutung und Wirkung alter Symbole und wurde zu einer meisterlichen Labyrinthbauerin.
1999 wurde bei ihr ein Eierstock-Krebs diagnostiziert und operiert. Trotz sehr schlechter Prognose lebte sie noch 16 Monate und setzte sich noch einmal intensiv mit ihrer Familiengeschichte auseinander. Ein (zunächst vor ihr verleugneter) Suizid in der Familie während ihrer Pubertät und die darauffolgende Scheidung der Eltern, Wut, Verlustgefühle, Trauer, Loyalitäts- und Abgrenzungskonflikte hatten tiefere Spuren hinterlassen als erwünscht und erwartet. Ihr Leben lang war sie bestrebt, "starke teams" zu bilden, die ihr als Jugendliche gefehlt hatten - bei der Arbeit, im Sport, beim Musikmachen.
Sie starb zuhause, wie sie es sich gewünscht hatte, und ließ ihre Lebensgefährtin und eine Sterbeamme bis kurz vor ihrem letzten Atemzug teilhaben an ihrem Weg in die Anderswelt und ins Licht.
Dagmar Henningsen
(15.02.1957 Gießen - 21.01.2012 Hamburg)
54 Jahre, techn. Autorin
Zeit Deines Lebens warst Du eine Rebellin und Kämpferin: Gegen Ungerechtigkeit und Ungleichheit, für Freiheit und Toleranz - und auch gegen Deine Krankheit. Du wolltest mit dazu beitragen, eine bessere und gerechtere Welt zu schaffen. Dabei hast Du Dich nie verbogen oder verbiegen lassen, warst gradlinig und ohne Vorurteile. Du hast zugehört und verstanden, gesehen und gehandelt, respektiert und verziehen.
Denen, die Dir wichtig waren, warst Du Freundin und Vertraute, gleichgütig, ob es Dir gut ging oder schlecht. Die, die Du geliebt hast, hast Du bedingungslos geliebt, ohne Wenn und Aber. Du hast unser aller Leben so unendlich bereichert: mit Deinem Lachen und Deinem Vertrauen, Deiner Aufrichtigkeit und Deiner Liebe. Du hinterlässt eine große Lücke, aber keine Leere.
Danke für alles.
Sophie Vega Hernandez
(3.5.1942 - 1.4.2017) 74 Jahre, Erzieherin, Schwesternhelferin, Übersetzerin, Hausfrau und Mutter
Renate Herzog
(8.4.1937 - 16.2.2024) 86 Jahre, Verlagsvertreterin
Ilse Hirschbiegel, geb.Strübing
Photo: privat
(3.6.1930 - 13.2.2020)
89 Jahre, Diplom-Modegrafikerin, Fachlehrerin, Puppen-Macherin, Künstlerin
und eine der ersten weiblichen Polizeibeamten in Hamburg.

Geboren wurde Ilse Hirschbiegel als Tochter von Ernst und Annette Strübing.
Die Familie stammte ursprünglich aus Grevesmühlen in Mecklenburg. Ernst Strübing ging nach dem 1.Weltkrieg nach Hamburg und arbeitete als Elektriker. Das Ehepaar Strübing bezog Mitte der 1920er Jahre eine Neubauwohnung an der Kippingstraße in Eimsbüttel. Nachdem Bomben das Haus 1943 zerstört hatten, zog das Ehepaar an die nahe Bundesstraße. Hier wuchs Ilse Strübing auf und nach dem Umzug ihrer Mutter in ein Seniorenheim, übernahm sie die Drei-
Zimmer-Wohnung, in der sie dann bis zu ihrem Tode lebte. Ihre große Freude in der Erdgeschoss-Wohnung waren die beiden Gärten zur Straße und im Hof. Noch im hohen Alter sorgte Ilse dafür, dass der Vorder-Garten zum schönsten Garten der Bundesstraße wurde.
Ilse Strübing besuchte der Schule Kielortallee und früh zeigte sich dort ihr ausgeprägtes Zeichentalent.
Als die Bombenangriffe auf Hamburg sich verstärkten, kam Ilse zur "Kinderlandverschickung" in einen kleinen Ort bei Passau in Bayern. Hier erlebte sie das Kriegsende und kehrte ins zerstörte Hamburg zurück.
Um ihrer strengen Mutter zu entgehen, ging das erst 16 Jahre alte Mädchen als "Aupair" nach England und arbeitete hier erst im Haushalt eines Amerikanischen Obersten und dann bei einem Zahnarzt.
Zurück in Hamburg studierte sie an der Hochschule für bildende Künste, ging dann aber 1954 als eine der ersten Frauen in Hamburg zur Polizei. Die Briten hatten die Weibliche Polizei (WP) ins Leben gerufen.
Die junge Polizistin lernte den Arzt Dr. Horst Hirschbiegel kennen, der am UKE tätig war. 1957 kam der Sohn Oliver und 1959 Thomas zur Welt. 1958 hatte Ilse Hirschbiegel die Polizei verlassen, um sich um die beiden Kinder zu kümmern. Ihr Mann ließ sie noch vor der Geburt des zweiten Kindes sitzen. Ilse Hirschbiegel ging vor Gericht, um Unterhalt zu erstreiten. Mit lediglich 450 Mark schlug sie sich durch, zog in ein kleines Dorf in Schleswig-Holstein. Mit handgezeichneten wunderschönen Glückwunschkarten verdiente sie etwas Geld nebenbei. Als die Kinder größer wurden, arbeitete Ilse Hirschbiegel als Erzieherin im Haus der Jugend Lattenkamp in Winterhude. Dann ließ sie sich im 2.Bildungsweg zur Fachlehrerin Kunst / Werken ausbilden und unterrichtete in der Schule Meerweinstraße in der Jarrestadt. Später leitete sie das Spielplatzheim am Wagrierweg in Niendorf.
Mit 53 ging Ilse Hirschbiegel wegen schwerer Herzprobleme in Pension. Sie blieb mit vielen Kinder, die sie an der Schule und in den Jugend-Einrichtungen betreut hatte, bis ins hohe Alter in Kontakt. Im Ruhestand wurde sie zu einer der besten deutschen Macherinnen von Porzellanpuppen. Außerdem widmete sich Ilse Hirschbiegel der Naiven Malerei und gewann vor allem mit ihren großformatigen Hamburg-Motiven Preise.
Anita Horz
(31.08.1944 Ehrhorn/Soltau - 13.10.2020 Hamburg)
76 Jahre, Dipl. Kauffrau, Produktionsleiterin
Kriegsbedingt kam Anita Horz auf dem Land zur Welt. Den größten Teil ihres Lebens lebte sie im Elternhaus in Hamburg Osterstr. 35. Dies wurde 1871 von ihrem Großvater erbaut und war das älteste noch erhaltene Haus Eimsbüttels, es wurde leider 2016 abgerissen.
Anita Horz studierte nach einer Banklehre Betriebswirtschaft. Nach Aufenthalten in Großbritannien und den USA arbeitete sie bei VW in Wolfsburg und lange Jahre bei Unilever in Hamburg.
Mit Mitte 30 begann für sie ihr "zweites Leben". Sie outete sich als lesbisch und machte ihre ersten Super 8 Filme. Seit der Gründung von bildwechsel 1979/80, einem Dachverband für
Frauen+ Medien/Kultur, war sie regelmäßige Teilnehmerin der Kinoabende und Diskussionen. Als ideelle und finanzielle Unterstützerin gehörte sie zu bildwechsels "Hall of Fame".1982 begann sie mit 38 Jahren das lang ersehnte Filmstudium bei Helke Sander an der Hochschule für bildende Künste.
Ein halbes Jahr später bekam sie die Diagnose Multiple Sklerose. Sie war natürlich schockiert, hat jedoch niemals bereut, dass sie ihre gut dotierte Position und die materielle Sicherheit im Konzern, Betriebsrenten usw. aufgegeben hatte.
Sie beschloss, diese Krankheit erst einmal zu ignorieren und hat weiter studiert und gearbeitet.
Neben der Arbeit an eigenen Kurzfilmen wie z.B. "Pas de deux" war sie Produktionsleiterin für etliche Filme, u.a. "Giarres" von Reinhard von der Marwitz 1984 (Max-Ophüls-Preis), "Warten auf Marie" 1985 von Gisela Stelly Augstein, "Tod eines Nachrichtensprechers" 1986 von Volker Einrauch, "Die Jungfrauenmaschine" 1988 von MonikaTreut. Alles sogenannte Außenseiterfilme, die heute z.T. Kultstatus haben.
Sie arbeitete ab 1988 als kaufmännische Geschäftsführerin für das Hamburger Lowbudget Film Festival, dem Vorgänger des Hamburger Filmfestes. In den frühen Neunzigern war sie kaufmännische Leiterin der Lawaetz-Stiftung. 1993 übernahm sie die Geschäftsführung der Hamburger Kammerspiele (Intendanz Stephan Barbarino).
1997 zwang die MS sie in den Rollstuhl und verhinderte sukzessive eine weitere Erwerbstätigkeit, hinzu kam eine Krebserkrankung und schwere rheumatoide Arthritis.
Trotz allem blieb sie aktiv und voller Lebenshunger. Kino, Festivals, Oper, Museen, Künstlerinnen. Reisen trotz aller Hindernisse. Und über all die Zeit, seit der Gründung 1983 liebte sie die Treffen und Turns mit ihrem Seglerinnen-Verein, zuletzt als Ehrenmitfrau.
Seit ihrer "Entdeckung der Frauen" war sie eine unermüdliche Streiterin für die Rechte der Frauen, nicht zuletzt in ihrer unnachahmlichen Sprache. Sie benutzte die weibliche Form konsequent, egal mit wem sie sprach und wie irritiert ihr Gegenüber war - lange bevor das "Gendern" ein Begriff wurde.
Text: Angela Tiedt
Quellen:
1) https://www.eimsbuetteler-nachrichten.de/aeltestes-haus-der-osterstrasse-verschwunden/
2) https://de.wikipedia.org/wiki/Helke_Sander, https://www.helke-sander.de/zur-person/ die tolle alte Seite von Helke Sander wird z.Zt. erneuert und ist noch unfertig
3) Verband der Filmarbeiterinnen 1983, FrauenFilmHandbuch
4) https://www.bildwechsel.org/
5) http://www.lawaetz.de/ueber-die-stiftung/wie-alles-anfing/
6) taz vom 21.1.1993, unter: https://taz.de/Lokalkoloratur-Anita-Horz/!1634253/
7) https://seglerinnen.de/frauen-segeln-netzwerk/frauen-segeln/
Renate Hurttig
(6.10.1940 - 01.08.2001) 60 Jahre, Mutter
Hilde (Heidi) Hoffmann
(12.4.1932-23.9.2018)
86 Jahre, Gemeindehelferin
Ansprache aus dem Trauergottesdienst für Hilde Hoffmann (1932-2018)
am Sonnabend, dem 13. Oktober 2018 um 11.00 Uhr in der Christophoruskirche in Hamburg-Hummelsbüttel
Ulrike Wenn, Pastorin

Tief ein- und ausatmen.
So hat Hilde aus- und eingeatmet, bevor sie etwas Gewichtiges sagen wollte. -
Und sie konnte sicher sein: Alle hörten zu:
Wenn ihr etwas sehr am Herzen lag
Wenn es eine schwierige Situation war
Wenn sie unbedingt überzeugen wollte.
Lange Reden lagen ihr nicht.
Darum kam es auf jedes Wort an.
Überhaupt, im Mittelpunkt stand sie nicht gern.
Sie hielt sich lieber im Hintergrund, darum saß sie ja auch gern in der letzten Reihe hier in der Kirche.
Und trotzdem war hier vorne der Altar ihr allerliebster Ort. Hier wird das Abendmahl gefeiert (und sie hat es geliebt, bei der Austeilung mitzuwirken), hier konzentriert sich die Kraft, hier wird gesegnet, und wenn das kein Mensch tut, tut es dieser Christus. "Durch diesen Christus werden wir zu Gott geleitet, er breitet die Arme aus und ist voller Liebe." So sagte sie es.
Und dann ist da diese Szene, die auf dem Taufsockel abgebildet ist: Jakob, der nachts mit einem Unbekannten darum ringt, dass dieser ihn segnet (sind das eigentlich Flügel hier auf dem Bild?), und der körperlich versehrt aus diesem Kampf hervorgeht, aber die Sonne aufgehen sieht.
Hilde Hoffmann wollte, dass Menschen zu ihrer eigenen Begegnung mit dem Heiligen, aber auch mit Gott kommen, und dies mit allen Sinnen erfahren und entdecken. Dass sie die Nacht- und Kampfzeiten des Lebens als Chance zu begreifen, zu wachsen und zu reifen, immer begleitet durch den Segen, der mitgeht.
Sie sah sich als Mittlerin in diesem Geschehen, und sie war eine, die mit anderen aushalten konnte, dass es oft genug mehr Fragen als Antworten gibt, blieb sie doch ihr ganzes Leben lang selbst eine Suchende.
Gerade dadurch war sie glaubwürdig und konnte Menschen eigene Wege ermöglichen und dazu ermutigen; oft geschah das, indem sie auf die ganz kleinen Dinge und Bewegungen achtete und sie aufnahm und wertschätzte.
Sie konnte großen und kleinen Menschen das Gefühl vermitteln, sie seien mit ihren Anliegen im Augenblick das Wichtigste auf der Welt.
In einem Rückblick auf ihre Arbeit in der Festschrift zum 50jährigen Kirchweihjubiläum sagte sie, ich zitiere:
"Auf einer Freizeit sprach ich gerade das Fürbittengebet, da sagte ein kleines Mädchen aus dem Hintergrund: 'Du musst jetzt auch für meine Mutter beten und für das kleine Kind, das sie jetzt bekommt!' Dies Kind hatte begriffen, dass es Gott all dies ans Herz legen konnte.
Dies (ich zitiere weiter) bis ins Erwachsenenalter durchzutragen, hat sich nicht immer erfüllt, oder vielleicht doch? Neulich kam ein ehemaliges Kind aus meinem Kinderkreis, mittlerweile selbst Vater, und besuchte nach langer Abwesenheit von der Kirche mit seinem Kind den Kindergottesdienst." Zitat Ende.
Von diesen Erinnerungen gibt es so viele, wie es Menschen gibt, die Hilde Hoffmann begegnet sind, durch alle Jahre hindurch.
Das könnten Erinnerungen an intensive Zeiten sein, die man mit ihr geteilt hat, beginnend mit den Kinderkreisen über den Konfirmandenunterricht, in Gesprächskreisen, Frauenkreis, bei Kinderbibeltagen und -wochen, beim Weltgebetstag, im Kirchengemeinderat und im Weltladenteam, aber genauso auch in kurzen Begegnungen beim sonntäglichen Türdienst oder auf dem Rehagen, wo sie frühmorgens, am liebsten bei Morgensonne und Vogelgesang unterwegs war.
Ein paar Worte beim kurzen Stehenbleiben öffneten viele Türen und bauten Brücken in die Welt hier rund um die Kirche und diesen Altar.
Unvergesslich ist für mich ein Osterfrühgottesdienst, in dem es eine Tauferinnerung der besonderen Art gab: Im Halbdunkel schritt Hilde Hoffmann mit einem Buchsbaumzweig durch die Kirche, neben ihr jemand, der die Taufschale trug, gefüllt mit Wasser. "Ihr seid getauft!", hieß der Ruf. Und sie tauchte mit sichtlicher Freude den Buchsbaumzweig ins Wasser und besprengte die Menschen in den Bänken damit.
Solche Rituale, die das Gewohnte sprengten, liebte sie ebenso wie diejenigen Rituale, die das Vertraute sinnenhaft bewahren.
Ja, und dann sind da der Weg und das Leben, die sich für euch, die Familie mit dem Namen "Heidi" verbinden.
Euch beide, Claus, hat ein gutes geschwisterliches Miteinander auf getrennten Wege verbunden, das waren deine Worte in unserem Gespräch. Getrennt, weil ihr so verschieden, und verbunden, weil ihr euch in eurer Eigenwilligkeit so nahe wart.
Du bist stolz, sie als Schwester gehabt zu haben, so hast du es auch aufgeschrieben.
Es gehört zu den schwer erklärbaren Dingen in einer Familie, warum sich Namen verändern, die doch in einer Urkunde stehen. Du kanntest und kennst bis heute deine Schwester nur als "Heidi".
Deine Schwester war sieben Jahre älter als du, das ist ein Abstand, der zu groß ist, um dieselben Spielkameraden zu haben, respektive in einer Zeit, in der die Welt durch den Nationalsozialismus und den Zweiten Weltkrieg gründlich aus den Fugen geraten war.
Die ersten vier Jahre ihres Lebens verbrachte die kleine Hilde, Heidi, mit ihrer Mutter, bevor die Familie zusammen leben konnte. Eine enge Bindung zwischen den beiden entstand, und sie blieb bis zum Tod eurer Mutter in den 60er Jahren. Heidi hat sich auf die Geburt ihres kleinen Geschwisterchens gefreut, das hat sie immer wieder erzählt.
"Sie konnte aber auch streng sein!", so sagtest du, - es wird seine Gründe haben... ?
Als du 1939 geboren wurdest, wohnte die Familie in der Hochstraße in Altona, wo ihr auch den Krieg und die Bombennächte erlebt habt. Vieles habt ihr gesehen, wofür es auch heute noch kaum Worte gibt.
Wenige Jahre in Friedenszeiten waren eurer Familie vergönnt, bevor euer Vater einen Schlaganfall bekam und zwei Jahre später starb. Da war deine Schwester schon ausgezogen und wohnte, wie ihre Studienfreundin Dorothea Heinemann es sagte, unter ziemlich erbärmlichen Verhältnissen in der Nähe des Altonaer Fischmarktes.
Von 1953-1957 dauerte ihre Ausbildung am Burckhardthaus in Gelnhausen. Dort lernte sie auch Nora Buckenauer kennen, die Freundin, mit der sie durchs Leben ging.
Mit ihr fand sie sich in nahezu allen Dingen auf gleicher Ebene, von der Haltung dem Leben gegenüber, dem Umgang mit materiellen Dingen bis hin zu den Vorlieben für Literatur, Kunst und Reisen – und den Fröbelsternen, von denen Hilde bis zum Ende ungezählte Mengen herstellte und mit Wonne weitergab.
Ein Praktikum zu Beginn der Ausbildung, das man ihr zur Stärkung ihrer Frömmigkeit (!!) verordnete, führte sie in das Pastorat am Poppenbüttler Stieg, wo sie bei Familie Meder lebte und sich um die vier Töchter kümmerte. Sie selbst erinnerte sich da auch an das Haarewaschen und Kämmen, das bei den Kindern nicht sehr beliebt war…auch das lehrt Demut.
1956 begann dann offiziell der Dienst als Gemeindehelferin in Hummelsbüttel, mit landeskirchlicher Beauftragung.
Ihr Geschwister wusstet voneinander immer, wo der jeweils andere war. Und doch haben wir in unserem Gespräch gemerkt, dass deine Schwester die verschiedenen Bereiche ihres Lebens jeweils für sich genommen und gehütet hat. Die unterschiedlichen Bezüge, in denen deine Schwester gelebt hat, hatten nicht viele Verbindungen untereinander. Und gern in die Karten schauen ließ sich Hilde Hoffmann nicht.
Sie hatte ein ausgesprochenes Bedürfnis nach Autonomie, danach, ihren Weg auf IHRE Weise zu gehen. Gleichzeitig hatte sie aber auch den Wunsch nach Verbindung und Kontakt; das war manchmal nicht einfach zusammenzubringen. Umarmung kann sich auch schmerzvoll anfühlen.
Ein Berührungspunkt zweier Welten gelang aber zum Beispiel durch die Kinderfreizeiten nach Neukirchen, auf die du, Astrid, als Kind Ende der Siebziger/Anfang der Achtziger Jahre mitgefahren bist.
Deinen Weg, und auch den ihres Patenkindes Ulfert Andresen, begleitete Hilde, Heidi, mit Aufmerksamkeit und Treue bis in die Gegenwart. Dass du jetzt nach langen Auslandsaufenthalten in Hamburg lebst, war für sie Anlass zu großer Freude. Noch im Juni habt ihr gemeinsam im Restaurant "La Differenza" auf dem Rehagen draußen gesessen und den schönen Sommer miteinander genossen.
Überhaupt, immer wieder der Rehagen.
Streifraum und Kraftort war er für Hilde Hoffmann, auch gewohnt hat sie für einige Jahre dort, gemeinsam mit Katharina Bennewitz und Irene Meder und den Hunden, Finchen war der letzte.
Die Geräusche der Natur dort begleiteten sie bei der Gartenarbeit und später bei jedem morgendlichen Gang über den Rehagen, möglichst bis zum See, den Kuckuck und das Geräusch des Windes im Ohr.
Noch viele andere Bilder könnten wir hier zusammentragen, und ich möchte nur noch eins davon nennen, weil es das Selbstverständnis von Hilde Hoffmann beschreibt: Sie sagte (ich zitiere noch einmal aus der Festschrift von 2003): "Mit dieser Gemeinde war es doch so etwas wie eine Liebesheirat...Manchmal komme ich mir vor wie die Hannah der Bibel, die ihr ganzes Leben lang in der Kirche rumsitzt!" Weiter sagt sie dort:
"... Bei der Geburt Jesu sind auch lauter alte Menschen da, die ihren Mund auftun und reden - weil sie das Neue erkennen, das ihnen dann den Mund öffnet, um es weiterzusagen." Zitat Ende.
Dies ist geschehen und geschieht.
Und so, wie es den Frauen am Grab Jesu aufgegeben wurde, den Lebenden nicht bei den Toten zu suchen, ist das auch unsere Aufgabe, den Mund aufzutun und von dem Neuen zu reden, das wir auch durch Hilde Hoffmann, durch Heidi, durch Hoffi erkannt und erfahren haben.
Gott sei Dank dafür!
Amen.
Irmgard Iredi
(13.11.1925 - 1.1.2019) 94 Jahre, Apotheker-Assistentin
Ellen Jaedicke
(14.8.1976 - 2.9.2016)40 Jahre, Internationalistin und Feministin
40 Jahre
In ihrem Nachruf, verfasst von Pelda Adar in der "Jungen Welt" heißt es: "Ellen Jaedicke, Kämpferin, Vordenkerin, Strategin und Organisatorin, wird fehlen. Sie starb am 2. September in Hamburg infolge einer Krebserkrankung. Sie wuchs mit ihrem Bruder bei der aus Tschechien stammenden Mutter in Buxtehude auf. Früh schon engagierte sie sich politisch. In Berlin lebte sie einige Jahre in einem Frauenwohnprojekt und kam 2006 über ein Austauschprogramm nach Istanbul, wo sie, in Kontakt mit der kurdischen Bewegung, beschloss, für einige Zeit nach Kurdistan zu gehen. In Amed (Diyarbakir) unterrichtete sie ein halbes
Jahr in der kurdischen Baglar-Frauenkooperative Englisch und fand, was sie immer gesucht hatte: ein kollektives Leben, die Perspektive eines starken Frauenbefreiungskampfes.
Nach ihrer Rückkehr engagierte sich Ellen wider den herrschenden politischen Zeitgeist im "Kurdistan-Solidaritätskomitee Berlin2. Gut vernetzt in der Berliner Linken gelang es ihr, Brücken zu bauen und Interesse für die kurdische Bewegung, den von ihr erstrebten und umgesetzten demokratischen Konföderalismus und den Kampf der Frauen zu wecken. 2009 organisierte Ellen zum ersten "Mesopotamischen Sozialforum" in Diyarbakir mit anderen das "Amed-Camp". Etwa 200 Menschen aus mehreren europäischen Ländern kamen zusammen und diskutierten mit Aktiven der Jugend- und Frauenbewegung. Danach ging es unter anderem darum, die deutsche Beteiligung am schmutzigen Krieg gegen die Kurden öffentlich zu thematisieren und dagegen zu intervenieren. Zu diesem Zweck wurde die Kampagne "Tatort Kurdistan" mit den Schwerpunkten Rüstungsexporte, Umweltzerstörungen und Repression gegen Kurden in Deutschland gegründet. (...)
Mit Begeisterung stürzte Ellen sich in zahlreiche Aktivitäten und nahm andere dabei mit. 2010 reiste sie erneut mit einer Gruppe von Frauen nach Kurdistan, um dort mit Vertreterinnen der Frauenbewegung über Perspektiven für eine internationalistische feministische Bewegung in Europa zu diskutieren. In der Folge entstand das kollektiv erarbeitete Buch "Widerstand und gelebte Utopien: Frauenguerilla, Frauenbefreiung und Demokratischer Konföderalismus in Kurdistan" (Mezopotamien Verlag), in dem Ideologie und Methoden der Kurdinnen für eine deutschsprachige Leserschaft zugänglich gemacht werden. 2012 erschien nach einer weiteren Delegationsreise die von ‚Tatort Kurdistan' herausgegebene Broschüre "Demokratische Autonomie in Nordkurdistan".
Im Jahr 2012 ging sie für eineinhalb Jahre in die kurdischen Berge und nahm ihren kurdischen Namen Sterk (Stern) an. Als sie zurückkam, arbeitete sie zunächst im Kurdischen Frauenbüro für Frieden, Cenî, in Düsseldorf mit. Dort war sie an der Vorbereitung der ersten Konferenz in Europa zur Jineologie (Frauenforschung) beteiligt. Einige Zeit war sie auch in der kurdischen Frauenbildungsstätte Utamara in Kasbach-Ohlenberg (Rheinland-Pfalz) tätig. In Hamburg war sie Mitglied des kurdischen Frauenrates Rojbîn."

