Stifterin: Karla und Alfred W. Adickes-Stiftung
Karla Adickes, Günter Stello
Grablage: Ohlsdorfer Friedhof, S. 18-262-265. Prominentengrab, weil Alfred W. Adickes Stifter war. Dass es sich hier um ein Stifterehepaar handelt, wurde nicht berücksichtigt. Es wurde nur das Augenmerk auf ihn gelegt.
Das Ehepaar Karla und Alfred W. Adickes (1906-1997) – er ein erfolgreicher Hamburger Kaufmann und Unternehmer – gab einen Teil seines Vermögens in die Karla und Alfred W. Adickes-Stiftung. Die Stiftung fördert soziale und kulturelle Projekte zugunsten von Kindern, Seniorinnen und Senioren sowie Menschen mit Behinderungen. In erster Linie fließen die finanziellen Mittel in die Seniorenwohnanlage der Stiftung am Grotenbleken 2. Hier können Menschen mit geringem Einkommen in 1 und 2 Zimmer-Wohnungen leben. Darüber hinaus unterhält die Stiftung das Karla Adickes Haus, eine Kindertagesstätte der Marktkirche Poppenbüttel am Poppenbüttler Markt 2.
Stenotypistin, Hausfrau, Widerstandskämpferin, Mitglied der SPD 1931-1932, dann SAP
Schneiderin, Widerstandskämpferin
Grablage Ohlsdorfer Friedhof: Geschwister-Scholl-Stiftung, Bo 73, 1
Textautorin, Schriftstellerin, Drehbuchautorin
Jüdischer Friedhof Ilandkoppel
Stolperstein vor Eppendorfer Landstraße 28
Vierländer Schriftstellerin und Mutter des Schriftstellers Wolffgang Borchert
Widerstandskämpferin der Widerstandsgruppe Bästlein- Jacob-Abshagen. Hausfrau
Lehrerin, Schauspielerin, Rundfunksprecherin, Publizistin
Grablage: Ohlsdorfer Friedhof, P 29, 379-388. Erhaltenswertes Prominentengrab.
Als ihr Vater, ein Marineoffizier, starb, war Aline Bußmann vier Jahre alt. „Bis zum neunten Lebensjahr lebte sie mit der Mutter und ihrem Bruder Theo, der später im Ersten Weltkrieg fiel, in Kiel, dann zog sie nach Hamburg. Von 1903 bis 1907 wohnte sie im Schmilinsky-Stift, einem Waisenheim, und legte auf der Klosterschule 1907 das Lehrerexamen ab. Sie arbeitete eineinhalb Jahre als Lehrerin für Kunst- und Literaturgeschichte, musste allerdings den Beruf zurückstellen, um die kranke Mutter zu pflegen. Nach deren Tod im Jahr 1910 begann Bußmann eine Schauspielausbildung. Bereits im Folgejahr gehörte sie dem Ensemble der Gesellschaft für dramatische Kunst des Hamburger Theaterleiters Richard Ohnsorg an.“ 1)
Aline Bußmann wurde die Vertraute Gorch Focks und spielte z. B. 1914 die Titelrolle in dessen Einakter „Cili Cohrs“. Nach dem Tod Gorch Focks wurde sie die Herausgeberin seiner Werke und hatte somit „großen Einfluss auf die Rezeption seiner Werke bis 1945“.2) Sie gab „der Gorch-Fock-Rezeption für die folgenden Jahrzehnte Leitmotive vor, indem sie seine Begeisterung für die See betonte, aber auch den Kriegs- und Heldenmythos herausstellte, ebenso vermeintlich germanische, nordische und typisch deutsche Züge“, schreibt Dirk Hempel in seinem Portrait über Aline Bußmann. 3) Des Weiteren war Aline Bußmann auch als Rezitatorin tätig, „vor allem mit Gedichten von Gustav Falke, Richard Dehmel und Detlev von Liliencron, u. a. für den Hamburger Jugendschriftenausschuß, den Klosterschulverband, den Frauenclub und die Vereinigung für niederdeutsche Sprache und Literatur ‚Quickborn‘.“4)) Ab 1919 war sie an der Niederdeutschen Bühne von Richard Ohnsorg engagiert. „Sie galt bis in die fünfziger Jahre als eine der wichtigsten Schauspielerinnen der Niederdeutschen Bühne, später des Richard-Ohnsorg-Theaters.