Bertha Rohlsen
geb. Rodatz
Mäzenin, Vorsitzende des Frauenklubs Hamburg

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2.12.1928
Grablage: Ohlsdorfer Friedhof, Z24-92. Erhaltenswertes Grabmal
Bertha Rohlsen, die mit ihrem Mann, dem Konsul Gustav Rohlsen in der Hammer Landstraße 225 lebte, fungierte als Vorsitzende des Frauenklubs Hamburg. Dieser befand sich von 1910 bis 1920 am Neuen Jungfernstieg 19 und später dann im Uhlenhorster Fährhaus.
Der exklusive Frauenklub war 1906 von der Ortsgruppe Hamburg des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins (ADF) zum geselligen Beisammensein unter Gleichgesinnten gegründet worden. Für die Mitglieder, die hauptsächlich aus der oberen, der „tonangebenden“ Gesellschaftsschicht kamen, stand die Verfolgung der eigenen Interessen im Mittelpunkt des Klublebens und nicht – wie es bei den vielen Frauen-Wohltätigkeitsvereinen der Fall war – die Hilfe für andere. So hieß es denn auch in der Klubsatzung: „Der Frauenklub Hamburg bezweckt, die geistigen, sozialen und materiellen Interessen seiner Mitglieder zu fördern, und zwar zunächst durch folgende Veranstaltungen: a. Lese- und Schreibzimmer b. Gesellschaftsräume c. Erfrischungsräume d. Schlafzimmer für Mitglieder oder für von diesen eingeführte Gäste e. Ausstellungsräume für schriftstellerische, künstlerische und kunstgewerbliche Erzeugnisse seiner Mitglieder.“ 1) Drei- bis viermal die Woche bot der Klub nachmittags und abends kulturelle Veranstaltungen, Diskussionsabende und Bildungskurse an. Die Lese- und Schreibzimmer wurden rege genutzt, hauptsächlich von denjenigen Frauen, die außerhalb Hamburgs wohnten und den Klub in der Innenstadt als standesgemäße Aufenthaltsmöglichkeit nutzten. Wer Mitglied werden wollte, musste von zwei Mitgliedern schriftlich empfohlen werden. Männer hatten als Gäste nur zu bestimmten Veranstaltungen Zutritt und dann auch nur zu den Erfrischungsräumen.
„Der ‚Frauenclub Hamburg‘ war also zunächst einmal eine Gruppe von Frauen, die sich eigene Räume für Veranstaltungen organisierten. Der Klub sollte ein ‚Gesellschaftshaus‘ werden, in dem ‚die gebildeten Frauen Hamburgs einen geistigen Mittelpunkt, eine Stätte künstlerisch, beruflicher und anregender Förderung‘ finden sollten. Als Mitgliederkreis waren Lehrerinnen, Malerinnen, Pianistinnen, Journalistinnen und andere künstlerisch oder freiberuflich tätige Frauen vorgesehen. Gesellschaftliche Schranken sollten zwar abgebaut werden, doch war der Kreis der Mitglieder nicht offen für alle. (…)
Auch hoffte der Vorstand, daß der Klub als ein verbindendes Element für die einzelnen Frauenvereine dienen könnte. (…) Unter den Gründungsmitgliedern befanden sich prominente Vertreterinnen der gemäßigten Frauenbewegung, wie Helene Bonfort [siehe: Erinnerungsspirale im Garten der Frauen], Bertha Wendt [siehe: historischer Grabstein im Garten der Frauen], Marie Kortmann [siehe: historischer Grabstein im Garten der Frauen] und Bertha Rohlsen (…)“ [2]
Bertha Rohlsen war die Schwester von Martha Rauert (11.9.1869–25.9.1958), die mit dem Juristen Paul Rauert verheiratet und passives Mitglied der Künstlervereinigung „Brücke“ war (gegr. 1905 in Dresden von Malern des Expressionismus). Martha und Paul Rauert besaßen eine große Kunstsammlung und luden zu Musikabenden und Lesungen in ihr Haus ein. Auch Bertha Rohlsen sammelte Kunst, so z. B. Werke von Alma del Banco, Alexandra Povorina und Schmidt-Rottluff. Und auch sie war Mitglied der „Brücke“ (seit 1908), und so wurde der Frauenklub Treffpunkt für Kunstliebhaberinnen. Luise Schiefler, eine der Gründerinnen des Frauenklubs, hielt dort Vorträge über Graphik. Weitere Mitglieder des Klubs waren u.a. Ida Dehmel und die Kunsthistorikerin Rosa Schapire. „Gebildete Frauen, die in gewerblichen Berufen tätig waren, fühlten sich offenbar nicht angesprochen bzw. meinten, den im Klub gepflegten Standard hinsichtlich der Kleidung und der zur Verfügung stehenden Zeit nicht entsprechen zu können. Eine anonyme Leserbriefschreiberin führte 1909 dazu aus: ‚Gerade in seiner glänzenden Ausstattung und dem vornehmen Ton, der dort herrscht, ist er ein wenig geeigneter Aufenthalt für die vielen gebildeten Damen, die tagtäglich in der Arbeit stehen und sich abends, oft schon recht ermüdet, nach einem zwanglosen Verkehr mit Gleichgesinnten sehnen, um sich neuen Mut zur Arbeit zu holen …). Da haben wir keine Zeit, erst große Toilette zu machen; wie unbeholfen aber fühlt man sich in seinem sonst so geliebten Arbeitskleid gegenüber den feinen Toiletten der anderen Damen und in den eleganten Räumen.‘“ 3) So wurden denn auch 1909 und 1910 zwei weitere Frauenklubs gegründet, die sich mehr an die anderen Frauen wendeten. 1911 besaß der Frauenklub Hamburg 765 Mitglieder. Text: Rita Bake
Quellen: [1] Zit. nach: Kirsten Heinsohn: Politik und Geschlecht. Zur politischen Kultur bürgerlicher Frauenvereine in Hamburg, Hamburg 1997, S. 150 [2] Kirsten Heinsohn, a. a. ., S. 150f. [3] Kirsten Heinsohn, a.a.O.; S. 152.