Gedenktafel am Grab.
Internationalistin und Feministin, die mit ihrem Herzen sah
14. August 1976 - 2. September 2016

Ellen - eine Frau, die mit Liebe zu den Menschen nach Wegen, für den Aufbau einer freien und solidarischen Gesellschaft suchte. Sie ließ sich von freiheitsliebenden Frauen der Geschichte und Gegenwart inspirieren.
In Buxtehude wuchs Ellen als Tochter einer tschechischen Physiklehrerin und eines deutschen Chemikers auf. Freude, Bewegung, Musik, Zusammenhalt in der Gemeinschaft und Ehrlichkeit waren ihr wichtig. Sie konnte Menschen zusammenbringen und für ihre Ideen begeistern. Seit ihrem High-School-Jahr in den USA reiste sie viel, sah Armut und Leid, wollte helfen. Sie arbeitete dann als Jugendleiterin in der ev. Gemeinde. Ellen studierte Sozialpädagogik in Berlin, arbeitete in der Familienhilfe, als Streetworkerin und in der Migrationsberatung. Ihren eigentlichen Lebensinhalt jedoch bildeten die Kämpfe und Diskussionen der antifaschistischen, linken feministischen Bewegungen.
Seit ihrem einjährigen Berufsaufenthalt in Istanbul und Diyarbakir 2007, war sie in der kurdischen Bewegung aktiv. Dort fand sie, wonach sie sich hier immer gesehnt hatte: Kollektivität und eine starke, kämpferische Frauenbewegung. Es folgten weitere Aufenthalte dort. Sie lernte Türkisch und Kurdisch und schrieb Artikel über die kurdische Frauenbewegung und den Demokratischen Konföderalismus, ein Gesellschaftsmodell eines von Geschlechter- und anderen Hierarchien befreiten, gleichberechtigten, selbstverwalteten und gemeinschaftlichem Lebens.
Sie liebte es zu forschen und ging der Frage nach, wie eine andere Bildung und Wissenschaft aus Frauensicht aussehen kann. Sie war Mitorganisatorin der ersten Konferenz über Jineolojî (Wissenschaft der Frau) und des ersten Mesopotamischen Sozialforums (Amed-Camp) in Diyarbakir und der daraus entstandenen Kampagne Tatort Kurdistan. Sie organisierte sich in Frauenstrukturen, im Kurdischen Frauenbüro für Frieden Cenî, arbeitete in der Frauenbegegnungsstätte UTAMARA und im Kurdischen Frauenrat Rojbîn in Hamburg.
In Kurdistan nannte man sie Stêrk (Stern).
Ihr Strahlen und ihren Witz behielt sie auch, während sie 15 Monate lang gegen den Krebs kämpfte. Sie war nie allein.
Ihre Lebensgeschichte steht dafür, Kämpfe für gesellschaftliche Befreiung miteinander zu verbinden - hier und international; Werte wie Freundschaft, Kollektivität und Solidarität zu spüren und zu leben.
Sie bleibt ein funkelnder Stern in unseren Herzen.
Helga Jebens
(13.12.1938 - 17.10.2023) 84 Jahre, Einzelhandelskauffrau
Marianne Kaminsky
(24.5.1925 Hamburg - 7.4.2020 Hamburg) 94 Jahre, Sachbearbeiterin
Ursula Kampf
(15.3.1920 - 18.2.2017) 96 Jahre, med. techn. Assistentin
Margarethe Knobloch
(16.01.1912 -03.12.2007) 95 Jahre, Fürsorgerin
Margret Köhler
(29.7.1942 - 7.1.2023) 80 Jahre, Lehrerin
Christiane Kreipe
(27.11.1956 - 10.10.2017)
60 Jahre, Diplom-Sozialpädagogin
Um Dich als eine so vielfältige und besondere Frau beschreiben zu können, bedarf es viel mehr als diese kurze Schrift. Dennoch möchten wir es versuchen...

Du bist eine Künstlerin und ein Kreativkopf, eine leidenschaftliche Briefe- und Postkartenschreiberin, eine Kulturliebhaberin, ein ehrliches und reflektiertes Gegenüber, eine Leseratte, eine begeisterte Radlerin und Wanderin, eine geschätzte und engagierte Kollegin, eine stilbewusste Powerfrau, eine Kämpferin, ein Frühstücksmensch, eine Genießerin, eine Macherin mit immer richtigem Bauchgefühl, ein Familienmensch, eine Vorbild, eine Flohmarktliebhaberin, eine Unterstützerin und großzügige Traumerfüllerin, eine tolle Gesprächspartnerin, eine Weltenbummlerin, eine
Skip-Bo- und Kniffelspielerin, eine Gärtnerin und Sonnenanbeterin, eine hervorragende Organisatorin und eine begnadete Handwerkerin.
Vor allem aber bist du eine wunderbare, konsequente, aufopfernde und liebevolle Mama, stolze Oma und beste Freundin.

Wir sehen Dich bereits auf deiner sonnigen Wolke, auf der du dich schön einrichtest, die Arme in die Luft wirfst, Regale anbringst und gemeinsam mit unserer Hündin Nala das Geschehen hier unten beobachtest. Dort wartest du auf deine Liebsten. Um es in deinen Worten zu formulieren: „Ich bereite da oben alles schon einmal vor und mache es uns schön. Ich warte auf euch, aber lasst euch viel Zeit!“

Gute Reise, Mama.
Irene Kroll
(8.9.1943 - 24.3.2023) 79 Jahre, Oberstudienrätin, Schriftstellerin
Ingrid Kupfer
(6.6.1931 - 2.5.2014) 82 Jahre, Krankengymnastin
Gesa Larsen
(12.11.1932 - 3.1.2019) 86 Jahre, Sonderschullehrerin
Gertrud Leuschen
(4.6.1923 - 24.6.2023) 100 Jahre, kaufm. Angestellte
Elisabeth Lorenz
(25.10.1929 - 5.2.2020) 90 Jahre, Lehrerin
Elke Lorenz
(14.3.1940 -17.12.2019) 79 Jahre, Sozialpädagogin
Elisabeth Lüdecke
(13.08.1911 Hamburg - 10.09.2003 Hamburg)
92 Jahre, Schneiderin
Elisabeth Lüdecke wuchs mit ihren zwei Geschwistern in einem Schlachtereihaushalt auf. Ihr Vater war Schlachtermeister am Grindel, ihre Mutter eine "höhere Tochter aus guten Haus". Sie war es nicht gewohnt, einen Betrieb mitzuführen. Nach dem Besuch der Volksschule absolvierte Elisabeth Lüdecke eine Lehre als Schneiderin. Zeitweilig arbeitete sie in einer Buchdruckerei. Im Alter von Anfang 30 heiratete sie einen Werkzeugmeister und bekam zwei Kinder (1941 und 1944). Mitten im Krieg, während sie mit ihrem zweiten Kind schwanger war, trennte sich der Ehemann von der Familie, um mit einer jüngeren Frau zusammenzuleben. Als nun alleinerziehende Mutter von zwei kleinen Kindern versuchte
Elisabeth Lüdecke ihren Lebensunterhalt mit Arbeiten in einer Knopflochfabrik an der Sternschanze und durch die Untervermietung eines Zimmers in ihrer Wohnung zu bestreiten. Später arbeitete sie bis zu ihrer Berentung als Reinigungskraft in Behörden. Während des Zweiten Weltkriegs versuchte sie mit anderen Frauen die auf die Hausdächer abgeworfenen Phosphor-Brandbomben zu löschen. Dazu schleppten die meist durch Hunger und Entbehrung gezeichneten Frauen mit Wasser gefüllte große Zinkwannen auf die Dächer der meist fünfstöckigen Häuser. Während und in der unmittelbaren Nachkriegszeit wurde Elisabeth Lüdecke zur Hüterin der großen Straßenbäume im Hamburger Stadtteil Eimsbüttel, die in den eiskalten Wintern gern für Brennholz abgeholzt wurden. Elisabeth Lüdecke und andere bildeten deshalb Schutzwachen, um solchen Baumfrevel zu verhindern. Elisabeth Lüdecke war ein geselliger Mensch, sie pflegte Freundschaften und war religiös aktiv in der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten Gemeinde am Grindel. Privat lebte sie über Jahrzehnte ein so genanntes Bratkartoffelverhältnis mit einem Mann, der bei seiner Schwester lebte. Er kam fast täglich zu Besuch und beide verbrachten ihre Freizeit miteinander, so unternahmen sie z. B. Ausflüge.
Dagmar Luttheroth
(10.12.1923 - 25.11.2014) 90 Jahre, Chefsekretärin
Christine Markner
(27.12.1957 Braunschweig - 08.08.2007 Hamburg)
49 Jahre, Ärztin
Ab 1978 studierte sie in Ulm Medizin und arbeitete ab 1984 als Ärztin im UKE. Dort machte sie auch ihren Facharzt im Bereich Neurologie. Bald darauf übernahm sie eine Stelle als Oberärztin in Flechtingen. PatientInnen und ÄrztInnen schätzten sie als eine gewissenhafte und verantwortungs-volle Medizinerin. Sie strahlte eine unge-wöhnliche Lebensfreude und Kraft aus. Menschen, die ihr begegneten, ließen sich von dieser Energie anstecken. Großen Anteil nahm sie am Leben Anderer und war immer als Ansprechpartnerin da. Gerne tanzte sie Ballett und Flamenco und widmete sich mit Leidenschaft verschie-denen Kunstrichtungen. 2002 erfüllte sie sich ihren Wunsch einer eigenen Praxis und ließ sich als Neurologin in Altona nieder. Zeitgleich zu ihrer Selbstständigkeit verschlechterte sich ihre seit Jahren bestehende Krebserkrankung.
In den letzten sechs Jahren ihres Lebens unternahm sie, gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten, viele Reisen nach Chile, Kuba, Australien, Jamaika und immer wieder nach Teneriffa. Vielleicht ahnte sie, dass ihr nicht mehr so viel Lebenszeit bleiben würde. Im Sommer 2007 brach sie zu ihrer letzten Reise nach Teneriffa auf. Einen Tag nach ihrer Rückkehr verstarb sie am 8.8.2007 in Hamburg.
Viel zu früh endete das Leben einer beeindruckenden Frau.
Erika Markner
(18.05.1934 - 14.10.2009) 75 Jahre, Industriekauffrau
Heidemareen Martens
(6.4.1944 - 11.11.2016) 72 Jahre, kaufm. Angestellte
Birgitt Marzahn
(08.06.1943 - 21.11.2011) 68 Jahre, Arztsekretärin
Astrid Matthiae
(22.5.1949 - 14.6.2022)
73 Jahre, Fischerei- und Gewässerbiologin, Hörfunkjournalistin, Autorin
Die Rollen ihres Lebens:
Sie war Norddeutsche und Kind der Küste. Astrid Matthiae wurde in Glückstadt/Elbe geboren, hinein in eine Familie, die zu den TäterInnen gehörte, auch wenn die Eltern sagten, sie hätten nichts gewusst. Gleichzeitig, so was kommt vor, wussten sie gutes Essen zu schätzen und pflegten es. Die Urgroßeltern betrieben in Hamburgs Zentrum Mittagsrestaurants und die Großeltern in Glückstadt einen Weinhandel, direkt am Hafen mit Blick auf die Matjesfässer und Heringslogger. Sie gaben den Ausschlag für die Berufswahl: Fischerei- und Gewässerbiologie, damals eindeutig kein Frauenberuf. Aber das sollte gerne so sein.
Als ihr das eigentlich vorgeschriebene Praktikum auf großer Forschungsfahrt verweigert wurde, tatsächlich mit der Begründung `Frau`, waren Kontakte zum Rundfunk schnell geknüpft. Eigene Beiträge schrieb sie aber erst nach ihrem Sachbuch "Vom pfiffigen Peter und der faden Anna, zum kleinen Unterschied im Bilderbuch" (Fischer TB). Es ist entstanden aus dem Kampf, ja Kampf für das Babyhaus Schmuddelkinder. Hamburgs Senat wollte die junge Babyhaus-Szene ausbremsen (Motto: Bis drei gehört das Kind zur Mutter), hatte sich dafür aber die falsche Initiative ausgesucht und nicht mit der Zähigkeit einer Handvoll Leute gerechnet, die Astrid zusammenhielt. Die dort entstandene Ausstellung "Bilderbücher auf Seiten der Mädchen, auch für Jungen zu empfehlen", war mehrfach auf der Hamburger Frauenwoche zu sehen und ging von Bologna bis Oslo. Jetzt stehen die gut 120 Positiv-Titel und wenige abschreckende Beispiele in der Bibliothek der Anna-Warburg-Schule in HH-Niendorf. Dort werden u.a. ErzieherInnen ausgebildet. Für Auslands-Reportagen war Astrid im Apartheid-Südafrika, den Niederlanden, Dänemark, Schweden, Norwegen und - Andalusien. Dort war sie (Mitte der 1990er wegen CO2 per Bahn), um vom Leben der TagelöhnerInnen in den Erdbeerfeldern zu erfahren und von ihren Kindern, die sie weit weg in den Tagelöhnerdörfern zurückließen. Ihre Klagen über die monatelange Trennung sind ihr bis zum Schluss im Ohr geblieben und die Einsicht, Monokulturen gehören abgeschafft, aus ökologischen, aber auch aus sozialen Gründen. (Mehr dazu unter: www.astridmatthiae.de) Dabei war Astrid keine Freundin des traditionellen Familienmodells. Das ließen schon die Gewalterfahrungen im Elternhaus nicht zu. Nicht zuletzt deswegen wurde sie aktiv für und mit Frauen. Später, innerhalb ihrer journalistischenArbeit, war ihr wichtig, Frauen angemessen zu Wort kommen zu lassen, bei welchen Themen auch immer, und auch gerade dann, wenn sie in ihren Berufsfeldern in der Minderheit waren. Die Leugnungen und Diskriminierungen als Frau in einem angeblichen Männerberuf hatte sie ja selber erlebt und für nachfolgende Jahrgänge Türen aufgetreten. Nachfolgerinnen hatten es leichter. Doch mit Opportunismus und Männerbündelei hatte sie in ihrem Fach weiter zu tun. Das Fazit ihres Reportage-Hörbuchs über eine Fangreise auf einem deutschen (!) Großtrawler vor Mauretanien und ihr Plädoyer für ein AUS der EU-Fischereiabkommen wurden umgebogen in eine ebenso umfangreiche wie folgenlose Kampagne von Brot für die Welt für "faire" Fischereiabkommen. (siehe auch www.astridmatthiae.de) Außerhalb des Berufs war Astrid erfolgreicher, zusammen mit anderen, nicht zuletzt, als es ab 2010 um das AUS für Vattenfalls Fernwärmeleitung, die Moorburgtrasse, ging. An der Initiative Moorburgtrasse stoppen war Astrid über etliche Jahre beteiligt und an der Initiative zum Rückkauf der Energienetze, mit der auch das AUS der Moorburgtrasse abgesichert wurde. Damit hatte Vattenfall die Möglichkeit verloren, Verluste aus dem neu gebauten Kohlekraftwerk auszugleichen und musste es nach nur 5 Jahren abschalten. Jährliche Einsparung: knapp 9 Mio Tonnen CO² . Aber das Thema Ernährung aus der Region begleitete sie von Anfang an, beruflich seit den späten 1980ern und im sogenannten Ruhestand als Aktivistin. Der dramatische Rückgang, wie er ca. seit den frühen 90er Jahren besonders bei den Gemüsebaubetrieben in Hamburg und umzu zu verzeichnen ist, machte ihr große Sorgen. Der Trend ist nicht gestoppt. Noch 2022 entwickelte sie für Kinder ein Wintergemüse Memo, das hoffentlich für mehr hiesiges Wintergemüse auf den Tellern in Kitas und Schulen sorgt und woanders natürlich auch. Eine Rund-ums-Jahr-Beschäftigung und kurze Wege vom Feld bis zum Teller das war ihr Ziel. Und Arbeitsbedingungen, die auch vom Einkommen her zukunftsfähig sind und Spaß machen. Damit wir alle SOLIDARISCH GENIESSEN können. Astrid starb an Krebs.
Marga Marlein Mees
(17.04.1930 Cuxhaven - 25.01.2011 Berlin)
80 Jahre, Anwaltssekretärin
Die Rollen ihres Lebens:
Offizierstochter, "Stubenälteste" im Geschwisterkreis, Gründungsmitglied im Freundinnenzirkel "Die LAMMARs", Ehefrau und Mutter, Schwester, Cousine und Patentante, Freundin, Berufstätige, Sportlerin und Rucksacktouristin, Konzertgängerin, Schauspielerin bei den "Herbstzeitlosen", Mitglied im Staatsbürgerinnen-Verband und Gärtnerin im Garten der Frauen.
Leben Stationen
1930 - 1937
Geboren als erstes von vier Kindern des Marineoffiziers Otto Stooß und seiner Frau, der Lehrerin Edda Stooß geboren. Kindheit in Cuxhaven, Flensburg und Kiel.
1937 - 1945
In Kiel Besuch der Volksschule. Im Jahr 1941 Verlust des Vaters bei einem Bombenangriff auf den Kreuzer "Prinz Eugen" im Hafen von Brest.
1945 - 1950
Umzug mit Mutter und Geschwistern nach Gütersloh; Aufnahme im Pfarrhaus von Pastor Paul Gronemeyer, einem Verwandten. Dort Besuch der weiterführenden Schule und Abitur.
1950 - 1962
Umzug zu den Großeltern nach Hamburg Besuch der Höheren Handelsschule. Arbeit als Anwaltsgehilfin in der Kanzlei Utescher.
1953 Verlobung mit dem Referendar Jürgen Mees. 1955 Heirat in Gütersloh. Bezug der ersten gemeinsamen Wohnung in Hamburg Nienstedten. 1958 Geburt des Sohnes Jan, zwei Jahre später Geburt des zweiten Sohnes Kay.
1962 - 1973
Umzug nach Hamburg-Wellingsbüttel. Betreuung der Kinder, während der Ehemann bei der Landeszentralbank Karriere macht. Gemeinsam mit dem Ehemann Aufstieg in die "Hamburger Gesellschaft".
1974 -1976
Wechsel des Ehemanns zur Düsseldorfer Industriekreditbank. Umzug der Familie nach Düsseldorf. Betreuung der Kinder.
1976 - 1990
Rückkehr nach Hamburg, um die schwerkranke Mutter zu pflegen. Im Jahr 1978 Scheidung auf eigenes Betreiben Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit als Büroleiterin eines Rechtsanwaltbüros. Engagement im Staatsbürgerinnenverband und im Seniorentheater "Die Herbstzeitlosen".
1990 - 2006
Ruhestand. Reisen mit Freundinnen und Familie. Weiterführung des Engagements bei Staatsbürgerinnen und im Seniorentheater. Mitarbeit im Garten der Frauen.
2006 - 2011
Umzug nach Berlin in die Nähe des älteren Sohnes. Zunächst noch eigenständige Lebensführung, ab 2009 bedingt durch Parkinson und einsetzende Demenz Unterbringung in einem Pflegeheim.
Lebensende im Hospiz Steglitz als letztes der vier Geschwister aus der Stooß-Familie.
Angelika Meinert-Gebhardt
(16.4.1951 - 28.11.2013) 62 Jahre,
kaufmännische Angestellte
Gertrud Meißner
(26.09.1911 - 20.12.2007)
96 Jahre, Sozialpädagogin
Vor 1945 als Jugendleiterin zunächst in Ausbildungsseminaren für Erzieherinnen, später als Sozialpädagogin in Kinderbetreuungsstätten tätig. Frau Meißner war überzeugt von dem Grundgedanken, dass jeder Mensch von seinen Anlagen her handlungs- und wesensbestimmt ist, und dass es gilt, die positiven Seiten der Veranlagung fördernd zu entwickeln. Dies versuchte sie allen ihr am Herzen liegenden Menschenschicksalen mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln und Kräften zeit ihres Lebens zukommen zu lassen.
Sie interessierte sich nachhaltig für Menschen mit sozial ungünstigen Ausgangspositionen und versuchte, deren Schicksale positiv zu beeinflussen. Beispielhaft dafür sind ihre Pflege- und Adoptivkinder, im hohen Alter noch die Unterstützung einer bosnischen Flüchtlingsfamilie.
Ein Grundgedanke ihres Wirkens wird durch den von ihr gewählten Spruch bestimmt: "Ich bin nie dem Glück hinterher gerannt - das Glück kam immer zu mir." Für Gertrud Meißner war das Menschliche das Wesentliche im Leben das Glück, einander zu begegnen, Freude zu bereiten und Hilfe zu geben, wo es für sie geboten schien. "Alles wirkliche Leben ist Begegnung" zitierte sie 2005 in einem Jahresrückblick.
Käthe Menzl
(01.10.1909 - 07.11.2002) 93 Jahre, Einzelhandelskauffrau