“ 5) Ab Mitte der 1920er-Jahre war Aline Bußmann auch im Rundfunk zu hören, so in niederdeutschen Hörspielen. Sie spielte z.B. die Käthe Ziesemann in der ab 1955 ausgestrahlten Schulfunksendung „Neues aus Waldhagen“. 1920 heiratete sie Dr. Carl Hermann Hager (1890-1979). Aline Bußmann förderte den aktiven „Mitläufer“ der Nazis Rudolf Kinau, dem Bruder Gorch Focks. In der NS-Zeit, in der sie u. a. ihr Geld mit Vortragsabenden in Vereinen verdiente, trat Aline Bußmann keiner NS-Organisation bei. Sie war nur Zwangsmitglied in der Reichstheaterkammer. 6) „Um 1945 wirkte sie auch als Mentorin Wolfgang Borcherts, nachdem sie Werke seiner Mutter, der niederdeutschen Schriftstellerin Hertha Borchert, im Rundfunk gelesen hatte. Sie führte einen umfangreichen Briefwechsel mit Borchert, der ihr seine Werke zur Prüfung vorlegte und sich in ihre Tochter Ruth (geb. 1931) verliebte. Carl Hermann Hager verteidigte Borchert als Rechtsanwalt in dessen Kriegsgerichtsverfahren 1943/44.“ 7) Text: Rita Bake
Quellen:
Biographin, Verlegertochter und -ehefrau
Bürgerschaftsabgeordnete (SPD), Widerstandskämpferin gegen das NS-Regime
Niederdeutsche Dichterin/Schriftstellerin
Fotografin
Minya Diez-Dührkoop, Selbstporträt
Grablage: Ohlsdorfer Friedhof, H 14-336. Erhaltenswertes Grabmal)
Minya Diez-Dührkoop (Selbstporträt), Bild: via Wikimedia Commons, Minya Diez-Dührkoop / gemeinfrei
In der Hoffnung auf größere Filmaufträge ließ sich die Tänzerin Ursula Falke 1922 im renommierten Photoatelier von Minya Diez-Dührkoop portraitieren, das sich im „Heine Haus“ am Jungfernstieg 34 befand. Bedingt durch die Frauenbewegung war in den 1920er-Jahren der Anteil der Frauen mit eigenen Portraitateliers ein wenig gestiegen.
Minya Diez-Dührkoop war die Tochter von Maria Louise Caroline Dührkoop geb. Matzen und des berühmten Portraitphotographen Rudolf Dührkoop, Vertreter der Kunstphotographie, der bei seinen Aufnahmen das Individuelle einer Person herausarbeitete und schablonenhaftes Portraitieren ablehnte. 1890 begann seine Tochter bei ihm ihre Ausbildung und entwickelte ein großes Talent. 1894 heiratete sie den Photographen Luis Diez. Sieben Jahre später wurde die Ehe geschieden. Im selben Jahr richtete Minya Diez-Dührkoop ein Atelier in Bremen ein und übernahm später den väterlichen Betrieb.
„Am 22. September 1906 wurde Minya Diéz-Dührkoop Gesellschafterin von ‚Rudolf Dührkoop‘.Dazu überließ er seiner Tochter das neu angemietete Hamburger Atelier am Jungfernstieg 34 im Heine-Haus, um ab Dezember ein Atelier in Berlin zu betreiben. Nach dem Tod des Vaters im Jahr 1918 führte Minya Diéz-Dührkoop das Hamburger Atelier weiter. Ab 1926 wurde das Atelier unter dem Namen ‚Minya Dührkoop‘ geführt. Minya Dührkoop heiratete 1926 erneut. Ihr zweiter Ehemann Fritz Karl Gustav Schulz führte nach ihrem Tod das Atelier fort.“ 1)
Minya Diez-Dührkoop war Mitglied des Kunstbundes Hamburg und sammelte moderne Kunst. Die Künstlerinnen und Künstler lernte sie über Portraitaufträge kennen. 1919 wurde Minya Diez-Dührkoop Mitbegründerin der Gesellschaft der Lichtbildner und hatte mit ihrem Photoatelier am Jungfernstieg großen Erfolg. Sie war u.a. befreundet mit dem Maler Max Pechstein, den sie auch förderte.