Photo: Privat
Gerda Merten
(15.2.1941 Südlohn - 15.12.2021 Hamburg)
80 Jahre, Schuhfachverkäuferin, Verlagsangestellte, Aktivistin, Feministin, Mutter und vieles mehr…
Ihre Mutter war Hausfrau, ihr Vater Knecht in einem Betrieb. Später hat er in der Chemieindustrie gearbeitet. Gerda hatte zwei Brüder.

Ihre Eltern waren streng katholisch. Nach den durchlittenen Kriegserfahrungen zeigten Gerdas Brüder ein ängstliches Verhalten. Sie aber hatte keine Angst. Sie war ein ausgelassenes und wildes Kind. Mit ihrem Vater ging ist sie gerne spazieren; wenn auch selten. Er war eher ein stiller Mensch.
Jenseits der häuslichen Enge fand sie Freiräume bei ihren Freundinnen. Sie trieb viel
Sport, spielte Faustball, auch Turniere. Ihr Trainer erzählte ihr, was der Pfarrer am Sonntag von der Kanzel gepredigt hatte, damit sie am Wochenende heimlich spielen konnte.

Als Kind wollte sie gern in einem Verlag arbeiten und Texte verfassen. Sie las gerne die Zeitung die ihre Eltern abonniert hatten. Besonders interessierten sie die Kurzgeschichten und politischen Artikel.
Sie wäre gern auf die höhere Schule gegangen, auch ihr Lehrer befürwortete dies. Gerdas Eltern aber waren dagegen. Sie sollte nichts Intellektuelles machen und würde das als Frau bereuen. Sie sollte lieber Fleisch verkaufen.

1955, mit 14 Jahren, begann sie ihre Ausbildung zur Schuhfachverkäuferin. Hier hat sie den Männern gern die feinen Schuhe angedreht. Dazu äußerte sie einmal: "Ich habe es ausgenutzt, wie dumm die Kerle waren, und habe ihnen insbesondere die prämierten Schuhe verkauft. Ich habe ihnen Dinge gesagt wie: ‚Das macht einen schlanken Fuß.'"

Ich habe sie gefragt, welchen Traum sie damals hatte. Sie antwortete: "Ich wollte nie so enden wie meine Eltern."
1959 arbeitete sie in Marl, der nächsten Stadt, in der Druckerei und war für die Druckvorlagen zuständig. 1963 zog sie nach Münster. Dort lernte hat sie Doris kennen. Gemeinsam zogen sie 1964 nach Stuttgart. Hier arbeitete Gerda als Verkäuferin bei der Firma Breuniger. Das war eine schöne Zeit. Sie wohnte in einer WG für die Verkäuferinnen, 5 Frauen waren sie. Gerda fuhr zum ersten Mal Ski, trieb mit ihren Freundinnen Leichtathletik. Es gab schicke Klamotten.

1967 lernte sie beim Skifahren ihren zukünftigen Ehemann kennen. Ein Jahr später, 1968, heirateten sie. Im selben Jahr wurde Alexandra geboren.
Die Zeit der Schwangerschaft empfand Gerda als schrecklich. Sie hatte immer auf ihre Figur geachtet. Aber das Kind, sagte sie, mochte sie gerne. Nach Alexandras Geburt arbeitete sie in Teilzeit, an Samstagen.

Wie war Gerda als Mutter? Alexandra, Du hast ohne zu zögern gesagt: "Lieb." Du hast erzählt, dass Ihr viel spazieren wart. Das brauchte Gerda damals, um den Kopf freizukriegen.
1972 sind Alexandra und Gerda ausgezogen. 1974 kam es zur Scheidung. Nach der Scheidung musste Gerda wieder erwerbstätig werden. Sie arbeitete in Vollzeit als Chefsekretärin beim Klett-Verlag. Unter anderem, weil der Verlag einen betriebseigenen Kindergarten hatte. Alexandra war aber nicht glücklich dort.

Welche Alternativen gab es? Die meisten Kindergärten waren konfessionell ausgerichtet. Wie viele erwerbstätige Frauen brauchte auch Gerda flexiblere Kindergarten-Öffnungszeiten. Gerda schloss sich einer Elterninitiative an. Gemeinsam besetzten die Eltern eine Villa und gründeten dort einen autonomen Kinderladen, Stuttgarts ersten Kinderladen "die Etzelstrasse". Später hat sich Gerda dafür eingesetzt, dass die Kinder in derselben Schule eingeschult wurden.

In dieser Zeit sind Gerda und Alexandra oft umgezogen. Zeitweise wohnten sie in einer WG. Es war ein eher buntes Leben. Drogenexperimente oder ähnliches gab es nicht bei Gerda. Sie hat immer geschaut, dass es ihrer Tochter gut ging. Sie wollte eine Grundstabilität für ihre Familie, auch wenn sie dafür die eigenen Bedürfnisse hintangestellt hat.
Auf der Suche nach Gleichgesinnten stieß sie auf das Frauenzentrum. Sie beteiligte sich dort in einer Frauengruppe, die sich für die Abschaffung des Paragraphen §218 einsetzte. Sie organisierte unter anderem Fahrten nach Holland, wo Abtreibung gesetzlich erlaubt war und begleitete Frauen zur Abtreibung dorthin.
Im Frauenzentrum engagierten sich die Frauen auch in der Jugendarbeit und betreuten Mädchen, die "auf der Straße" lebten. Diese Arbeit war sehr wichtig für Gerda.

Über die politische Arbeit in Stuttgart lernte sie Rainer kennen. Sie brachten gemeinsam und mit anderen eine linke Stadtteilzeitung heraus.

1978 zogen Gerda, Rainer und Alexandra in den Norden; dies aus verschiedenen Gründen: einmal wegen der vorherrschenden politischen Stimmung, aber auch, weil Gerdas das Klima in Stuttgart gesundheitlich nicht gut tat.. Außerdem wollte sie eine passende Schule für Alexandra finden.
Eigentlich wollten sie kommunal wohnen, aber im Norden war das nicht so einfach. Gelandet sind sie in Südbäke, einem kleinen Ort in der Nähe von Rastede bei Oldenburg. Dort renovierten sie ein altes Bauernhaus. Aber Gerda wusste bald, dass sie dort nicht wohnen wollte. So zogen sie nach Rastede.

Es war die Zeit der Ostermärsche und der Castor-Transporte. Mitte der 1980er Jahre waren Gerda und Rainer an der Gründungsphase der Grünen beteiligt, sie haben den Ortsverband der Grünen mitbegründet. Bei den Grünen war Gerda in der Landesarbeitsgemeinschaft Frauen aktiv.

In Oldenburg arbeitete sie in der Anzeigenabteilung und im Vertrieb des Oldenburger Wochenblatts. Mit den Jahren wurde sie, das hat sie stolz erzählt, stellvertretende Verlagschefin - und kündigte wohl auch die eine oder andere politische Veranstaltung im Blatt mit an.

Als Alexandra in der 11. Klasse die Schule verließ, hat Gerda dies akzeptiert. "Du musst damit leben," sagte sie. Aber es war ihr wichtig, dass ihre Tochter eine Ausbildung machte. Auch wenn sie mit der Ausbildung zur Krankenschwester nicht so zufrieden war.
Auch für Gerda begann in dieser Zeit ein neuer Lebensabschnitt: Sie zog in eine eigene Wohnung. Und sie trat der "SAFIA e.V. - Lesben gestalten ihr Alter" bei. Dort hat sie sich weiter frauenpolitisch engagiert, hat mit geplant und organisiert, vom Sommerfest bis zum Verbandstreffen.
Als der Verlag nach Bremen zog, ging sie mit. Durch ihre Tätigkeit am SAFIA hatte sie immer ein Netzwerk, kannte überall Frauen und fand sich gut zurecht.
1997 erkrankte Gerda an Krebs, Unterleibskrebs. Sie überstand die Krankheit.

2002 ging sie in Frührente und zog nach Hamburg in Alexandras Wohnung, die zu der Zeit in den USA war. Die Wohnung im vierten Stock mochte sie sehr. Sie blieb dort, bis vor wenigen Jahren. Hamburg mochte sie: Auch hier hatte sie Kontakt zu den Frauengruppen. Sie hatte zuhause immer viel Besuch.

Mit zunehmendem Alter wurde ihre parteipolitische Arbeit weniger. Es blieben aber die sozialen Kontakte bei der SAFIA. Was mochte sie an dem Verein, an den Kontakten dort? Sie sagte, es gab etwas sehr Verbindendes, die Frauen hatten ähnliche Erfahrungen und Muster der Unterdrückung erlebt.

In Hamburg ist sie jeden Tag nach Blankenese und zurückgelaufen. Sie mochte es, an der Elbe zu sein, die Menschen zu beobachten und sich einen Kaffee zu holen.

In ihrer Freizeit las sie viel: Zeitung und Sachbücher, Frauenbiografien. Wenn sie sich wohlfühlte, spielte sie leidenschaftlich gern Doppelkopf, bis nachts um zwei Uhr.
Gerda mochte das Reisen: mit Freundinnen war sie zum Wandern und Meditieren auf Mallorca und Korsika. Sie konnte aber auch gut für sich allein sein.

2016 wurde sie am Herzen operiert. Von da wurde das Leben beschwerlicher. Es stellte sich eine zunehmende Grundunsicherheit ein: Gerda stürzte mehrfach.
Sie zog nach Bahrenfeld, in eine seniorenfreundlichere Wohnung. 2020 erlitt sie einen Oberschenkelhalsbruch. Zuhause ging es nun nicht mehr. Im folgenden Sommer zog sie ins Pflegeheim. Es war ein schwerer Schritt für sie. Zuhause, da war noch etwas Autonomie gewesen. Im Heim hatte sie aber viel Besuch. Täglich war jemand bei ihr. Es gab einen festen Stamm an Freundinnen. In dieser Zeit ließ Gerdas Lebenslust nach.
In ihren letzten Tagen fiel dann der Fokus auf all die Unstimmigkeiten und Schwierigkeiten im Alltag weg, und es kehrte mehr Ruhe in den Alltag ein.

Wenn wir uns Gerda vorstellen, dann als jemanden, die selbst gesagt hat: "Ich kann das nicht, ohne aktiv zu sein." Die ihre Kraft bei sich gefunden hat: Der Ruhepol war sie selbst. Sie war sich selbst genug.
Sie war eine Frau mit Haltung, die selbst in ihren politisch aktivsten Zeiten gut angezogen war. Sie äußerte: "Dennoch war ich immer seriös gekleidet, in einer Bluse." Schuhe waren ihr wichtig. Sie hatte nicht viele, aber gute Schuhe.
Sie war seit ihrer Kindheit an Politik interessiert. Die parteipolitische Arbeit war ihr teilweise nicht radikal genug. "Ich wollte an die Wurzel. Das ging im Frauenzentrum, wenn die Frauen mit Erleichterung aus Holland zurückgekehrt sind. Die Wurzel war im Frauenzentrum."
Sie war eine resolute Streiterin, konnte eine andere Meinung annehmen, ließ diese aber dann stehen. Sie war sehr final mit allen Konsequenzen.