Minya Diez-Dührkoop photographierte auch Tanzsposen der Tänzerin Lavinia Schulz, an die mit einem Erinnerungsstein im Garten der Frauen erinnert wird, ebenso schuf sie Porträts der Bildhauerin Elena Luksch-Makowsky, deren Grabstein im Garten der Frauen steht.
Quellen: Gabriele Betancourt Nuñez: Die Fotografinnen im Hamburg der zwanziger Jahre. In: Himmel auf Zeit. Die Kultur der 1920er Jahre in Hamburg. Neumünster 2010, S. 292. dewiki.de/Lexikon/Minya_Diez-D%C3%BChrkoop (abgerufen 156.8.2019)
kommunistische Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus
Schauspielerin, Regisseurin, Prinzipalin der Hamburger Kammerspiele in der Hartungstraße
Hausfrau. Mitglied der Widerstandsgruppe Etter-Rose-Hampel
Ausdruckstanz-Tänzerin
Ursula und Gertrud Falke
Grablage: Ohlsdorfer Friedhof, AC 7, 109-13. Prominentengrab, weil dort ihr Vater, der Schriftsteller Gustav Falke begraben ist.
Ursula und Gertrud Falke, Bild: Minya Diez-Dührkoop (Fotografin), Quelle: Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg / gemeinfrei
Tochter des Schriftstellers Gustav Falke (1853-1916), Ausbildung an der Schule ihrer Schwester Gertrud Falke; betrieb seit 1916 mit ihr gemeinsam die Falke-Schule. Die Falke-Schwestern traten als Tanzpaar u. a. auch auf den Hamburger Künstlerfesten im Curiohaus auf. Sie waren die Stars der Ausdruckstanz-Szene. Nach der Heirat ihrer Schwester Gertrud machte Ursula Falke eine Solo-Karriere. Ihr Ehemann, der Bildhauer Richard Luksch, den sie 1922 geheiratet hatte, entwarf für sie Gesichtsmasken und Kostüme, mit denen sie auftrat.
Literatur: Nils Jockel, Patricia Stöckemann: „Flugkraft in goldene Ferne…“ Bühnentanz in Hamburg seit 1900. Museum für Kunst und Gewerbe in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Theaterforschung der Universität Hamburg. Hamburg 1989.
Schauspielerin am Hamburger Stadttheater von 1862 bis 1865
Näherin, Kindermädchen, Diät-Köchin
Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus, Langenhorner Hausfrau
Agnes Gierck mit Tochter und Sohn
Agnes Gierck mit ihren Kindern etwa um 1920
Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus
Mutter des Dichters Heinrich Heine
Gedenkstein
Grabstein
"Wilhelm und Helene Hell Stiftung"
Schauspielerin
Althamburgischer Gedächtnisfriedhof Grabplatte "Thalia"
Biologin, Bildhauerin und Pionierin im Bereich der Komparativen Psychologie
© kulturkarte.de / Hans-Jürgen Schirmer
Grablage: Ohlsdorfer Friedhof, Q 24/ Q 25, 5358 / 1-27. Prominentenrgrab wegen Mathilde Hetz’s Vater Heinrich Hertz.Mathilde Hertz wird in der Prominentenliste des Friedhofes Ohlsdorf nicht aufgeführt.