Ihre Kontaktpflege lief über die Frauengruppen. In der Vereinsarbeit sorgte sie für viel Struktur, war rege in der Diskussion und sehr präsent.
Meldete sie sich nicht bei ihren Freundinnen, dann wusste man, dass es ihr gut geht.
Wenn sie zuletzt nicht so gern Besuch empfangen wollte, dann auch deshalb, weil sie nicht hilfsbedürftig erscheinen wollte.
Sie war eine starke Person. Sie konnte aber auch emotional sein.
Zu den besonderen Momenten in ihrem Leben gehörten ihre Wanderungen an der Elbe. Sie sagte: "Da waren wir stundenlang unterwegs. Da hatte ich Glücksgefühle."
Sie stellte sich in den letzten Jahren immer wieder auf neue Einschränkungen ein. Haderte sie mit sich, dann äußerte sie dies nicht immer.
Es hat sie zuletzt entlastet, zu wissen, dass ihre Tochter nicht allein ist.
Sie hatte keine Angst vor dem Tod.
Sie war stolz auf ihre Tochter.
Auf das, was sie im Leben geschafft hat.
Auszug aus der Trauerrede von Louise Brown,
Trauerrednerin aus Hamburg

Meine Mutter hat selbstbestimmt ihr bewegtes Leben, in Ruhe und Konzentration, mit Unterstützung der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben, in meiner Begleitung, am 15.12.2021, beendet.
Gerda, ruhe in Frieden du starke, tolle und stolze Frau!
Dagmar Bettina Meyer
(17.08.1955 - 24.03.2011) 55 Jahre, wissenschaftliche Angestellte der Freien und Hansestadt Hamburg
Ein ausführliche Biografie von Dagmar Bettina Meyer ist im Bereich Frauen aus Politik, Bildung und Soziales zu finden.
Margret Meyer
(07.08.1939 - 14.12.2014) 75 Jahre, Lehrerin
Elisabeth Mitzlaff
(16.5.1915 - 6.6.2014)
99 Jahre, Schauspielerin unter dem Künstlerinnennamen Elisabeth Vehlbehr
Sie spielte unter Gründgens am Hamburgermeyer Schauspielhaus. Heirat 1953 mit dem Architeken Hans Mitzlaff (1910-1997) in Mannheim. Ein Sohn. Spielte auch noch in Mannheim Theater am Nationaltheater so in dem Stück "Hedda Gabler" 1960.
Marina Mücke
(28.1.1954-10.9.2019) 65 Jahre alt, Lehrerin für Pflegeberufe
Karin Müller
(20.11.1948 - 20.12.2022) 74 Jahre alt, Oberstudienrätin
Erna Nahrwold
(28.9.1917 Westerhorn/Krs. Pinneberg - 19.3.2014 Bad Krozingen/Breisgau) 96 Jahre alt, Bankangestellte
Dora Nauth
(10.08.1923 - 30.06.2012) 88 Jahre, Verwaltungsangestellte
Sabine Niemeyer
(06.01.1944 Hameln - 31.10.2000 Celle)
56 Jahre, Diplom-Bibliothekarin
Sabine Niemeyer war die älteste der drei Töchter von Joachim und Hildegard Niemeyer. Die Familie kehrte 1949 nach Hamburg zurück, wo Sabine 1964 das Abitur machte und nach dem Studium des Bibliothekswesens ab 1967 als Diplom-Bibliothekarin in Nordhorn, Rendsburg und Celle arbeitete. Ein Studium der Geschichte konnte sie wegen der Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes nicht abschließen. Von Geburt an litt sie an einem inoperablen Hirntumor, von dem sie seit ihrem 10. Lebensjahr wusste und mit dessen Folgen sie leben musste. Dies hat weder ihr berufliches Engagement noch ihre Zuwendung zur Familie und dem großen Freundeskreis eingeschränkt. Sie verfolgte musische (Tanzen), wissenschaftliche (Gender-Studies) und literarische (Fontane) Interessen. Sabine starb an den Folgen einer zuletzt unausweichlichen Operation.
Rita Osenbrügge-Grieger
(12.10.1040 - 19.2.2018) 77 Jahre, Lehrerin
Marianne Luise Johanna Papke
(23. August 1927 in Stettin - 21. Juni 2023 in Hamburg)
95 Jahre, Krankenschwester/Oberin
Im Mittelpunkt ihres Berufslebens stand die Weiterentwicklung der professionellen Krankenpflege, gegründet in ihrem christlichen Glauben, der die Nächstenliebe in den Mittelpunkt stellt.
Ihre Kindheit und Jugend verlebte Marianne Papke in Stettin. Sie überstand den Krieg und die Flucht nach Flensburg. Im Herbst 1945 gelang es ihr, einen Ausbildungsplatz in der Krankenpflege in Hamburg zu finden.
Nach dem Examen führte ihr Weg sie über Kliniken in Bad Nauheim und Plettenberg nach Berlin. Dort leistete sie in den Sechzigerjahren Pionierarbeit beim Aufbau der stationären Pflege im neuen Universitätsklinikum Berlin-Steglitz, dem heutigen "Charité Campus Benjamin Franklin".
Marianne Papkes Denken und Handeln konzentrierte sich auf die Unterstützung des kranken Menschen sowie die Entwicklung und Förderung des Pflegeberufes. Mit Herzblut engagierte sie sich schon früh für die Entwicklung der palliativen Pflege im Klinikalltag. Um von den Erfahrungen anderer zu lernen, wandte sie sich an die Londoner Klinik von Cicely Saunders, der Begründerin der modernen Hospizbewegung. Damit nahm sie bereits in den Sechzigerjahren voraus, was erst viele Jahre später mit der Gründung von Hospiz-Einrichtungen in Deutschland Eingang ins allgemeine gesellschaftliche Bewusstsein fand. Als gläubige Christin war Marianne Papke die spirituelle Dimension der Pflege sterbender Menschen besonders wichtig.
Infolge der Entwicklung neuer Mitbestimmungsmodelle im Zuge der 68er-Bewegung geriet sie immer häufiger in Konflikte mit inkompetenten Entscheidungsgremien in der Klinik. Aus diesem Grund wechselte sie 1974 als Oberin an das Krankenhaus Hagen-Haspe in Westfalen. In den Achtzigerjahren erkrankte sie an Krebs und schied vorzeitig aus dem Berufsleben aus. Zusammen mit ihrer Freundin Gisela Knopp zog sie nach Hamburg.
Neben ihrer beruflichen Tätigkeit nahm das Interesse am aktuellen politischen Geschehen viel Raum in Marianne Papkes Leben ein. Die Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten hatte sie früh gelehrt, wie wichtig ein offener, vorurteilsfreier Meinungsaustausch mit anderen Menschen ist.
Nach dem Tod ihrer Freundin wechselte sie 2007 in das Altenheim "Hospital zum Heiligen Geist" in Poppenbüttel. Intensiv pflegte Marianne Papke auch im hohen Alter noch ihre Freundschaften zu Menschen aus verschiedenen Lebensphasen. Zudem liebte sie die Musik, häufig besuchte sie Konzerte, Ballett- und Theateraufführungen. Auch der sonntägliche Gottesdienst und das regelmäßige Gebet gehörten zu ihrem Leben.