Mathilde Hertz war die Tochter von Elisabeth Herz, geb. Doll (26.6.1864–28.12.1941) und des Physikers und Erfinder der Hertzschen Wellen, Heinrich Hertz (22.2.1857 Hamburg – 1.1.1894 Bonn). Mathilde Hertz war drei Jahre alt, als ihr Vater starb. Die wirtschaftlichen Verhältnisse waren auf Grund des frühen Todes ihres Vaters für sie, ihre ältere Schwester und ihre Mutter nicht sehr gut. Zuvor hatte die Familie in gut situierten Verhältnissen leben können. Durch den Tod des „Ernährers“ war dies nicht mehr möglich. Nach dem Abitur 1910 studierte Mathilde Hertz Philosophie, brach das Studium aber bald ab und absolvierte eine künstlerische Ausbildung an der Kunstschule in Karlsruhe und Weimar. Nach dieser Ausbildung war Mathilde Hertz als Bildhauerin in Weimar, Berlin und München tätig. Sie schuf auch mehrere Büsten ihres Vaters. „Im Herbst 1918 erhält sie eine Stelle in der Bibliothek des Deutschen Museums in München. Bis 1923 verdient sie hier ihren Lebensunterhalt.“ 1) Eine ihrer Aufgaben war es, fossile Zähne zu rekonstruieren. In dieser Zeit studierte sie neben ihrer Erwerbsarbeit Zoologie und Paläontologie an der Universität München. 1925 promovierte sie mit der Dissertation „Beobachtungen an primitiven Säugetiergebissen“. „Nach Beendigung ihrer Doktorarbeit lenkt sie ihre Aufmerksamkeit durch den Einfluss von Wolfgang Koehler, einem der Begründer der Gestaltpsychologie, auf das Gebiet der Tierpsychologie.“ 2) Zwischen 1925 und 1929 erhielt sie ein Stipendium der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft, womit sie finanziell ein wenig abgesichert war. „Zunächst arbeitete sie als Hilfskraft in der Zoologischen Sammlung in München, dann ab 1927 als Gastwissenschaftlerin der von Richard Goldschmidt geleiteten Abteilung des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Biologie in Berlin.“ 3) „1929 erhält sie hier eine Assistentenstelle. Mit Unterstützung des Genetikers und Biologen Richard Goldschmidt führt sie in Berlin bald ihr eigenes Laboratorium. Ende 1929 reicht sie ihre Habilitationsschrift ‚Die Organisation des optischen Feldes bei der Biene‘ ein. Diese wird von den Gutachtern als äußerst positiv bewertet. Im Rahmen ihrer Untersuchungen zur Tierpsychologie gilt weiterhin ihre Aufmerksamkeit dem Verhalten von Raben, speziell der Sehwahrnehmung dieser Vögel. Später konzentriert sie sich auch auf andere Tiere und studiert zum Beispiel den blauen Eichelhäher, Einsiedlerkrebse und Fliegen.“ 4) 1930 wurde ihr „die Venia legendi für Zoologie der Philosophischen Fakultät erteilt: In der Folge hielt sie neben ihrer Forschungsarbeit am Kaiser-Wilhelm-Institut bis 1933 Vorlesungen an dieser Universität.“ 5) Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten war Mathilde Hertz‘ wissenschaftliche Karriere abrupt beendet. Wegen ihrer jüdischen Herkunft „wird ihr die Lehrbefugnis an der Universität Berlin entzogen. Aber sie kämpft um ihre Anstellung am Kaiser-Wilhelm-Institut. So verweist sie in einem Schreiben an das zuständige Ministerium darauf, dass alle ihre acht Urgroßelternteile evangelisch getauft gewesen seien und es sich mütterlicherseits um Pastorenfamilien gehandelt habe. Nach mehreren Anträgen erreicht Max Planck, Präsident der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft und die unbestrittene Autorität der deutschen Wissenschaft, überraschenderweise eine Erlaubnis zur Weiterführung ihrer Arbeit im Labor. Dennoch ist die politische Situation für Mathilde untragbar, sodass sie kurze Zeit später nach Cambridge in England emigriert. Hier kann sie 1935 ihre Forschungen weiterführen. Ein Angebot der Columbia-Universität der USA schlägt sie aus.“ 6) Mathilde Hertz holte auch ihre Mutter und ihre Schwester, eine promovierte Medizinerin, nach England. Finanzielle Unterstützung erhielten die drei Frauen aus einem „Hertz-Fonds, den britische Unternehmen der Radioindustrie in Erinnerung an Heinrich Hertz auf Bitten führender Wissenschaftler geschaffen hatten. Trotz dieser vergleichsweise vorteilhaften Bedingungen nahm Hertz‘ wissenschaftliche Schaffenskraft bald erheblich ab, was in der Literatur auf gesundheitliche und familiäre Probleme (Tod der Mutter, mentale Erkrankung der Schwester), sowie die belastende Situation der Vertreibung zurückgeführt wird. Um 1939 stellte sie ihre Forschungsarbeiten völlig ein und nahm sie auch später nicht mehr auf.“ 7) Sie entzog sich „dem öffentlichen Leben. Mathilde Hertz lebt sehr bescheiden in den Nachkriegsjahren. Manche Besucher bezeichnen ihre Verhältnisse sogar als ‚armselig‘. Aus Stolz will sie keine Wohltätigkeiten akzeptieren. Max von Laue allerdings setzt sich 1957 dafür ein, dass sie im Rahmen der Wiedergutmachung ein entsprechendes Ruhegehalt erhält. 1975 verstirbt Mathilde Hertz in Armut und relativer Einsamkeit in Cambridge.“ 8) Mathilde Hertz wurde – wie sie es wünschte – neben ihrem Vater auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg beerdigt.
Quellen: 1) Kulturring.org, Frauenpersönlichkeiten in Berlin-Mitte, unter www.kulturring.org/konkret/frauen-persoenlichkeiten/index.php?frauen-persoenlichkeiten=wissenschaft/bildung&id=115 2) Ebenda. 3) Wikipedia: Mathilde Hertz, unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Mathilde_Hertz (abgerufen: 26.12.2022.) 4) Kulturring: Frauenpersönlichkeiten, a. a. O. 5) Wikipedia: Mathilde Hertz, a. a. O. 6) Kulturring: Frauenpersönlichkeiten, a. a. O. 7) Wikipedia: Mathilde Hertz, a. a. O. 8) Kulturring: Frauenpersönlichkeiten, a. a. O.
Schauspielerin und Sängerin am Hamburger
Ehefrau des Schriftstellers, Topographen, Politikers und
Historikerin, Dokumentarin, Autorin
Lehrerin an der Schule Schottmüllerstraße. Mitglied der Bästlein-Jacob-Abshagen-Widerstandsgruppe
Schauspielerin am Thalia-Theater von 1875 bis 1884
Schauspielerin, Regisseurin und Prinzipalin der Hamburger Kammerspiele am Besenbinderhof
Künstlerin und Ehefrau
Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus. Mitglied der Widerstandsgruppe Bästlein-Jacob-Abshagen. Kaufmännische Angestellte, Lehrerin
Ordensträgerin für Verdienste während des Krieges 1870/71
Stifterin der Anscharhöhe an der Tarpenbekstraße
Komponistin
Grablage: Ohlsdorfer Friedhof, Z 21, 217. Prominentengrab wegen ihres Ehemannes Alfred Kerr.
Nachdem Julia Kerr 1965 in Berlin gestorben war, wurde sie neben ihrem Ehemann Alfred Kerr (1867-1948) auf dem Ohlsdorfer Friedhof bestattet. Alfred Kerr starb 1948 in Hamburg, wohin er zu einer Theateraufführung gekommen war. Als er dort einen Schlaganfall erlitten hatte, nahm er sich mit Schlaftabletten das Leben. Der Theaterkritiker und Schriftsteller sowie Journalist Alfred Kerr ist in die Prominentenliste des Ohlsdorfer Friedhofes aufgenommen worden – nicht jedoch seine Ehefrau, die Komponistin Julia Kerr. Wie es meist in patriarchalen Gesellschaftssystemen ist, galt ihre Arbeit als Komponistin als weniger bedeutend als die Tätigkeit ihres Ehemannes. Der Grad von Bedeutung hängt leider auch vom Bekanntheitsgrad der Person ab, und diesen erringen die Menschen meist über Veröffentlichungen und/oder Aufnahme in Prominentenlisten, über Denkmäler, Erinnerungstafeln und was es sonst noch für Formen der Erinnerung gibt. Verschweigt man die Person, und hat sie noch so Großartiges geleistet, wird sie vergessen und erlangt dadurch kaum Bedeutung. Julia Kerr, die zweite und 30 Jahre jüngere Ehefrau von Alfred Kerr, mit dem sie zwei Kinder hatte, wurde als Tochter von Gertrud Weismann, geb. Reichenheim und des preußischen Staatssekretärs Robert Weismann geboren. Sie studierte Musik und Berlin „und heiratete 1920 den Theaterkritiker Alfred Kerr. Weil sie Juden waren, musste die Familie Kerr aus Deutschland fliehen. Nach einem Aufenthalt in der Schweiz zogen sie nach Frankreich und schließlich 1935 nach England. In London musste Julia Kerr ihre in ärmlichen Verhältnissen lebende Familie mit kümmerlichen Sekretariatsarbeiten über Wasser halten. Nach Kriegsende arbeitete sie als Dolmetscherin und Sekretärin beim Nürnberger Kriegsverbrecherprozess. (…) Später lebte Julia Kerr wieder in Berlin,“[1] wo sie 1965 an einem Herzinfarkt starb. Julia „Kerrs erste Oper war Die schöne Lau, eine Märchenoper in sechs Bildern nach Eduard Mörikes Dichtung. Das Libretto schrieb Aenne von Below. Die schöne Lau war die erste Oper, die in Deutschland im Rundfunk uraufgeführt wurde: die Funk-Stunde Berlin sendete sie am 3. Februar 1928 (…), die szenische Erstaufführung folge am 12. Mai 1929 im Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin. Die Aufführung ihrer zweiten Oper Chronoplan, zu der ihr Mann 1929 das Libretto begonnen hatte, verzögerte sich aufgrund der Emigration. In dieser Oper ging es um eine Zeitmaschine, die George Bernard Shaw zu einer Begegnung mit Lord Byron verhelfen sollte. 