Mit diesen Worten begrüßte Marianne Papke jeden neuen Tag:
Jeder Tag der erste. Jeder Tag ein Leben. Jeden Morgen soll die Schale unseres Lebens hingehalten werden, um aufzunehmen, zu tragen und zurückzugeben.
Leer hinhalten, denn was vorher war, soll sich nur spiegeln in ihrer Klarheit, ihrer Form, ihrer Weite.
(Dag Hammarskjöld)
Wanda Paulmann
(7.6.1914 Michelau (Michaelowo, Polen) -11.1.2015)
100 Jahre, Lehrerin
Wanda Paulmann war lange Jahre Ehrenvorsitzende der Mehrgenerationeninitiative Natissis e.V. Diese Initiative versteht sich als " Interaktion aller Generationen, gibt Rat und Hilfe für Senioren und ist Ausgangspunkt für vielerlei Aktivitäten. (…) Zum Arbeitsgebiet gehört die Förderung der Potentiale älterer Menschen, Nutzung deren Erfahrungen für die folgenden Generationen, die Schaffung und Förderung von Selbsthilfegruppen, Durchführung von generationsübergreifenden Begegnungen und Seminaren, Freizeit- und Bildungsprogrammen, Begegnung und Interaktion zwischen den Generationen.
Außerdem gehört zum Arbeitsgebiet die Pflege der Heimatkunde, Geschichte und Kultur von Senioren, die aus den heutigen Staaten Osteuropas stammen, Vermittlung kultureller Begegnungen zwischen deutschen und osteuropäischen Senioren als Beitrag der Völkerverständigung und Aufarbeitung traumatischer Erlebnisse, Förderung der Verständigung der Bundesrepublik Deutschland mit den Staaten Osteuropas, Unterstützung bedürftiger Senioren und Kindern in Staaten Osteuropas." 1)
Als Wanda Paulmann starb, schrieb Frank-Rainer Seelert in der Vereinszeitschrift Natissis einen Nachruf auf sie. Darin heißt es: "Nach dem 1. Weltkrieg wurde [Wanda Paulmanns] Heimatstadt polnisch, Frau Paulmann wuchs daher zweisprachig auf und es war für sie völlig normal, dass sie sowohl deutsche als auch polnische Freunde hatte und das ihr ganzes Leben lang. Jung verheiratet zog sie in die Großstadt Bromberg (polnisch Bydgoszcz), wo ihr Ehemann eine Möbelfabrik betrieb.
Schon früh erkannte sie ihre Berufung für den Lehrerberuf und hatte verschiedene Arbeitsstellen, u.a. auf dem Gut Mattern bei Danzig und nach dem Krieg im Kreis Göttingen. Auch war Frau Paulmann vereidigte Dolmetscherin der polnischen Sprache.
Frau Wanda Paulmann zog es sehr früh in ihre alte Heimat nach Brodnica/Strasburg. Aber sie kam nicht als ‚normale' Touristin. Sie pflegte ihre Freundschaften, knüpfte Kontakte zur Stadt Brodnica und baute Brücken der Freundschaft zwischen Deutschen und Polen. So war sie ‚Architektin' einer Schulpartnerschaft und erteilte ehrenamtlich an einem Liceum in Brodnica Fremdsprachenunterricht in der deutschen Sprache. Für ihre Verdienste wurde sie offiziell Ehrenbotschafterin der Stadt Brodnica. Sie war in Brodnica eine hoch verehrte Persönlichkeit, wurde zu offiziellen Anlässen eingeladen und feierte ihre Geburtstage oft in großer Runde im Anna-Wasa-Palast in ihrer Heimatstadt.
1999 war Frau Paulmann Teilnehmerin der ersten ‚Bromberger Ostertage' und von Anfang an bestimmte sie maßgeblich das Reise- und Kulturprogramm der ‚Bromberger Kulturvereinigung'. Frau Paulmann wurde Ehrenvorsitzende der ‚Bromberger Kulturvereinigung', aus der die ‚Mehrgenerationeninitiative Natissis' wurde. Es war eine sehr schöne Tradition, dass sehr viele Kulturveranstaltungen mit einer Tasse Kaffee bei ihr in Braunschweig endeten. Als sie in die Seniorenresidenz Amarita nach Hamburg umzog blieb der Kontakt natürlich erhalten. Auch wenn sie selbst nicht mehr an den Kulturreisen teilnehmen konnte wirkte sie mit Vorschlägen weiter intensiv mit und noch oft gab sie mir den Auftrag Grüße in Brodnica zu übermitteln oder Kerzen auf die Gräber ihrer polnischen Freundinnen zu stellen. Noch zweimal zog sie innerhalb Hamburgs um. Das letzte Mal im Alter von 100 Jahren. (…)." 2)
Quelle:
1) homepage natissis.de
2) Frank-Rainer Seelert: Nachruf auf Wanda Paulmann, ebd.
Gisela Petersen
(06.04.1945 Bassum - 27.04.2013 Hamburg)
68 Jahre, Heilpädagogin
Gisela Petersen war eine kämpferische Frau. Der Umweltschutz, Gerechtigkeit und das soziale Miteinander lagen ihr am Herzen. Sie engagierte sich in der Anti-AKW-Bewegung, in Eine-Welt-Läden, in der ev. Kirche, bei den Grünen, in der DLRG und bei Attac und lebte ihre Überzeugungen auch im Alltag. Weiterhin war sie Mitglied des Reinickendorfer Bezirksparlamentes.
Nach Kindheit und Jugend in Hamburg-Bahrenfeld arbeitete sie zunächst als Krankenschwester und Heilpädagogin in Krankenhäusern und dann in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen. Ihre beiden Söhne zog sie als alleinziehende Mutter in Berlin-Tegelort auf, wo sie in der Gemeinde den ersten "Eine-Welt-Laden" aufbaute.
Sie war eine aktive Schwimmern und Radfahrerin; am liebsten urlaubte sie auf Sylt. 2002 zog sie nach Hamburg zurück. Sie lebte zuletzt in dem von ihr mitinitiierten Wohnprojekt "autofreies Wohnen" in Barmbek. Sie verstarb nach längerer Krankheit 2013 an Krebs.
Tita Peuker
(15.2.1934 - 4.12.2023) 89 Jahre, Redakteurin
Helga Pilarczyk
Opernsängerin
12.3.1925 Schöningen - 15.9.2011 Hamburg
Ursprünglich wollte Helga Pilarczyk Pianistin werden und nahm Klavierunterricht am Konservatorium Braunschweig. Sie setzte ihre Klavierstudien an der Hamburger Hochschule für Musik fort, gleichzeitig studierte sie Gesang in Braunschweig und Hamburg und ließ sich in rhythmischem Tanz ausbilden.
1951 gab sie ihr Debüt als Opernsängerin am Staatstheater in Braunschweig. und war dort bis 1954 festes Ensemblemitglied. Mit der Spielzeit 1954/1955 wechselte sie als Dramatischer Sopran zur Hamburgischen Staatsoper. Dort war sie bis einschließlich der Spielzeit 1966/1967 fest engagiert.
Helga Pilarczyk sang in Hamburg fast alle wichtigen Fachpartien und entwickelte sich zur führenden Interpretin Moderner Musik, insbesondere der Zwölftonmusik des 20. Jahrhunderts.
Ihre Glanzrollen, mit denen sie auch international erfolgreich gastierte, waren vor allen anderen die Marie in Wozzeck und die Titelrolle in Lulu von Alban Berg. Außerdem gehörten das Monodrama Erwartung und der Gedichtzyklus Pierrot Lunaire von Arnold Schönberg zu ihren wichtigsten Gesangsstücken.
Helga Pilarczyk hatte Gastverträge am Opernhaus Zürich (1955-1958), an der Deutschen Oper Berlin (1956-1960) und ab 1964 auch an der Deutschen Oper am Rhein. Sie trat an der Covent Garden Opera in London, beim Holland Festival, beim Maggio Musicale in Florenz, beim Glyndebourne Festival, an der Washington Opera, an der Mailänder Scala, bei der Musik-Biennale in Zagreb, bei den Wiener Festwochen, an der Lyric Opera in Chicago und an der Metropolitan Opera in New York auf.
1967 zog sie sich aus familiären Gründen weitgehend von der Opernbühne zurück, um sich der Erziehung ihrer Kinder zu widmen. Fortan trat sie nur noch selten auf, so 1969 an der Kölner Oper, 1982 am Theater in Bremen und am Théatre du Chatelet in Paris. 1988 war sie in Hamburg und London in Arnold Schönbergs Oratorium Die Jakobsleiter zu hören. Ab 1975 nahm Helga Pilarczyk Lehraufträge wahr und unterrichtete kontinuierlich.
Für ihre musikalischen Verdienste wurde Helga Pilarczyk in Hamburg zur Kammersängerin ernannt.
Rosamunde Pietsch
Bildquelle: Polizei Hamburg
Leiterin der weiblichen Schutzpolizei Hamburg, Polizeihauptkommissarin
2.2.1915 - 18.5.2016
Johannes-Brahms-Platz 1
Kirchenallee Polizeirevier
Eine der ersten Polizistinnen der "weiblichen Polizei" war Rosamunde Pietsch. Als 1945 der erste Lehrgang für die neu einzurichtende Abteilung der uniformierten weiblichen Schutzpolizei einberufen wurde, gehörte sie dazu.
Die Polizeiabteilung "weibliche Schutzpolizei", die 1945 auf Intervention der britischen Militärregierung eingerichtet worden war, hatte damals ihren Sitz im 9. Stock das DAG-Hauses am Johannes-Brahms- Platz 1. Dort residierte damals die Innenbehörde.
Die Leitung der "weiblichen Schutzpolizei" übernahm Miss Sofie Alloway. Die nach dem Vorbild von Scotland Yard geführte "Weibliche
Schutzpolizei" hatte ihre Aufgabengebiete im Jugendschutz, in der Gefahrenabwehr für Minderjährige, in der Ahndung von Sittlichkeitsdelikten und in der Verfolgung von Straftaten Jugendlicher unter vierzehn Jahren sowie Straftaten von Frauen.
"Rosamunde Pietsch wollte wie ihr Vater zur Polizei gehen. Ihr Ausbildungswunsch blieb unerfüllt, weil der Vater als SPD-Mitglied nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 seinen Beruf verlor und nur eine kleine Pension erhielt, die für eine Familie mit drei Kindern nicht ausreichte. Außerdem wurde er 1934 auch noch von den Nazis verhaftet. Die Mutter ging Reinemachen und auch Rosamunde, als älteste Tochter, musste mitverdienen. Sie arbeitete als Hausgehilfin in verschiedenen Stellungen und während des Zweiten Weltkrieges in einer Munitionsfabrik, dem Hanseatischen Kettenwerk.
Der Vater war, fast 60jährig, gegen Kriegsende noch zur Wehrmacht einberufen worden. Als Unbelasteter wurde er nach der Befreiung vom Nationalsozialismus sofort aus Dänemark zurückgeholt, um in Hamburg beim Aufbau der deutschen Polizei mitzuhelfen. Dadurch erfuhr Rosamunde, dass die Engländer eine weibliche Schutzpolizei nach englischem Muster einrichten wollten. Bereits im August 1945 konnte sie sich zur Ausbildung melden. Für die Bewerbung gab es keine Altersgrenzen. Die einzige Bedingung war, vom Nationalsozialismus "unbelastet" zu sein und möglichst eine sozialfürsorgerische Ausbildung genossen zu haben. Rosamunde Pietsch hatte eine Ausbildung an einer Hauswirtschaftlichen Frauenfachschule absolviert.Als Aufgaben für die weibliche Schutzpolizei war vor allem der Schutz von Kindern und Jugendlichen vorgesehen, dazu gehörte das Aufgreifen umhertreibender Jugendlicher und die Untersuchung von festgenommenen Frauen.
Seit 1927 gab es in Hamburg eine kleine Zahl von Kriminalbeamtinnen, die nach 1945 weiter im Amt blieben. Eine von ihnen übernahm nun die Auswahl von 30 Anwärterinnen für die weibliche Schutzpolizei. Viele der Ausbildungsbewerberinnen hatten sich gemeldet, um ein Dach über den Kopf und eine warme Mahlzeit zu bekommen. Es waren Flüchtlinge aus dem Rheinland und Krankenschwestern, die aus irgendwelchen Lazaretten kamen. Ihnen gegenüber hatte Frau Pietsch als Hamburgerin durch die Anbindung an ihre Familie gewisse Vorteile.
Am 25. Oktober traten die 30 Frauen auf dem Kasernenhof Zeisestraße in Altona zur Einberufung an. Jede erhielt ihren Namen mit einer Sicherheitsnadel angeheftet. Der englische Oberst musterte alle von Kopf bis Fuß; es ging zu wie beim Militär. Die Polizeischülerinnen mussten die Kleidung selbst mitbringen: Baskenmütze, Trainingshose, Schuhe und Handschuhe. Die Frauengruppe war in einem wiederaufgebauten Kasernenblock untergebracht, in dem es feucht und kalt war; Wolldecken für die Betten gab es nicht. Unter den 300 Anwärtern waren die 30 Frauen in der Minderzahl. Sie erhielten die gleiche Ausbildung wie die Männer. Es gab keine reinen Frauenklassen; je 5 Schülerinnen wurden einer Klasse zugeteilt. In acht Wochen lernten sie das Wichtigste über Festnahme, Inverwahrnahme, Strafprozeßordnung, Anordnung einer Untersuchung. (…)
Nach Beendigung des Lehrgangs wurden je zwei der Polizistinnen einer Revierwache zugeteilt. Untergebracht warehn sie zunächst bei der weiblichen Kriminalpolizei auf der Drehbahn, später zogen die Schutzpolizistinnen um in die Kirchenallee. Zuerst wurden sie in Zivil eingesetzt, bis im November 1946 die Uniformen ankamen. (…)
Das Einsatzgebiet von Frau Pietsch war die Umgebung des Hauptbahnhofs mit den verschiedenen Bunkern (…). Besonders berüchtigt war die Jahnhalle, eine große Turnhalle, die sich dort befand, wo heute die Busse abfahren. Mitten durch die Halle führte eine ‚Wolldeckenallee': an aufgespannten Wäscheleinen hingen Betttücher und Wolldecken, dahinter lebten Familien, ebenfalls durch Decken voneinander abgetrennt. Wenn Personen wegen Haftbefehls gesucht wurden, mussten immer zuerst die Bunker durchgekämmt, die Ausweise kontrolliert werden, nachts mit Taschenlampen. Morgens saßen die beiden Polizistinnen zusammen mit ihren männlichen Kollegen in der Revierwache am langen Tresen, dann kamen auch schon Bunkerinsassen, barfuß, eine Wolldecke umgehängt, und erstatteten Anzeige darüber, was man ihnen in der Nacht gestohlen hatte.
Die Lokale am Hauptbahnhof, Reichshof, Europäischer Hof, waren unbeschädigt und von den Engländern besetzt. Davor fanden sich von frühmorgens an Scharen von Kindern ein, die die Engländer anbettelten, Kippen sammelten, um zu Hause den Tabak herauszunehmen und auf dem Schwarzmarkt zu bringen. Die Engländer wiesen die Polizei an, diese Belästigung abzuschaffen. Ja, aber wie? Als die Polizistinnen noch keine Uniform hatten, kam es immer wieder zu großen Aufläufen, wenn sie ein Kind erwischt hatten und dieses wie am Spieß schrie. Bis sie dann ihren Ausweis hervorgekramt hatten, war das Kind entwischt. (…)
Ähnlich war es beim Kohlenklau. Man wusste, dass die Kohlenzüge über Tiefstaak durch den Hamburger Hauptbahnhof fuhren. Da standen dann überall strafunmündige Kinder, von ihren Eltern geschickt, um für die Familie zu sammeln. Wie war da dem Befehl zur Verhinderung des Kohlediebstahls nachzukommen? In Gewissenskonflikte kamen die Polizistinnen ebenfalls bei der Jagd auf Hamstergut. Frau Pietsch empfand es als reine Schikane, wenn sie zusehen mussten, wie die Engländer ‚das in die Elbe schütteten'. Obendrein wurde die deutsche Polizei von ihren Landsleuten beschimpft.
52 Wochenstunden arbeiteten die Polizistinnen. Zum Streifendienst mussten sie sich beim Wachhabenden melden und wurden dann eingeteilt: Kinder und Jugendliche aufgreifen und zur Wache bringen. Nach zwei Stunden meldeten sie sich zurück, zogen schnell Zivilkleider an, um den Kriminalbeamtinnen zu helfen. Meist ging es um kleine Kriminalfälle in den Laubenkolonien: Apfelklau, Holzklau (…). Danach hetzten sie wieder zur Wache, wieder zwei Stunden Streife (…). Dazu kam schichtweise eine ganze Woche sehr anstrengender Nachtdienst von einem Sonntagabend bis zum nächsten; am Montag begann die Spätschicht um 16 Uhr. Die Schwerstarbeiterkarte, die Polizistinnen zustand, wies 50 gr Fleisch, 50 gr Butter, 100 gr Weißbrot auf. Zum Hunger kam der Mangel an Hygiene. Bei ihren Streifen durch die Lager fing sich Frau Pietsch Läuse, die sich ein einmal mit Petroleum loswurde.
Mit der britischen Militärregierung ergab sich eine besondere Art der Zusammenarbeit im Kampf gegen die Geschlechtskrankheiten. Den Polizistinnen fiel die Aufgabe zu, die bei den Razzien festgenommenen Frauen zur Untersuchung zu bringen. Eine Kollegin von Frau Pietsch wurde für mehrere Wochen verpflichtet, mit den Engländern Streife zu gehen. Sie fureh dann irgendwohin, z. B. vor die Staatsoper, griffen zehn bis fünfzehn Frauen auf und führten sie einfach ab zur Untersuchungsstelle Altona. Die Betroffenen protestierten und schimpften, beschimpften auch die deutsche Polizistin. Frau Pietsch erinnert sich daran, dass bei jeder Fuhre eine bis zwei Kranke waren. Die Gesunden wurden sofort wieder entlassen, mit den Kranken fuhren die Polizistinnen, in Begleitung der Engländer, ins Krankenhaus Ochsenzoll. Die deutschen Polizistinnen mussten auch hin und wieder bei der Besatzungsmacht arbeitende deutsche Zivilangestellte nach Schmuggelware - Kakao, Kaffee, Schinken (…) - durchsuchen. Und wieder wurden sie beschimpft.
Auch bei Schwarzmarktrazzien in den Zentren Talstraße, bremer Reihe, Eppendorfer Park, wurden Polizistinnen eingesetzt. Eine Kollegin von Frau Pietsch erhielt Disziplinarstrafe, weil sie einer weinenden Frau mit Kind das beschlagnahmte Päckchen Zigaretten wieder zurückgegeben hatte. All dieses war höchst unangenehm (…).
1948 wurde Frau Pietsch als einzige Frau zusammen mit 48 Männern für die höhere Beamtenlaufbahn ausgesucht. Die Ausbildung dauerte 5 Jahre. [1953 war Rosamunde Pietsch die einzige Frau, die als Kommissarin ausgebildet wurde. 1954 avancierte sie zur Leiterin der 45 Frauen starken "Weiblichen Schutzpolizei" und gründete 1961 die so genannte Jugendschutztruppe. Mit jeweils einem Erzieher brachten sie "Ausreißer" nach Hause und durchsuchten Lokale auf dem Kiez nach Jugendlichen. 1975 schied Polizeihauptkommissarin Rosamunde Pietsch, die seit 1933 bis zu ihrem Tod Mitglied der SPD war, aus dem Polizeidienst aus. Dreizehn Jahre später löste sich die "Weibliche Schutzpolizei" als eigene Dienststelle auf.]
Die erfolgreiche Arbeit der Polizistinnen in diesem Bereich war einer der Gründe für den Senatsbeschluss 1978, den Polizeidienst für Frauen in Hamburg vollständig zu öffnen.
Rückblickend lautete das Urteil von Rosamunde Pietsch: Die Polizistinnen haben die Vorstellung von der Polizei als rein männliche Institution verändert. Hamburg hat die weibliche Schutzpolizei beibehalten, weil sie gut war. Polizistinnen wussten besser mit eingelieferten betrunkenen, randalierenden Frauen umzugehen, haben sie nicht zusätzlich provoziert, wie Männer das gewohnt sin dzu tun. Frauen können auch ‚umhertreibende' Mädchen besser verstehen, verletzte Kinder einfühlender vernehmen. Was Frau Pietsch in den turbulenten Nachkriegsjahren gelernt hat, wies ihr die Richtung für ihre spätere Arbeit, die sie vor allem dem Jugendschutz gewidmet hat, verstehend, vorbeugend, helfend." 1)
Der "Weiblichen Schutzpolizei" waren Streifengänge mit männlichen Kollegen der Revierwachen verboten. Auch durften die Polizistinnen weder den Straßenverkehr regeln noch einen Streifenwagen fahren. Sie mussten ihren Dienst zu Fuß versehen, und es war ihnen nicht erlaubt, eine Waffe zu tragen, weil sie daran nicht ausgebildet wurden. Eine Änderung trat erst 1976 ein, nachdem sich eine Beamtin der Wache St. Pauli über die Vorschriften hinweggesetzt hatte: Bei einem Streifengang mit ihrem Kollegen hatte sie einen Streit zwischen drei - wie es damals hieß - "Südländern" und einem Taxifahrer beobachtet. Als ihr Kollege eingreifen wollte, zog einer der "Ausländer" eine Pistole. Erst der lautstarke Einsatz seiner Gummiknüppel schwingenden Kollegin rettete den Polizisten aus seiner Bedrängnis und bewirkte einen Antrag auf gleichberechtigte Ausbildung aller Polizistinnen an der Waffe. Doch nicht alle waren mit dieser Neuerung einverstanden.
Viele männliche Kollegen diskriminierten die an der Waffe ausgebildeten Polizistinnen als "Flintenweiber".
Quelle:
1) Werkstatt der Erinnerung (WdE)/Fst 42, Forschungsstelle für Zeitgeschichte Hamburg. Abgedruckt in: Inge Grolle: Frauen nach dem Krieg 1945-1950. Geschichte - Schauplatz Hamburg. Hamburg 1994, S. 40-41.
Erika Correa Pietzschke
(28.4.1928 - 1.3.2023) 94 Jahre, Therapeutisch Beratend Tätige
Helga Poelk
(27.5.1939-18.8.2016) 77 Jahre, Sekretärin
Christa Reichel
(25.8.1937-9.8.2019) 81 Jahre, Sekretärin
Theodore Reincke
(14.1.1956 - 17.9.2013) 57 Jahre, Hebamme, Mitbegründerin der Hebammenpraxis im Rosengarten
Theodore Reincke war von Beruf Hebamme und arbeitete u. a. im Hamburger Krankenhaus Elim. Dort lernte sie 1985 auch ihre Kollegin Sigrid Peeck kennen. Gemeinsam eröffneten sie 2003 in Nenndorf die "Hebammenpraxis im Rosengarten". Hier versorgte Theodore Reincke nicht nur werdende Mütter, sie gab auch Vorbereitungskurse für Frauen und Paare sowie Säuglingspflegekurse. Auch kümmerte sie sich um eine umfassende Betreuung nach der Geburt, wobei auch Frauen nach Tot- und Fehlgeburten diese Zuwendung erhalten konnten. Auch ihr Angebot für nach der Geburt war umfassend: Stillberatung, Rückbildungsgymnastik, aufbauende Beckenbodengymnastik, Ernährungsberatung, offene Babygruppe, Babymassage.
Renate Riechert
(2.8.1925 - 30.8.2021) 96 Jahre
Katharina Röpke
(29.12.1935 - 31.10.2012) 76 Jahre, Lehrerin
Ursula Rolfes
(1.6.1939 - 22.12.2019 ) 80 Jahre, kaufmännnische Angestellte
Susanne Rosenberg
(17.11.1966 - 16.08.2003) 36 Jahre, Beamtin
Gertrud Rossow
(08.11.1914 - 25.12.2011) 97 Jahre, Hausfrau
Gretel Ruegenberg
(25.5.1925 - 7.12.2023 ) 98 Jahre, Schneidermeisterin
Antje Ruhe
(05.04.1944 - 13.07.2015) 71 Jahre, Gemeindepädagogin im kirchlichen Dienst
Irene Samm
(15.2.1952 - 25.9.2023) 71 Jahre, Hausfrau
Hannelore-Maria Santl, gesch. Avci, geb. Knapp
(27.7.1943 - 14.7.2020 Budapest) 76 Jahre, Sachbearbeiterin Jugendamt Hamburg, ehemalige Vorsitzende des Landesfrauenrates Hamburg, ehemalige Vorsitzende des Verbandes binationaler Familien und Partnerschaften, Hamburg. Seit 1986 Trägerin der von der Messe "Du und Deine Welt" und dem Landesfrauenrat Hamburg bis 2015 vergebenen "Zitronenjette" für Frauen, die sich für die Gleichstellung der Frau eingesetzt haben.
Gerda Scheibner
(12.03.1919 - 05.06.2010) 91 Jahre, kaufm. Angestellte
Bärbel Scheidat
(10.10.1943 - 23.2.2017) 73 Jahre, Krankenschwester
Rede auf der Trauerfeier von Bärbel Scheidat am 1. April 2017 in Kapelle 10 auf dem Ohlsdorfer Friedhof
Liebe Bärbel, Du hast uns alle zu Deiner letzten Feier hier auf Erden eingeladen. Dafür danken wir Dir und sind auch gekommen, um Dich zu Deinem ewigen Plätzchen in den Garten der Frauen zu begleiten. Dorthin, wo einige unserer Mitglieder schon in Seeligkeit ruhen und wo viele von uns, die heute zu Deiner Feier gekommen sind, auch eines Tages zu Dir stoßen werden. Bis dahin versprechen wir Dir, Dich zu besuchen, Dein Plätzchen zu pflegen und zu hegen, so wie Du es mit anderen Freundinnen des Gartens der Frauen in den letzten Jahren auch für diejenigen getan hast, die dort schon sind.
Liebe Bärbel,
Neben Deiner so sehr geliebten Tochter Silke, Deiner Dir so sehr verbundenen Schwester Gesa, Deinen quasi Enkelkindern Rosa, Kasper und Laurien, von denen Du voller Freude erzählt hast und deren Kinderzeichnungen Du in Deiner Küche hängen hattest, sind noch viele andere Verwandte, Freundinnen und Freunde sowie Weggefährtinnen des Vereins Gartens der Frauen Deiner Einladung gefolgt und haben sich hier in Kapelle 10 versammelt, um mit Dir Deine letzte Feier hier oben auf Ohlsdorf zu begehen.
Dafür hast Du alles vorbereiten lassen. So wie es Deine Art war: Nichts dem Zufall, überlassen, alles Notwendige planen, organisieren, vorbereiten. Ganz Schwester Bärbel perfekt.
Du wolltest als Blumenschmuck Rosen haben. Dein Wunsch war aber nicht nur einfach Rosen. Nein, eine besondere Farbe sollten sie schon haben. Und so warst Du mit Deiner Tochter in der Osterstraße, in der Nähe Deiner Wohnung, und hast an einem dort gelegenen Blumenstand, diese bestimmten Rosen ausgesucht. Und es war auch Dein Wunsch, dass unsere bunten Kerzen Dein Fest erhellen und auf den Boden gestreute Rosenblüten Dein Fest schmücken.
Und natürlich hast Du nicht vergessen, dass auch Musik zu dieser Feier gehört und deshalb werden wir von Dir ausgewählte Titel hören, mit denen Dich viel verbindet. Aber damit noch nicht genug der Vorsorge und Planung für dieses Fest. Als Frau Westphal, die für Dich die Feier ausrichten sollte, zur Vorbesprechung kam, hast Du mit Deiner Tochter auch die Optik der Einladungskarten besprochen, die Gästeliste erstellen lassen und Dein Häuschen ausgesucht, formschön und elegant, in dem Du nun bist und mit uns Deine Feier begehen wirst.
Liebe Bärbel,
Wir sind unendlich traurig, dass Du nicht mehr so unter uns weilst, wie wir es gewohnt sind. Aber Du bist nicht völlig von uns weg. Du bist nur zeitlich ein wenig vor uns gegangen, dorthin, von dem wir nicht wissen, was da ist. Aber, was ich für mich ganz sicher weiß, einen Teil Deines ewigen Lebens hast Du in unserem Herzen, in unserer Erinnerung an Dich. Denn, so wie der Schriftsteller Thorton Wilder es einmal formuliert hat: Es gibt eine Brücke zwischen den Lebenden und den Toten und das ist die Liebe, die Freundschaft.

Musik: Goodbye to my mama
Liebe Bärbel,
Als ich Dich fragte, warum Du diesen Musiktitel für Deine Feier gewählt hast, kam als erste spontane Antwort, weil der Titel von Meryl Streep gesungen wurde, eine Schauspielerin, die Du sehr verehrt und deren künstlerische Leistungen Dich faszinieren. Als zweite Antwort kam nach einiger Zeit, weil der Titel voller Liebe ist, durchdrungen von warmer Zuneigung zu den nächsten Verwandten. Du, die als viertes von fünf Kindern in Neumünster aufwuchs, hast immer eine Mutter vermisst, die Dir Liebe und Zuneigung entgegengebrachte. Du selbst wolltest es dann an Deinem Kind besser machen und hast viel Wert darauf gelegt, dass diese liebevolle Zuneigung zwischen Dir und Deiner Tochter Silke entstehen konnte. Wir, die wir Dich in den letzten Monaten Deines Lebens begleiteten, konnten dieses liebevolle Miteinander zwischen Dir und Deiner Tochter erleben.
Geprägt hat Dich auf besondere Weise auch Dein Beruf als Krankenschwester. Er machte Dich sensibel für die Nöte und Ängste anderer Menschen. Gleichzeitig schuf Deine praktische und pragmatische Herangehensweise an die zu erledigenden notwendigen Dinge des Lebens sehr gute Voraussetzungen für die Ausübung dieses Berufes.
Dir, wie so vielen Mädchen Deiner Generation, blieb der Besuch der höheren Schule verwehrt, trotz schulischer Empfehlung. Denn die Eltern hielten die Investition in solch eine lange Schulbildung nicht für notwendig. Mädchen sollten heiraten, Kinder bekommen und Hausfrau und Mutter sein.
Deine Eltern, der Vater Dachdecker und Seemann, die Mutter Fabrikarbeiterin und Hausfrau, sahen für Dich eine Drogistinnenausbildung vor. Doch damals war die wirtschaftliche Situation in diesem Beruf nicht sehr rosig, deshalb fingst Du 1963, im Alter von zwanzig Jahren, eine Ausbildung zur Schwesternhelferin an. Ab Februar 1964 wurdest Du Schwesternschülerin und absolviertest im Universitätskrankenhaus Eppendorf eine zweijährige Ausbildung und ein einjähriges Praktikum zur Krankenschwester.
1966 wurde Deine Tochter Silke geboren. Da damals Mangel an Krankenschwestern herrschte, richtete das UKE für ledige Krankenschwestern mit deren Kindern eine auf dem UKE Gelände stehende ehemalige kleine Villa an der Straße Butenfeld als so genanntes Wohngemeinschaftshaus ein. Dort wohntest Du zwischen 1966 und 1974 mit weiteren sechs Frauen und sechs Kindern zusammen. Gemeinsam erstelltet Ihr am Küchentisch Euren Dienstplan, so dass die Betreuung Eurer Kinder stets gesichert war. Dieses Leben in einer solidarischen Frauenwohngemeinschaft, in der Eure Kinder gemeinsam aufwuchsen, hast Du sehr genossen.
Deine damalige soziale und gesellschaftliche Situation als ledige Mutter hatte Dich nachhaltig sowohl wachsam als auch stark gemacht, Diskriminierungen von Frauen zu erkennen und Dich für Fraueninteressen einzusetzen. In unseren Gesprächen erzähltest Du noch immer voller Empörung, wie schwer die Gesellschaft den alleinerziehenden Müttern das Leben machte. Euch Müttern wurde nicht zugetraut, Eure Kinder allein großziehen zu können. So bekamst Du für Dein Kind einen gesetzlichen Vormund vorgesetzt. Das hattest Du damals schon als Diskriminierung Deiner Person angesehen und gingst dagegen an. Aber Du hattest keine Chance. Dir wurde gesagt, Du müsstest zuerst einmal beweisen, dass Du sittlich und moralisch in der Lage seist, ein Kind selbst zu erziehen. Auch war es schwer, einen Krippenplatz zu bekommen. Da wurde Dir doch tatsächlich unverfroren ins Gesicht gesagt: Was wollen Sie mit einem Krippenplatz. Es wäre doch wohl besser, wenn Sie Ihr Kind Ihrer verheirateten Schwester geben würden, denn die wäre moralisch besser geeignet, das Kind aufzuziehen.
So war es damals mit der herrschenden Moral bestellt. Und sie machte auch nicht vor Eurer Frauenwohngemeinschaft in der kleinen Villa am Butenfeld Halt, dort, wo Eure Kinder wie Geschwister aufwuchsen, was Deine Tochter Silke als gute Zeit in Erinnerung hat. Nein, auch dort wurdet Ihr von außen und von Seiten der Krankenhausleitung beobachtet. Herrenbesuch war nicht erlaubt. Und auch die damaligen Gesetze für ledige Mütter waren nicht auf Deiner Seite. Erst ab 1970, damals war Silke vier Jahre alt, bekamt Ihr das alleinige elterliche Sorgerecht und es wurde kein gesetzlicher Vormund mehr für das Kind bestellt.
Liebe Bärbel,
Trotz aller Widrigkeiten und Diskriminierungen, die Du ertragen musstest, hast Du Dich nicht unterkriegen lassen. Im Beruf machtest Du Karriere. Dein Pflichtgefühl, Dein Organisationstalent und Dein umsichtiges und perfektes Handeln, auch in hektischen und schwierigen Situationen, machten Dich zu einer Institution. Schwester Bärbel war im UKE bekannt. Deine Berufstätigkeit hat Deiner Tochter Silke in ihrer weiteren Entwicklung nicht geschadet. Solche Vorwürfe musstet Ihr berufstätigen Mütter Euch ja immer wieder vom Gros der Gesellschaft vorwerfen lassen. Silke ist heute Oberärztin im UKE, dort wo sie prägende Jahre ihres Kinderlebens verbracht hat.
Als Du, liebe Bärbel, 1972, nach dem damaligen Ausscheiden der Oberschwester in der Chirurgie, diesen Posten bekommen solltest, wurdest Du leider krank. Mit Anfang 30 musstest Du sechs Monate lang in der Psychiatrie behandelt werden. Bei Dir war eine manisch-depressive Erkrankung ausgebrochen. Mit dieser Erkrankung hast Du dann noch bis 1990 gearbeitet. Dann gingst Du im Alter von 47 Jahren in Rente.
Aber was bedeutete schon das Wort Rente für Dich! An Ausruhen war nicht zu denken. Du begannst zu lernen, Dich fortzubilden.