1947 wurden die Pläne vergeblich wieder aufgenommen. Neben Opern komponierte [Julia] Kerr auch Lieder, oftmals auf Gedichte ihres Gatten.“[1]
Quelle: [1] Wikipedia: Julia Kerr, unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Julia_Kerr (abgerufen: 4.12.2022)
Balletttänzerin, Ehefrau des Schauspielers Henry Vahl (1897-1977)
Politikerin, Widerstandskämpferin gegen das NS-Regime, Mitglied (KPD) der Hamburgischen Bürgerschaft
Schauspielerin am Hamburger Stadttheater von 1803 bis 1851
Langjährige Geliebte und Förderin des Dichters Friedrich Hebbel
Gutsherrin und Stifterin
Teilansicht des Grabmals von Marie Lippert und ihrem Mann auf dem Ohlsdorfer Friedhof. Das Grabmal zeigt in Reliefs Szenen aus dem Leben Marie Lipperts. Hier sitzt sie in einer offenen Veranda an einem kleinen Tisch, stützt den Kopf in die eine Hand und hat in der anderen Hand eine Schreibfeder, ihr Blick ist in die Ferne gerichtet. Marie Lippert schreibt an ihren Reiseberichten.
Widerstand gegen das NS-Regime
Stadtverordnete.
Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft (KPD, 1931-1933)
Vortragskünstlerin, Ansagerin, Schauspielerin
Grablage: Ohlsdorfer Friedhof, Grab: Q 329, Q 6-40; Q 6-41; Q 6-43; Q 6-44; Q 6-45; Q 6-46; R 6-17. Prominentengrab wegen ihres Großvaters Hein Köllisch.
Maria Munkel-Köllisch war die Enkelin des plattdeutschen Humoristen und Liedtexters Hein Köllisch (1857-1901), nach dem der Hein-Köllisch-Platz auf St. Pauli benannt ist. Ihre Mutter war eine Tochter von hein Köllisch. Maria Munkel-Köllisch war geschieden. Laut ihrer Sterbeurkunde hieß sie mit Nachnamen Neerfeld. Maria Munkel-Köllisch wurde Vortragskünstlerin und setzte auf ihre eigene Art mit ihren Chansons und ihren Conférences „die in der hamburgischen Folklore begründete Linie ihres Großvaters Hein Köllisch [fort] und [schuf] sich durch ihre unverwechselbaren Auftritte bei unzähligen Unterhaltungsveranstaltungen Freunde im gesamten norddeutschen Raum (…)“, heißt es in einem Nachruf auf Maria Munkel-Köllisch in der Zeitung „Die Welt“ vom 9.3.1970. In der Zeit des Nationalsozialismus war sie kein Mitglied der NSDAP geworden und war auch keiner anderen NS-Organisation beigetreten. Text: Rita Bake
Korrespondentin, Mitglied der KPD, war vier Monate in Haft, emigrierte
Wohltäterin
Prinzessin von Ostfriesland
Mitbegründerin der Bewahranstalt für Kinder, Mitbegründerin des Frauenvereins zur Unterstützung der Armenpflege
Tochter des Dichters Matthias Claudius und Ehefrau des Buchhändlers und Verlegers Friedrich Perthes
Kunstförderin, Wohltäterin
Direktorin eines Mädchenlyzeums
Marie Pfannenstiel, Günter Stello
Holzdamm 10 (Wirkungsstätte) Grablage: AA 18, kulturell schützenswerte Grabstätte