Musik: Gospel: Nobody Knows the Trouble I've Seen
Dieses Lied, dass Du Dir für Deine Feier ausgesucht hast, macht deutlich, wohin Dein gesellschafts-politisches Interesse fortan ausgerichtet war: auf die Beschäftigung mit dem durch politische Willkür erfahrenen Leid von Menschen.
Dieses Lied gilt als die ergreifendste Klage über die Leiden der Sklaverei. Du beschäftigtest Dich fortan mit dem erfahrenen Leid von NS-Opfern, besonders auch mit denen, die der Euthanasie zum Opfer fielen und mit der Rolle der verantwortlichen Ärzteschaft dabei.
Die Lektüre des Buches "Exodus" von Leon Uris war für Dich der Auslöser, Dich mit der NS-Geschichte und der Verfolgung und Entrechtung der Juden zu beschäftigen. In diesem Buch spielt auch eine Krankenschwester eine bedeutende Rolle. Das Epos erzählt die Geschichte einer amerikanischen Krankenschwester, eines jüdischen Freiheitskämpfers und zahlreicher weiterer Menschen, die hineingerissen werden in den Kampf eines Volkes um Freiheit und Eigenständigkeit. Um Eigenständigkeit und Freiheit hast auch Du Dein Leben lang gekämpft.
Über jüdische Geschichte und Politik lerntest Du viel in Volkshochschulkursen. Daneben nahmst Du Privatunterricht, um Englisch zu lernen und lerntest Plattdeutsch bei Peter Nissen, einem der Dramaturgen des Ohnsorg-Theaters.
Gut zwei Wochen nach Deinem 65. Geburtstag, am 10. Oktober 2008, bist Du dem Verein Garten der Frauen beigetreten. Besonders interessierten Dich die Führungen durch den Garten der Frauen, und Du selbst übernahmst dann auch bald selbst Führungen. Deine Schwerpunktthemen bei diesen Führungen entsprachen Deinen gesellschafts-politischen Interessen. So stelltest Du besonders die NS- und Euthanasie Opfer sowie die Widerstandskämpferinnen gegen das NS-Regime vor, deren Grab- bzw. Erinnerungssteine im Garten der Frauen stehen. Deine letzte Führung durch den Garten der Frauen unternahmst Du noch im Oktober 2016.
Schließlich übernahmst Du noch eine weitere Aufgabe. Über sechs Jahre lang koordiniertest Du die Wasserturmgruppe, sorgtest dafür, dass der Wasserturm jährlich für die dortigen Ausstellungen tipp top gemacht wurde und dass die von Mai bis Ende September stattgefundene sonntägliche Tafel der besonderen Art am Wasserturm durchgeführt werden konnte.
Dein Engagement für den Garten der Frauen war groß. Selbst noch in Deinem Krankenbett machtest Du bei dem Dich umsorgenden Pflegepersonal und bei der Paliativärztin Reklame für den Garten der Frauen. Ich musste Dir mehrere unserer Dokumentationen und Flyer mitbringen, die Du dann verteilt und dazu noch Spenden eingesammelt hast.
Liebe Bärbel,
Für Deinen großen Einsatz für den Garten der Frauen danken wir Dir. Nun lass es Dir dort wohlergehen.
Nach dem Ende unserer Feier hier in Kapelle 10 wollen wir Dich in den Garten der Frauen begleiten. Dabei gehen wir mit Dir nochmals gemeinsam den Weg vom Wasserturm, wo Du viele Jahre gewirkt hast und von wo Deine Führungen begannen, in den Garten der Frauen.
Fare well Bärbel
Rita Bake
Ulrike Scheuermann
(14.3.1955-8.4.2022) 67 Jahre, Psychotherapeutin
Hannelore Schewe
(13.3.1928 - 8.3.2023) 95 Jahre
Hannelore Schewe schrieb dem Verein Garten der Frauen, als sie diesem 2002 beitrat:
Hamburg liebe ich schon lange. Als ich das Blatt über den "Garten der Frauen" erhielt, war es für mich wie eine 2. Heimkehr zu den Frauen, mein herz klopfte .... da will ich begraben sein, wuste ich sofort. Mit Tod und Sterben beschäftige ich mich schln länger und auch damit, möglichst bis zum Ende unabhängig zu sein und zu bleiben.
Meine 1. Heimkehr war die in die Frauenbewegung. Später, als der Kölner Frauengeschichtsverein gegründet wurde, habe ich zehn Jahre Stadtführungen für Frauen gemacht, was mir große Freude und viel Spaß gebracht hat.
Ich lebe allein. Meine Tochter wohnt auch in Köln,
eine Enkeltochter hier, die beiden anderen in und um Hamburg. Mein Sohn lebt mit seiner Familie auf Fehmarn.
Wichtig ist mir, dass ich viele Freundinnen habe, ich lese viel, interessiere mich für die Frauengeschichte, Philosophie und Kunst. Außerdem jobbe ich im Frauenbuchladen und im Bioladen, um in Frauenzusammenhängen und in Kontakt zu bleiben. Mein größter Wunsch ist es, in einem Frauen-Wohnprojekt zu leben.
Erika Schlundt
(22.06.1917 - 11.11.2007) 90 Jahre, Büroangestellte
Annelene Schmidt
(09.01.1932 - 11.01.2011) 79 Jahre, Lehrerin
Barbara Schneider
(28.08.1946 - 20.02.2003) 56 Jahre, Geschäftsführerin in der Mitarbeiterfortbildung im Seniorenbereich
Anne Schnitzius
(14.7.1943 - 28.9.2021) 78 Jahre, Heilpraktikerin
Prof. Dr. med. Thea Louise Schönfelder
Psychiaterin und Hochschullehrerin. Erste Frau, die in Deutschland auf einen Lehrstuhl für Kinder- und Jugendpsychiatrie berufen wurde
16.2.1925 Hamburg - 25.7.2010 Hamburg
bestattet im Garten der Frauen
Thea Louise Schönfelder wurde in Hamburg als Tochter des damaligen sozialdemokratischen Innensenators Adolph Schönfelder und seiner Frau Minna geboren. Ihre Jugend stand unter dem Zeichen der Verfolgung ihres Vaters durch das nationalsozialistische Regime, und die Erfahrung der Gefährdung ihrer Familie blieb für sie lebensgeschichtlich prägend. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges studierte Thea Louise Schönfelder Medizin und wurde 1957 Fachärztin für Psychiatrie. 1970 wurde sie, als erste Frau in
Deutschland, auf den neu geschaffenen Lehrstuhl für Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf berufen, den sie bis zu ihrer Emeritierung innehatte. Dank ihres Einsatzes wurde 1971 zusätzlich zur bestehenden Kinderstation eine Jugendstation eingerichtet. Schwerpunkte ihrer klinischen Arbeit waren zum einen familientherapeutisch orientierte Behandlungsansätze, zum anderen körper- und symbolbezogene Therapiemethoden (Konzentrative Bewegungstherapie), mit deren Hilfe es ihr möglich war, Zugang zur inneren Welt auch verschlossenster Patientinnen und Patienten zu finden und Kontakt und Verständigung mit gänzlich verstummten Menschen herzustellen. Ihre Arbeit mit Familienskulpturen bereitete den Weg für die heutige Technik der Familien- und Systemaufstellung.
1987 zog sich Thea Louise Schönfelder aus ihren institutionellen Aufgaben in ein selbstbestimmtes Privatleben zurück. Sie war weiterhin in Fortbildung und Supervision tätig, zusätzlich entfaltete sie neue Interessen und Tätigkeitsbereiche: sie beschäftigte sich intensiv mit Kreativem Schreiben, leitete dazu Seminare in der Seniorenakademie, sang im Chor der Seniorenkantorei St. Nikolai und wirkte in Altentheater-Projekten am Deutschen Schauspielhaus und am Ernst-Deutsch-Theater mit. Dabei setzte sie sich bewusst und gestalterisch mit dem Prozess des Alterns und dem Tod auseinander. Sie war vielen Menschen eine zuverlässige, warmherzige Freundin und kluge Beraterin. Voll Freude lebte sie ihre Rolle als Großmutter. Sie hinterlässt eine Spur aus Liebe.
Gertrud (Gerti) Schröder
(02.01.1947 - 18.04.2018) 71 Jahre, Programmiererin
Monika Schütt
( 5.7.1961 - 14.12.2022) 61 Jahre, Groß- und Außenhandelskauffrau
Erika Schwill
( 08.09.1932 - 25.12.2008) 76 Jahre, Photographin
Margarete (Gretel) Spatz, geb. Ast
(08.10.1919 Reppen/Rzepin - 30.12.2001 Hamburg)
82 Jahre, Sparkassenangestellte
Margarete Ast wuchs in einem Familienunternehmen auf, in dem sich alles um Leder drehte: Ledereinkauf und -handel, Schuhherstellung und -verkauf sowie -reparatur.
Nach dem Volksschulabschluss, dem Besuch einer Haushaltungsschule und einer Höheren Handelsschule arbeitete sie im elterlichen Unternehmen. Das "Pflichtjahr" führte sie 1937/38 in eine großbürgerliche Familie nach Berlin - ein Wendepunkt in ihrem Leben.
Zurück im Elternhaus verweigerte sie die ihr zugedachte Rolle: Haushalt und Schuhverkauf. Sie begann eine Ausbildung zur Sparkassenangestellten und stieg dort in eine Führungsposition auf. Ihre Mutter verübelte ihr diesen Berufsweg sehr und mied fortan den Kontakt mit ihr.
1941 lernte sie den späteren Vater ihres Kindes kennen. Er verschwieg zunächst, dass er bereits verheiratet und Vater eines Kindes war. Mit ihm und weiteren Verwandten flüchtete sie im Januar 1945 nach Berlin. Später zog sie mit ihm nach Karlshafen, wo er Arbeit als Müllermeister gefunden hatte. Margarete Ast wurde schwanger und hoffte auf die Scheidung ihres Lebensgefährten von dessen Ehefrau. Doch wenige Wochen vor der Geburt der gemeinsamen Tochter verschwand der angehende Vater.
Nach der Geburt ihres Kindes wurde Margarete Ast bei einem Arztehepaar einquartiert. "Flüchtlingsfrau und ein uneheliches Kind 'am Bein' - der Makel schlechthin", so Margarete Spatz später. Da Teilzeitarbeit nicht möglich war, konnte sie nicht als Sparkassenangestellte tätig werden. So arbeitete sie als Zimmermädchen und Kellnerin.
Nebenbei lernte sie den zwanzig Jahre älteren Witwer und Geschäftsmann Herrn Spatz kennen. Nach der Heirat verdiente sie weiterhin eigenes Geld. Sie wollte finanziell nicht von ihrem Ehemann abhängig sein und ihrer Tochter eine gute Schul- und Ausbildung ermöglichen.
1968 nach Beendigung des Studiums ihrer Tochter hörte Margarete Spatz auf mit der "Schufterei" wie sie sagte. Wenige Jahre später wurde sie Witwe und konnte gut von ihrer Rente leben.
53 Jahre lebte sie in Karlshafen, beheimatet fühlte sie sich dort nicht. Die letzten drei Lebensjahre verbrachte sie in einem Schenefelder Altenheim. Dort starb sie, aufrecht auf der Bettkante sitzend mit einem Stück Zartbitterschokolade auf der Zunge. Ihre letzten Worte: "Jetzt will ich aufstehen."
Elfriede Spielmann
(27.06.1936 - 08.04.2008) 71 Jahre, Oberschwester im Krankenhaus
Hella Spillert
(11.8.1937 - 11.3.2023) 85 Jahre, Lehrerin, Steuerfachangestellte
Traute Stawitzki
(16.07.1926 - 28.06.2015)
88 Jahre, Sozialpädagogin/Fachlehrerin
Traute Stawitzki leitete von 1954 bis 1971 ein Erholungsheim in Altglashütten am Feldberg. 1972 begann sie an der Fachschule für Sozialpädagogik zu unterrichten. Einige Jahre später übernahm sie die Praxisausbildungsstätte (PAS) an der Eppendorfer Landstraße (Praxisausbildung im Kindergarten). Diese leitete sie bis zu ihrer Pensionierung 1986.
Traute Stawitziki "pflegte eine enge Zusammenarbeit mit den Kollegen/innen der FSP1. So waren die Kunsterzieher regelmäßig an Holzwerk- und Atelierangeboten für die Elementarkinder beteiligt. Kollegen/innen und Schüler/innen beobachteten und dokumentierten den Alltag der Kinder in der PAS, boten kleine Projekte an und erprobten sich in der Medienarbeit.
Aus dieser gelungenen Kooperation entstanden für die 125-Jahrfeier der FSP1 (1985), kleine Broschüren ‚Aus der Praxis für die Praxis', unter anderem zu Themen wie Holzwerken, musikalische Früherziehung, Hygieneerziehung und die Kinderküche für Vorschulkinder.
Doch am nachhaltigsten werden wohl ihre einmaligen und ungewöhnlichen Schattenspiele in Erinnerung bleiben. Da brauchte es keine große Bühne, kein technisches Equipment, sondern es reichte eine einfache stabile Bananenkiste, in die ein circa Din-A 4- großes Fenster geschnitten und mit Architektenpapier abgedeckt wurde, ein kleines Spotlight, ein bisschen Musik vom Kassettenrecorder und schon begann ein spannendes Märchen oder Geschichten aus aller Welt. Gebannt schauten Jung und Alt auf diese kleine Fläche und ließen sich von den liebevollen, selbst geschnittenen Figuren in die Fantasiewelt entführen. Es war immer wieder beeindruckend zu beobachten, wie still es im Raum wurde, wenn das Licht ausging und der Vorhang sich öffnete. Laute und unruhige Kinder wie auch gestresste Eltern und Erwachsene wurden ruhig. (…)", 1) heißt es in ihrem Nachruf. Auch für die Mitglieder des Vereins Garten der Frauen gab sie solche Vorstellungen mit ihrer, wie sie es nannte "Lütt Kist".
Nach ihrer Pensionierung spielte Traute Stawitzki in vielen verschiedenen Grundschulen und Seniorenheimen und bot auch Kurse zum Herstellen von Schattenspielbühne an.

In einem Artikel des Hamburger Abendblattes wurde über Traute Stawitzkis Schattentheater geschrieben: "Bei internationalen Schattentheatertreffen [sei Traute Stawitzki] der absolute Außenseiter (…). Kollegen aus China, Afrika, Australien schleppen bisweilen bis zu fünf Meter hohe Leinwände, brauchen Lastwagen für den Transport der Licht- und Tontechnik. Die Glinderin hingegen klemmt sich hinter einen kleinen Karton mit einer Projektionsfläche von der Größe eines DIN-A4-Blatts, um vor dem Licht einer alten Schreibtischlampe mit selbst geschnittenen Figuren Märchen wie ‚Die Bienenkönigin' und ‚Der glückliche Knabe' aufzuführen. ‚Ich spiele immer aus der ,Lütt Kist', sagt Traute Stawitzki, ‚so heißt mein Schattentheater. Das ist ja gerade der Reiz: Aus dem Nichts etwas zu machen.' So ist die Sozialpädagogin nach Aufführungen in Schulen oder Kindergärten immer von Zuschauerin umringt, die sich von ihr geduldig erklären lassen, wie man selbst solche Figuren schneidet. ‚400 bis 500 Stunden brauche ich, bis ein Spiel fertig ist', sagt Traute Stawitzki, ‚es besteht aus mehreren Figuren, die zum Teil Kopf und Arme bewegen können und nach einer genauen Reihenfolge hinter der Kiste sortiert werden, damit ich sie im Dunkeln auch finde.' Manchmal verändern sich die Akteure von Aufführung zu Aufführung: ‚Gefällt mir ein Kopf nicht mehr, befestige ich einen neuen.' (…)
Zum Schattenspiel fand Stawitzki in einer Zeit, da es in ihrer zerbombten Heimatstadt Hamburg nichts zum Spielen gab: ‚Ich hörte 1947, dass der Jugendhof in Barsbüttel eröffnet hatte. Endlich wieder singen und tanzen: Mit meinen Freundinnen fuhr ich per Straßenbahn und Bus in die alte Villa. Dort erlebte ich Margarethe Cordes, die große alte Dame des Schattenspiels. Da wusste ich: Das ist mein Ding. Ich bastelte die Figuren nach.' Die Kunst der magischen Licht- und Figureninszenierung begleitet Traute Stawitzki durchs Leben." 2)
Literatur:
1) Nachruf von Silke Junge unter: http://www.fsp1.de/fileadmin/assets/user_upload/Rundbrief_61.pdf
2) http://www.abendblatt.de/region/stormarn/article106690634/Sie-spielt-mit-den-Schatten.html
Sieglinde Steidinger
(14.6.1943 - 18.11.2021) 78 Jahre, Berufsschullehrerin
Ulrike Barkati Steinebach
01. 02. 1961 Accra/Ghana - 16. 07. 2011 Santa Cruz de Tenerife
50 Jahre, Erzieherin
Barkati (die Gesegnete) ist Ulrike Steinebachs Sannyasi-Name. 1984 ließ sie sich in die Sanyas-Gemeinschaft in Oregon, USA aufnehmen. Seit ihrem 20. Lebensjahr hing sie der Osho-Bewegung an. Geboren im Februar 1961 in Accra/Ghana kam sie im Sommer 1961 mit ihren Eltern zurück nach Deutschland. Nach dem Abitur besuchte sie in Hamburg die Fachschule für Sozialpädagogik.
Barkati Steinebach wusste schon immer, was sie beruflich einmal werden wollte. Sie wollte für Kinder da sein. Von 1987 bis 1993 war sie als Erzieherin in einem städtischen Hamburger Kinder- und Jugendheim und von 1996 bis 1997 als Erzieherin im Jugendheim Madhouse in Augsburg tätig.
Zwischendurch absolvierte sie Zusatzausbildungen, so von 1991 bis 1995 ein Vier-Jahres-Therapietraining an der "Humaniversity" Institut für Therapie und Selbsterfahrung in Egmond/Holland und von 1994 bis 1996 übernahm sie die Assistenz und Leitung von therapeutischen Gruppen und Mediationen. Nachdem sie resigniert feststellte, dass ihre ganze Liebe und ihr Einsatz aus den Kindern keine idealen Menschen machten, kündigte sie und wurde von 1997 bis 1999 Geschäftsführerin der Diskothek Zorba the Buddha in Köln. Mit hohem Arbeitsaufkommen und persönlichem Einsatz begleitete sie die Diskothek durch die Insolvenz. Der Vorgang verlangte ihr so viel Kraft ab, dass sie sich nach einem Nine-to-five-Job sehnte und so arbeitete sie von 2000 bis 2004 in Köln als Call-Center-Agentin.
Im Jahr 2000 erhielt sie die Diagnose Darmkrebs. In einem Brief an Freunde und Familie hielt sie ihre Gedanken vor der ersten großen Operation fest: "Nun, ich möchte meinen Frieden. Ich schließe die Augen und stelle mir jedes Gesicht all derer vor, die jetzt an mich denken, die mit mir sind, die Liebe und Kraft schicken. Zu jeder einzelnen Person webe ich einen feinen Faden von meinem Körper aus - ich spinne ein festes Netz, sodass ich spüren kann, wie mein gesamter Körper gehalten, getragen wird wie in einem Sicherheitskokon." Kurz vor ihrer Krebserkrankung lernte sie ihren späteren Mann Markus kennen. Das Paar heiratete am 17. August 2002. Nach neun Jahren Ehe wünschte sich Markus für seine krebskranke Frau nur noch eines: dass sie ohne Schmerzen und Quälerei gehen könne.
Rita Stellmacher
(16.11.1943 - 27.12.2021 ) 78 Jahre, Immobilienmaklerin und-verwalterin
Angelika Stisser
(26.09.1946 - 10.02.2003) 56 Jahre, Diplom-Bibliothekarin
Hannelore Stolley
(12.2.1927 - 8.11.2016) 89 Jahre, Lehrerin
Brigitte Strauß
(13.01.1945 - 28.08.2012) 67 Jahre, Gesundheitsberaterin
Irene Stück
(21.01.1932 Grünlas/Kr. Elbogen (Tschechische Republik) - 20.05.2010 Hamburg)
78 Jahre, Archäologische Zeichnerin
Irene Stück war in Neustadt-Glewe wohnhaft und arbeitete bis zu ihrem Ruhestand als freiberufliche archäologische Zeichnerin im früheren Museum für Ur- und Frühgeschichte im Schweriner Schloss. Insbesondere zeichnete sie maßstabgerecht Kleinwerkzeuge aus Stein, verschiedene Scherben, Haushalts- bzw. Vorratsgefäße und auch Urnen mit entsprechenden Schmuckbeigaben. Diese Dinge wurden in den Kreisen Mecklenburgs (Ludwiglust, Sternberg, Güstrow, Parchim usw.) bei archäologischen Grabungen gefunden. Viele ihrer Zeichnungen wurden in Büchern und Broschüren über Bodendenkmalpflege in Mecklenburg veröffentlicht. Sie hatte viel Spaß an dieser schönen Arbeit. Ihre Hobbys waren der Garten und die Natur. Oft fuhr sie gemeinsam mit ihrem Ehemann durch die Lewitz, ein großes Naturschutzgebiet und beobachtete Tiere und Pflanzen. In ihrer Freizeit malte sie aber auch sehr schöne Aquarell- und Ölbilder, meist mit Naturmotiven. Eine schwere Krankheit riss sie plötzlich aus diesem Leben. Wir gedenken ihr hiermit in großer Dankbarkeit. Sie fehlt uns sehr. Reinhard Schmidt
Maria Sturmhoebel
(11.8.1924-11.9.2014)
90 Jahre, Hausgehilfin, Kindergärtnerin, Lehrerin, Tochter von Margarethe Münch
Maria wurde als erstes und einziges Kind ihrer Eltern am 11. August 1924 in Hamburg geboren. Marias Mutter Grete Münch war beruflich stark engagiert. Für sie steht ein Erinnerungsstein im Garten der Frauen. Ihr Vater Walter Münch war Buchhandlungsgehilfe.
Am 13. Januar 1930 stirbt Grete Münch an einem Hirntumor. Friedel Buchner, eine Freundin und Mitarbeiterin, nimmt entsprechend dem Wunsch Grete Münchs die 5 ½ Jahre alte Maria als Pflegekind zu sich.
Am 1. Juni 1940 beginnt Maria eine Lehre als Hausgehilfin und besteht im Februar 1942 die Prüfung. Nun geht Maria nach Tübingen und
absolviert dort den Lehrgang für Kindergärtnerinnen von April 1942 bis März 1944 am Seminar für soziale und sozialpädagogische Berufe. Schulleiterin ist Friedel Buchner.
In den letzten Kriegstagen wird Maria Mitglied des Volkssturms in Tübingen. Zusammen mit anderen Schülerinnen und unter der Leitung von Friedel Buchner bilden sie eine Kochgruppe und ziehen mit dem Volkssturm den französischen Truppen entgegen über die Schwäbische Alp. Einem Zusammenstoß mit französischen Truppen entgehen die Schülerinnen knapp durch den Eintritt als Hilfsschwestern in ein Reservelazarett im schwäbischen Gammertingen.
Als Kindergärtnerin ohne Abitur legt Maria eine Aufnahmeprüfung für die Pädagogische Hochschule Braunschweig ab. Sie überzeugt mit ihrem Geigenspiel für das Fach Musik. Von Januar 1947 bis Oktober 1949 studiert sie für das Lehramt an Volksschulen. Aber zuvor muss sie, um das Studium beginnen zu dürfen, mit anderen Studienanwärterinnen und Anwärtern zusammen im Braunschweiger Kino Filme ansehen, die die Alliierten bei der Befreiung von Konzentrationslagern gedreht haben. Sie erzählt uns später, dass sie unendlich schockiert war und ihr dadurch aber auch die Augen geöffnet wurden über die Taten des NS-Regimes.
Maria wird im April 1950 an ihre erste Lehrerinnen-Stelle an eine Volksschule in Gittelde/Kreis Gandersheim im Harz berufen. Sie bewirbt sich 1952 nach Hamburg und tritt eine Stelle als Grundschullehrerin an der Schule Osterbrook an.
Schon bald nach dem Umzug nach Hamburg lernt Maria ihren späteren Mann Gerhard Sturmhoebel kennen und lieben. Sieben Wochen später, am 28. Februar 1953, heiraten sie. Am 26 Mai 1954 werden die Zwillinge Wolfgang und Helmuth geboren. Maria kündigt ihre Stelle als Lehrerin, ist fortan Hausfrau und Mutter. Am 11. August 1956, also an ihrem 32. Geburtstag, wird der Sohn Elimar geboren. Am 21. Oktober 1958 dann Friederike und Margarethe. Margarethe stirbt noch im Kreißsaal.
1971, 17 Jahre nach ihrem Austritt aus dem Schuldienst, herrscht in Hamburg großer Lehrkräftemangel. Maria folgt einem allgemeinen Aufruf, wieder in den Schuldienst zurückzukehren, und tritt im Juni als angestellte Lehrerin wieder in den Schuldienst ein, arbeitet als Grundschullehrerin an der Schule Friedrich-Frank-Bogen, einem sozialen Brennpunkt. Berufsbegleitend belegt sie Kurse mit dem Ziel, die zweite Lehrerprüfung für das Lehramt an Volks- und Realschulen abzulegen. Hier kommt sie mit Begeisterung mit Reformpädagogik und dem klientenzentrierten Ansatz von Carl Rogers in Berührung. Am 12. September 1974 besteht sie mit 50 Jahren die zweite Lehramtsprüfung.
In den 1970er Jahren ziehen die Kinder nach und nach aus und gründen Familien oder WG's. Es werden die Enkel Hanno, Friedel, Paula, Leona und Seline geboren. Maria betreut gerne die Enkel, wenn es notwendig ist und sie um Hilfe gebeten wird.
Am 1.9.1984 tritt Maria in den Ruhestand bzw. in den Unruhestand. Sie kauft sich einen Computer - niemand aus der Familie hatte zu diesem Zeitpunkt schon einen PC - und beginnt ihre Vorfahren zu erforschen, insbesondere die sonst bei Genealogen so oft vernachlässigten weiblichen Linien. Sie nennt das Projekt "Vormütter". Es entsteht eine Chronik, die zurück bis ins 15. Jahrhundert reicht. Dafür geht sie hunderte von Stunden in die Archive, sucht in verfilmten alten Kirchenbüchern nach Vorfahren und findet erstaunliche Dinge heraus.
Maria besucht Kurse bei der Volkshochschule zum Kreativen Schreiben und gründet dann mit Mitstreiterinnen eine eigene Gruppe, die UHUS, die unter Hundertjährigen. Sie treffen sich alle zwei Wochen in der LOLA, dem Stadtteilkulturzentrum in Bergedorf. Maria entwickelt sich für 17 Jahre zur Seele der Uhu-Gruppe. Zuletzt ist es jedes Mal ein Angang, mit dem Rollator bis zur LOLA und dann die wenigen Stufen hinaufzukommen. Es entstehen kleine kostbare Gedichte und Geschichten, 1992 das folgende Gedicht

Die Jugend drängt:
Nun geh doch, Tag!
Mach Platz dem Neuen, eile!

Das Alter sinnt:
Was kommen mag,
verweile, Tag, verweile.

Am 27. August 2005 stirbt ihr Mann Gerhard. In den nachfolgenden Jahren kostet es Maria viel Kraft, sich der Realität des Verlustes anzunähern und der Unausweichlichkeit des eigenen Todes entgegen zu sehen. Sie schreibt am 11.12.2007: "Die letzte Strecke des Lebensweges ist erreicht. Wird mit jedem Tag überschaubarer."
Im Dezember 2009 zieht Maria in eine kleinere barrierefreie Wohnung. Der Pflegedienst kommt morgens und abends. Maria genießt ihr unabhängiges Leben, isst wann sie möchte, hält zwischendurch Schläfchen und lebt bewusst diesen letzten Lebensabschnitt.
Maria sortiert ihre persönlichen Schriftstücke, weist ihre Kinder auf ihr wichtige Gedichte hin, und plant, was sie nochmal lesen, nochmal recherchieren möchte und äußert Wünsche für Ausflüge und Unternehmungen. Gleichzeitig nehmen die körperlichen Kräfte und die Beweglichkeit ab. Das Spannungsfeld zwischen dem, was geht und dem was nicht mehr oder jetzt gerade nicht geht, wird größer.
Am 28. Februar, ihrem Hochzeitstag, wenige Minuten bevor die vier Kinder eintreffen, um diesen Tag mit ihr zu feiern, stürzt Maria zum 5. Mal in ihrer Wohnung und bricht sich diesmal den Oberschenkelhals. Sie hat große Angst vor der OP und selbst als sie überstanden ist, ist sich Maria nicht sicher, ob sie wieder ausreichend Kraft finden wird, um weiter zu leben.
Eines Morgens im Krankenhaus rezitiert sie das Gedicht von Mathias Claudius. Das gibt ihr Kraft und sie kann zusammen mit Friederike weinen.

Der Tod und das Mädchen
Das Mädchen:
Vorüber! Ach, vorüber!
Geh wilder Knochenmann!
Ich bin noch jung, geh Lieber!
Und rühre mich nicht an.
Der Tod:
Gib deine Hand, du schön und zart Gebild!
Bin Freund, und komme nicht, zu strafen.
Sei guten Muts! Ich bin nicht wild,
Sollst sanft in meinen Armen schlafen!

Nach überstandener OP fällt der Entschluss, ins Pflegeheim zu ziehen, da nun auch nachts eine Betreuung benötigt wird, die der Pflegedienst nicht leisten kann. Die Zeit dort ist geprägt von heftigen Auf und Abs. Mit einer enormen Energie ringt Maria darum, körperlich wieder so fit zu werden, dass sie ein größtmögliches Maß an Selbständigkeit wiedererlangt. Es gelingt ihr mit Hilfe des Krankengymnasten aus dem Rollstuhl heraus zu kommen und wieder am Rollator zu gehen.
Auch das Zurechtfinden im sozialen Gefüge der Heimbewohnerinnen und -bewohner sowie im Umgang mit den Pflegekräften kostet sie viel Kraft. Aber auch hier geht sie mit hohem Engagement zur Sache, obwohl sie einige Rückschläge ertragen muss.
Maria wünscht sich, im Garten der Frauen begraben zu werden und kauft sich im Juni dort eine Grabstelle.
Im Juli erklärt sie, nun gut angekommen zu sein in ihrer letzten Bleibe. Am 11. August feiert Maria im Kreise der Familie ihren 90. Geburtstag.
Am 24. August lässt das Pflegeheim sie ins Krankenhaus bringen. Maria bekommt täglich mehrfach Besuch von den Kindern und Enkeln. Ihr Sterben wird von Kindern und Enkeln begleitet.
Helmuth Sturmhoebel
Gisela Agnes Gertrud Sydow
(9.9.1928-22.4.2020) 91 Jahre, kaufm. Angestellte
Frauke Sydow
(14.11.1939 - 17.9.2023) 83 Jahre, Lehrerin
Ellen Templin
(09.07.1948 - 22.12.2010) 62 Jahre, Domina
Aufgewachsen in einem nach außen scheinenden idyllischen Umfeld im Süden Deutschlands waren Ellens frühe Jahre von Missbrauch und Gewalt geprägt. Jahrelang musste sie so die Gewaltexzesse ihres Vaters überleben, enttäuscht und missbraucht von einer Person, die ihr Schutz und Sicherheit geben sollte, unfassbar begreifend, dass niemand eingriff, bis sie nach einer Ewigkeit die Pubertät erreichte und uninteressant wurde für krankhafte Machtbedürfnisse. Sie konnte dies nur überleben, in dem sie stark wurde und für sich im Inneren zugleich die kleine, lebensbejahende Ellen rettete, mit einem stark ausgeprägten Gefühl für Gerechtigkeit und dem Willen, dafür einzutreten. Nach der Schule durchlief sie erfolgreich eine Ausbildung zur Industriekauffrau und wurde für eine große, internationale Ölfirma tätig. Doch der Schatten ihrer nicht existenten Kindheit
verfolgte sie nach wie vor, so dass sie flüchten musste, in das weit entfernte Berlin. Hier lernte sie ein völlig neues Umfeld kennen und sie fühlte sich zum ersten Mal richtig frei. Doch unter diesem Glanz, der sie nun umgab, entdeckte sie nach und nach Strukturen, die ihr nur zu gut bekannt waren.
Über all die Zeit war sie trotz ihrer prägenden Erfahrungen immer auch versucht, das Gute im Menschen zu finden, und so war sie auch mehrmals verheiratet oder lebte in festen Partnerschaften. Ihr Weg führte sie sogar bis in den Iran, dem sie gerade noch rechtzeitig vor der Machtergreifung der islamistischen Fundamentalisten entkommen konnte. Zurück in Berlin musste Ellen einen Weg finden, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Kontakte führten sie in eine Welt ein, deren grundlegende Säulen ihr vertraut waren, es war eine Welt, in der Macht und Gewalt die primäre Rolle spielten, vermischt mit Geld. Das kannte sie schon, denn auch ihr Vater gab ihr eine Art von Schweigegeld für all das, was er ihr antat. Zudem, egal was Ellen anfasste, sie war gut darin, denn sie besaß nicht nur eine ungewöhnlich gute Beobachtungs- und Auffassungsgabe, sondern auch einen analytischen Verstand. Und so gelang es ihr nach einigen Lehrjahren schon recht bald Eigentümerin des seiner Zeit erfolgreichsten Domina-Studios in Berlin zu sein.
An ihrem Beispiel lässt sich gut erkennen, dass die frühen Jahre prägend dafür sein können, was im späteren Leben passiert. Wer nun denkt, dass sie diesen Weg ging, um sich zu rächen, der irrt. Natürlich empfand Ellen all die Dinge, die die Klientel erwartete, als krank, doch sie behandelte trotzdem jeden, der ihre Regeln beachtete, die dafür da waren, dass die beschäftigten Frauen so sicher wie möglich tätig werden konnten, wie einen Menschen.
So konsequent und überzeugend sie als Domina war, so konsequent war Ellen auch im Kampf für das Wohl der Frauen in ihrem Umfeld. Letztlich musste Ellen Zeit ihres Lebens einen Kampf damit führen, was sie erleben musste und diesen führte sie zugleich auch für andere mit. Prostitution in ihren vielfältigen Facetten war in ihren Augen niemals freiwillig, und so kämpfte Ellen auch gegen all die Tendenzen und Strukturen, die die Prostitution entweder romantisierten oder sie gar mit einem Beruf gleichsetzten. Diesen feministischen Kampf führte sie bis zu ihrem viel zu frühen Lebensende.
Renate Tertel
(29.06.1938 - 17.06.2003) 64 Jahre, Krankenpflegerin
Doris Tillmann
(27.6.1951 -22.10.2020) 69 Jahre, Krankenschwester
Doris wurde in Gronau bei Hannover geboren, wuchs in Hildesheim auf.
Sie besuchte die Fachhochschule, sammelte neue, sie prägende Erfahrungen als Au pair in Frankreich. Zurück in Deutschland begann sie ihre Ausbildung als Krankenschwester, bildete sich ständig weiter in Hildesheim, Hannover, Berlin, Braunschweig, durchlief verschiedene Stationen , bildete sich fort in Stomatherapie, wurde Leitende Ambulanzschwester , hielt sogar bei einem Weltkongress in Göteborg einen Vortrag und kam schließlich 1989 an das Universitätskrankenhaus Eppendorf und zwei Jahre später an das Israelitische Krankenhaus.
Ihre zunehmende Augenerkrankung machte schließlich die aktive Pflege unmöglich.
1991 wurde ihr der Schwerbehindertenstatus zuerkannt. Doris gab nicht auf, sie machte eine Ausbildung zur Pflegedienst-Leiterin, schloss diese mit Bravour ab. Aber die Erblindung auf dem rechten Auge ließ die Berufsausführung nicht mehr zu.
Der hier kurz geschilderte Lebensweg zeigt schon die Kraft und Stärke von Doris auf. Sie suchte wieder neue Herausforderungen, schrieb sich ein in dem neuen Frauenstudiengang der Uni Hamburg. Ihre Kommunikationsfreudigkeit, Weltoffenheit und ihr positives Denken beeindruckte die Kommilitoninnen, von denen nicht wenige zu Freundinnen wurden. Wie sie es immer verstanden hat, Menschen um sich zu sammeln. Doris suchte das Leben auf ihre Weise zu ergründen. interessierte sich für Philosophie, Literatur, für Kunst. Sie besuchte Ausstellungen, nahm Angebote des Kulturschlüssel s an, hörte Vorträge, besuchte Kurse in der Volkshochschule. Auch wenn das Lesen schwer fiel, sie hörte hochkonzentriert zu. Und immer beschäftigten sie Fragen des Glaubens. So riss auch die Verbindung zur Katholischen Kirche nicht ab.
Im Januar 2020 dann die Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs. Als Krankenschwester wusste sie, was das bedeutete. Sie wollte noch nicht aufgeben, suchte zusätzlich zu der medizinischen Versorgung psychologische Unterstützung. Die Corona-Pandemie ließ persönliche Kontakte nur auf Distanz zu, aber sie konnte sich der Fürsorge durch ihren Ehemann Jörg, mit dem sie in diesem Jahr 25 Jahre verheiratet war, sicher sein. Im Oktober kam eine Lungenembolie hinzu. Nach einem kurzen Krankenhaus-Aufenthalt starb Doris palliativ umsorgt, zu Hause.
Text: Sigrid Meissner
Liselotte Tilsner
(30.4.1931 - 5.1.2021) 89 Jahre, Dipl. rer. pol. PR-Managerin
Liselotte Tilsner war z. B. Mentorin im Expertinnenberatungsnetz der Universität Hamburg und beriet junge Frauen auf deren beruflichem Weg. In den 1990er Jahren hielt sie z. B. Referate zum Thema Frauenstudium in den 1950er bis 1990erJahren. Im Januar 2002 beteiligte sie sich im Hamburger Abendblatt per Leserinnenbrief an der Diskussion über das Für und Wider einer geschlechtergerechten Sprache. Sie schrieb: "Ich schlage eine platzsparende Lösung vor: ab sofort nur noch feminine Schreibweise und die Männer sind immer mitgemeint, wie die Frauen in den letzten 2000 Jahren. Dann spüren sie mal, wie gut es tut, immer ‚mitgemeint' zu sein. Keine Angst, Männer, 2000 Jahre gehen schnell vorbei, wir Frauen habens ja auch durchgestanden".
Elisabeth Töllner
(24. 6.1933 - 13. 1.2016)
82 Jahre, Lehrerin
In ihrem Nachruf, der im Eimsbütteler Boten, dem Gemeindebrief der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Eimsbüttel, veröffentlicht wurde, heißt es über Elisabeth Töllner. "Sie hinterlässt viele Nichten, Neffen, Patenkinder und ihre Zwillingsschwester.
Elisabeth Töllner war Lehrerin und hat u. a. Religion unterrichtet. Als eines von sechs Kindern eines Missionars wuchs sie mit einem Gottesbild auf, das sie nach dem theologischen Studium mehr und mehr in Frage stellte. Sie wandte sich schließlich der Feministischen Theologie zu und fand ihre geistliche Heimat in der Apostelkirchengemeinde.
Dort und auch später in der fusionierten Gemeinde Eimsbüttel engagierte sich Elisabeth Töllner in
Frauengruppen, beim Weltgebetstag, war lange Jahre Frauenbeauftragte und Mitbegründerin des Genderausschusses unserer Kirchengemeinde 2007.
Ihr Gottesbild war nicht personifiziert und schon gar nicht reduziert auf ein männliches.
Außerordentlich penibel und sensibel in der Anwendung von Sprache konnte Elisabeth sehr ärgerlich werden, wenn in Liedern, Gebeten und Texten ausschließlich von Gott ‚dem Herrn', dem ‚Allmächtigen' u. ä. die Rede war. Gibt es doch inzwischen so viele andere schöne und treffende Worte und Texte, die durch ein erweitertes Gottesbild alle Christinnen und Christen zu vereinen vermögen.
Elisabeth war uns im Genderausschuss und in der gesamten Kirchengemeinde eine kluge, liebenswürdige und engagierte Mitschwester." 1).
Im Verein Garten der Frauen engagierte sich Elisabeth Töllner lange Zeit in der Vorbereitungsgruppe für Ausstellungen, die im historischen Wasserturm an der Cordesallee auf dem Ohlsdorfer Friedhof gezeigt wurden.
Literatur:
1) Nachruf von Claudia Dreyer unter:
https://www.kirche.eimsbuettel.de/fileadmin/user_upload/baukaesten/ Baukasten_KG_Eimsb_ttel/EimsbuettelerBote_160222_LOW.pdf
Gabriela Tönnies
(15.12.1953 - 19.8.2023) 69 Jahre, MTA, Landwirtin

Bild: Hamburg Messe und Congress GmbH
Annelinde Töpel, geb. Winkelmann
1.8.1923 - 19.10.2019
96 Jahre, Krankenschwester
Annelinde Töpel war eine Frau, die stets für andere da war und sich für Frauenbelange engagierte. Geboren in Hirschberg wuchs sie nach der Trennung ihrer Eltern bei ihren Großeltern auf. Nach der Beendigung ihrer Schulzeit 1940 wollte sie die künstlerische Laufbahn einschlagen, doch da der Vater Zahnarzt und der Großvater Apotheker waren, erlernte sie einen medizinischen Beruf und wurde Krankenschwester. Während des Zweiten Weltkrieges war sie dann bis 1945 in Lazaretten tätig, wo sie ihren zukünftigen Ehemann kennenlernte. Beide trafen sich nach dem Krieg in Hamburg wieder und heirateten 1946. Ende 1946 wurde der Sohn geboren. Vier Jahre später, 1950, nahm Annelinde Töpel ihren Beruf als Krankenschwester wieder auf. 1952 erfolgte die Scheidung von ihrem Mann. Annelinde Töpel
verzichtete auf alle Ansprüche und war fortan als alleinerziehende Mutter voll berufstätig. Sie arbeitete bis zu ihrem Renteneintritt 1983 im Alter von 60 Jahren als Krankenschwester, so im UKE, dann im DRK-Krankenhaus und später im AK Altona, dort in der Kiefernklinik. "Nebenbei" belegte sie Volkshochschulkurse, lernte Sprachen und interessierte sich für weltanschauliche, philosophische Fragen. "Ich habe immer was nebenher gemacht und bin ein neugieriger Mensch. Ich wollte immer hinter die Dinge schauen", äußerte sie einmal.
1956 trat sie in den Verband der weiblichen Arbeitnehmer e. V. (VWA) ein. Als ihr Sohn in die Ausbildung kam, konnte sie die Zeit erübrigen, sich noch intensiver in dieser 1889 gegründeten Frauengewerkschaft zu engagieren. So oblagen ihr seit Mitte der 1960er Jahre ehrenamtliche Tätigkeiten im Verbandsvorstand des VWA und in Berufs-bildungs- und Prüfungsausschüssen der gesundheitspflegerischen Berufe in Hamburg. Auch war sie stellvertretendes Mitglied in den Vertreterversammlungen der BfA und der Verwaltungsberufsgenossenschaft, arbeitete in Tarifkommissionen mit und wurde später über 25 Jahre lang ehrenamtliche Richterin beim Hamburger Arbeits- sowie auch Sozialgericht.
Ab 1976 fungierte sie als Delegierte des VWA im Landesfrauenrat Hamburg und war zeitweilig Mitglied seiner Geschäftsführung.
Ebenso war sie Mitglied im Hamburger Verband für Fraueninteressen, dem juristischen Träger der Arbeitsgemeinschaft Hamburger Frauenverbände, der später den Namen Landesfrauenrat Hamburg erhielt und arbeitete viele Jahre für die Sonderschau des Landesfrauenrates in der Messe "Du und Deine Welt" mit. Auch betätigte sie sich im Universitätsprojekt "Expertinnenberatungsnetz Hamburg", wo sie junge Frauen, die einen medizinisch-technischen Beruf ergreifen wollten, beriet.
Aber damit nicht genug für die vielseitig interessierte und engagierte Annelinde Töpel. Immer wenn sich für eine Aufgabe so recht niemand zuständig fühlte, dann meldete sie sich und sagte: "Na gut, ich mach das schon."
Annelinde Töpel wurde auch Mitglied der Patriotischen Gesellschaft Hamburg, arbeitete in der Arbeitsgruppe "Interkulturelles Leben" mit und engagierte sich im Marie-Schlei-Verein, in der Hamburger China-Gesellschaft und im Hamburger Frauenring.
1995 wurde ihr die "Zitronenjette" - eine Auszeichnung die die Hamburg Messe "Du und Deine Welt" und der Landesfrauenrates Hamburg an Frauen vergaben, die sich für Frauen- und Gleichstellungspolitik eingesetzt haben. 1999 erhielt sie für ihr langjähriges ehrenamtliches Engagement die Medaille für treue Arbeit im Dienste des Volkes überreicht. 2008 wurde ihr die Bürgermedaille für langjährige Tätigkeit als ehrenamtliche Richterin am Sozialgericht verliehen. Und 2013 wurde sie Ehrenmitglied der Hamburger China-Gesellschaft. Annelinde Töpel besaß eine große Affinität für China. Noch im Alter von 90 Jahren unternahm sie zum dritten Mal eine Reise in dieses Land.
Annemarie Topel, geb. Kohn
(01.04.1940 in Memel - 26.09.2014 in Hamburg) 74 Jahre, Kauffrau
Dr. Elke Turner
(13.01.1964 Dortmund - 21.12.2001 Hamburg)
37 Jahre, Ärztin
Ihr Medizinstudium wie auch ihr drittes Staatsexamen schloss Elke Turner als eine der besten ab. Während ihrer Tätigkeit als Ärztin im Praktikum am Institut für Arbeitsphysiologie und Arbeitsschutz an der Universität Dortmund forschte und schrieb sie ihre Promotion, die sie 1992 an der Universität Münster mit dem selbst gewählten Thema "In-vitro Untersuchungen zum Prostaglandinstoffwechsel an Organ- und Zellkulturen" beendete. Sie arbeitete als Radiologin am Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhaus in Boberg. Sie war unglaublich liebenswert. Wer sie zur Freundin hatte, konnte sich ganz auf sie verlassen. Sie lachte mit Dir und konnte die Welt erklären, die sie stets mit eigenen Augen sah. Dr. Elke Turner verstarb nach langem mutigen Kampf gegen die Krankheit Krebs. Ihren großen Wunsch, Fachärztin zu werden, konnte sie nicht mehr verwirklichen.
Dr. Irina Venzky-Stalling
(01.03.1955 Oldenburg - 06.04.2008 Hamburg)
53 Jahre, Psychologin
Du warst Zeit deines Lebens ein suchender Mensch- auf der Suche nach dem weißen Einhorn. Ob du es gefunden hast, wissen wir nicht, gefunden hast du aber Menschen, die dich lieben und vielleicht sind dies die weißen Einhörner, die du immer gesucht hast.
Du hattest viele Wünsche, Träume und Hoffnungen, einiges ist offen geblieben, aber auch vieles erfüllte sich.
Deine Fröhlichkeit, dein spezieller Humor und deine Heiterkeit gehen über deinen Tod hinaus und werden immer mit uns sein.
Das Leben mit dir war intensiv und wunderbar und dafür danken wir dir.
Liselotte Voggenreiter
(24.6.1929 - 16.12.2013) 84 Jahre, Hausfrau
Ursula Wachsmann
(2.4.1932 - 13.8.2016) 84 Jahre, Kinderkrankenschwester
Regine Weidlich
(30.4.1950 - 28.9.2016) 66 Jahre, Ärztin für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren
Annemarie Weighardt
(17.7.1930 - 31.8.2017)
87 Jahre, Chefsekretärin
Annemarie Weighardt wuchs in einem bürgerlichen Haushalt mit zwei großen Brüdern auf.
Nach den Wirren des Krieges konnte sie ihre Schulausbildung nicht fortsetzen und fand eine Lehrstelle im Einzelhandel. Nach Besuch der Handelsschule, Ausbildung zur Sekretärin und Fremdsprachensekretärin konnte sie nach Stationen als Stenotypistin und Sekretärin in einem kleineren mittelständischen Unternehmen bald als Vorstandssekretärin in einem großen Unternehmen tätig sein.

Ab 1969 war sie Mitglied im Vorstand des DSV, von 1977 bis 1993 als 1. Vorsitzende. Sie prägte maßgeblich die Verbandsarbeit des DSV, u. a. wirkte sie bei der Gestaltung der
Rechtsvorschriften mit, die zur offiziellen Anerkennung des Berufsbildes ‚Sekretä-rin/Fremdsprachensekretärin/Sekretär' führten. Das von ihr vertretene Leitbild ihres Berufstandes ist in der Schrift zum Jubiläum "30 Jahre Deutscher Sekretärinnen-Verband EV (Chronik 1956 - 1986)" wie folgt buchstabiert:

Selbständigkeit
Einsatzfreude
Kontaktfähigkeit
Rationelle Arbeitsweise
Einfühlungsvermögen
Toleranz und Taktgefühl
Aufgeschlossenheit
Eigeninitiative
Rhetorische Begabung
Intelligenz
Natürlichkeit und Niveau

1993 endete ihre aktive Tätigkeit im Vorstand des DSV; die Mitglieder des DSV wählten sie zu ihrer Ehrenvorsitzenden. 1997 vollzog sich der von ihr mit vorbereitete Zusammenschluss des Deutschen Sekretärinnen Verbandes (DSV) und des Bundes Deutscher Sekretärinnen (BDS) zum Bundesverband Sekretariat und Büromanagement (BSB), deren Ehrenvorsitzende sie dann war. In der Namensgebung des fusionierten Verbandes spiegelt sich der Wandel der Technik, der auch den Aufgabenbereich und damit das Berufsbild der Sekretärin beeinflusst hat.
Ihr ehrenamtliches Engagement war weiter greifend; Ländergrenzen überschreitend in dem Einsatz in der von ihr mitbegründeten deutschen Sektion der European Secretary-Association (heute: European Management Assistants); die Grenzen des Berufsbildes ausweitend in der Zusammenführung des Sekretärinnen Verbandes mit der Organisation FIM (Frauen im Ma-nagement). Dem Expertinnen Beratungsnetz der Universität Hamburg stand sie ab 1995 für viele Jahre als sachkundige Beraterin und Mentorin zur Seite. Auch nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Berufsleben war sie eine gefragte Rednerin auf Kongressen, schrieb Fachartikel und wirkte als Autorin an zahlreichen Fachbüchern mit. Ihr ehrenamtliches Wirken für die Rolle der Frau im Beruf und in der Gesellschaft ist 1996 mit dem Verdienstkreuz des Bundes am Bande gewürdigt worden.

Bis zum Schluss blieb sie eine gefragte wie anregende Gesprächspartnerin - gerade auch für jüngere Kolleginnen. Ihr Sachverstand war nach wie vor gefragt und wurde gern und vielfach genutzt.

Der 2008 gegründete Verein ‚Ankerland e.V.' hat es sich zum Ziel gesetzt, traumatisierten Kindern und Jugendlichen helfend beizustehen. Annemarie Weighardt, war von der Idee angetan und bot ihre Mithilfe an. Für Ankerland hat sie "das Vereinsbüro auf die Beine gestellt." Sie war über Jahre "die Organisationszentrale" des Vereins, seine "gute Seele", seine "Ratgeberin", deren "Rat und Meinung immer eine wichtige Orientierung" war.

Annemarie Weighardt lebte für Ihren Beruf und ihr ehrenamtliches Engagement. Gleichzeitig war sie sehr vielen Frauen Vorbild, engagierte Mentorin, gute Kollegin, liebevolle Freundin und den Töchtern ihrer Brüder, geschätzte Tante.
Gertraud Welter
(14.3.1945 - 16.7.2023) 78 Jahre, Fachkrankenschwester Psychiatrie
starke Mutter von Kirstin, Melanie und Stefanie
und Oma von 5 Enkelkindern,
verheiratet mit Henry.


Traurig ist, wenn Menschen gehen
In das unbekannte Land
Niemals werden wir uns sehen
oder spüren diese Hand.

Doch ich bin voraus gegangen
halte Euch die Tore auf
werde einstens Euch empfangen
wenn zu End der Lebenslauf.

Wer geliebt wurde, stirbt nie.
In Euren Herzen bin ich immer bei Euch.
Doris Wildner
(10.09.1940 - 28.08 2011) 71 Jahre
Karin Wilsdorf
(11.10.1944 - 12.06.2015 ) 70 Jahre, Aktivistin der Hamburger Frauenbewegung, Mitinhaberin des Frauenhotels Hanseatin
Unbeirrbar kritisch und geradeaus war Karin Wilsdorf eine Aktivistin der Frauenbewegung, die Frauenräume immer wieder neu gestaltete. Gemeinsam mit Ihrer Lebenspartnerin Linda Schlüter eröffnete sie 1988 das Frauencafé endlich und verwirklichte 1995 mit ihr zusammen die Idee von einem Hotel für Frauen, das unzähligen Interessierten weit über die Grenzen Hamburgs und Deutschlands bekannt wurde.
Vorangegangen waren Erfahrungen der Vereinzelung auf einem klassisch konventionellen Weg für Frauen in den 1960ern: Nach einer Ausbildung zur Dekorateurin folgte eine Heirat und die Geburt ihrer Tochter Jovanka. Als Ehefrau und Mutter arbeitete sie für
den Haushalt und die Kleinfamilie; erwerbstätig zu sein war für Frauen in diesem Lebensmodell nicht vorgesehen - doch Karin wollte unabhängig sein. Über die Literatur der neuen Frauenbewegung erfuhr sie Anfang der 1970er, dass es vielen Frauen ging wie ihr. Sie trennte sich vom Vater ihrer Tochter und zog in eine WG mit Frauen, die unterschiedliche Lebensentwürfe lebten, entschied sich mit 34 für ein Studium der Sozialökonomie und engagierte sich für Frauenkultur.
Ihr Lebensinhalt war es für und mit Frauen etwas zu bewegen. Mit Karins Worten gesprochen hieß das: "Das ist ja spannend, das musst Du machen!" Ihre Lebensfreude und ihre überschäumende Kreativität waren dabei Karins Markenzeichen und ihr Mut zu Neuerungen machte vielen anderen Frauen Mut.
Eine motivierende Bühne für kulturelle und künstlerische Arbeit war das Frauencafé endlich, dass nach 25 Jahren umgewandelt wurde in den Frauensalon endlich. Viele verschiedene Gruppen gehörten mit regelmäßigen Treffen zum festen Rahmen des Cafes im Frauenhotel Hanseatin. Kontakte zu (prominenten) Schriftstellerinnen, Musikerinnen oder Politikerinnen, die im endlich eine Bühne bekamen oder zu solchen, die dadurch an Bekanntheit gewannen, waren die Highlights für die interessierte Hamburger Frauenwelt. Zu den externen Veranstaltungen gehörten neben Frauenpartys auch Dampferfahrten auf der Alster.
Darüber hinaus organisierte Karin 25 Jahre lang mit einem Team von Frauen den legendären Hamburger Frauenball im Curio-Haus und später im CCH.
Über vier Jahrzehnte hinweg war sie (Mit-) Initiatorin von Kulturräumen für Frauen.
Die Erinnerung an Karin Wilsdorf bleibt verbunden mit der Liebe und Energie, mit der sie die Stärken, Fähigkeiten und Talente von Frauen in Szene setzte und sie öffentlich machte. Nicht nur der Erfolg des Frauenhotels zeigt, dass es Karin Wilsdorf gelungen ist eine Vision von Frauenkultur und Solidarität zu verwirklichen.
Eleonore Witschel
(25.8.1926 - 9.6.2019) 93 Jahre, Lehrerin
Beate Witt
(07.12.1949 - 03.06.2015) 65 Jahre, OP-Schwester
Ursula Witt
(25.08.1936 - 24.01.2013) 76 Jahre, Fotoredakteurin
Dr. Erika Wölfert-Ahrens
(8.5.1933 - 15.12.2023) 90 Jahre, Oberschulrätin im Bereich Sonderschulen
Ruth Wunsch
(18.11.1930 - 16.9.2021) 91 Jahre, Sekretärin und Buchautorin
Im Alter von 15 Jahren begann die Sehkraft nachzulassen. Ca. im Alter von 65 Jahren war Ruth Wunsch vollkommen erblindet. Sie schrieb mehrere Bücher:
  • Mein buntes, blindes Leben: Eine Partitur in Dur und Moll, 2004.
  • In zweifacher Hinsicht: Ein ungewöhnlicher Reisebericht, 2008.
  • echt blind - wahre Geschichten aus der Dunkelheit, 2011.
  • Über die Meere so weit: Eine Kreuzfahrt mit der MS Europa ins Nordmeer, 2012.
  • Diagnose blind - ein Mutmacher für Betroffene und ihre Angehörigen, 2013.
  • Keine Chance für Mister Murphy - Geschichten einer Blindgängerin, 2014