Geboren in Wismar kam Marie Pfannenstiel früh nach Hamburg und besuchte hier die Unterrichtsanstalten des Klosters Sankt Johannis. Sie war zunächst an der Thedsenschen Knabenvorschule tätig und kam danach an das Lyzeum Holzdamm 10, in dem sie später die Direktorin wurde. Nach der Auflösung der Schule war Marie Pfannenstiel an der Frauenschule der vereinigten Lyzeen am Holzdamm tätig. Später, nachdem sie ihr Erspartes, das ihr ein sorgenfreies Leben im Alter sichern sollte, durch den Währungsverfall eingebüßt hatte, trat sie in den Staatsdienst als wissenschaftliche Lehrerin an den Schulen für Frauenberufe in der Brennerstraße ein. Neben ihrer Berufstätigkeit als Lehrerin war Marie Pfannenstiel wissenschaftlich tätig. Sie beschäftigte sich mit deutscher Literatur der Goethezeit und mit Weimar und war Mitglied der Weimarer Goethe-Gesellschaft und der Hamburger Literarischen Gesellschaft. Intensiven Briefwechsel pflegte sie mit Malvida von Meysenbug. Zu ihren Freundinnen zählte die Schriftstellerin Ida-Boy-Ed (Ida-Boy-Ed-Straße in Hamburg). Ihr Gedenkstein auf dem Ohlsdorfer Friedhof wurde von Marie Pfannenstiels ehemaligen Schülerinnen errichtet. Es handelt sich um eine Replik des „Goethe Steins“, den Goethe 1777 nach seinen Entwürfen in seinem Garten am Stern in Weimar hatte aufstellen lassen. Ein Würfel, darauf eine Kugel. Stein des guten Glücks. Text: Rita Bake
Literatur: siehe auch: https://fredriks.de/ohlsdorf/s31.php?f=51
Lehrerinnen, Schulvorsteherinnen
Anna und Lizzy Predöhl, Günter Stello
Anna und Lizzy Predöhl, Günter Stello
Grablage: AB 10- 127 und AB 10-128. Die Gräber bleiben deshalb erhalten, weil der Theaterkritiker Dr. Walter Schröder und der Jurist, Senator und Bürgermeister Max Garlieb August Predöhl bestattet sind. Predöhl war der Bruder von Anna und Lizzy Predöhl.
Die Schwestern Anna und Lizzy Predöhl sowie ihr Bruder Max waren die Kinder von Caroline Elisabeth Predöhl, geb. Busse und des Hamburger Kaufmanns Joachim Heinrich August Predöhl.
Die Schwestern blieben unverheiratet und wurden Lehrerinnen. Nachdem mehrere Familien, die in den Villen auf der Uhlenhorst wohnten, für ihre Töchter eine Privatschule - Mädchenschule Uhlenhorst - gegründet hatten, setzten sie 1874 Anna Predöhl als Schulleiterin ein. 1878 begann auch Lizzy Predöhl dort als Lehrerin zu arbeiten. Die Predöhlsche Schule befand sich im Hofweg 88. Lange Jahre hatten die Schwestern gemeinsam die Leitung der Schule. Nach dem Tod von Anna Predöhl wurde Lizzy alleinige Vorsteherin der Schule.1910 wurde die Schule staatlich anerkanntes Lyceum und später Mädchenrealschule. Text: Rita Bake
Quellen: Predöhl: Zeitungsausschnittsammlung A 765, Staatsarchiv Hamburg
Erzieherin Hamburger Persönlichkeiten
Ausgebildete Lehrerin, Antisemitisch verfolgt, Widerstandskämpferin, Bürgerschaftsabgeordnete
Mittelpunkt des "Theetisches" im Hause Reimarus
Ehefrau des Malers Philipp Otto Runge
Malerin der Hamburgischen Sezession
Schauspielerin am Hamburger Stadttheater von 1792 bis 1832
Widerstandskämpferin gegen das NS-Regime
Tänzerin und Schauspielerin am Ackermannschen Schauspielhaus am Gänsemarkt von 1773 bis 1798
Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus
Lehrerin, Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus
Mittelpunkt des gesellschaftlichen Treffpunktes auf dem Sievekingschen Landhaus in Neumühlen
Namensgeberin für: Irma-Sperling-Weg, seit 1985
Malerin
Gabriele von Bose begann 1922 mit ihrer künstlerischen Ausbildung in der Privatmalschule von Gerda Koppel, besuchte dann von 1930-1933 die Landeskunstschule am Lerchenfeld und absolvierte 1937/38 eine Werklehrerinnenausbildung. Nach ihrer Ausbildung unterrichtete sie an der Kunstschule Gerda Koppel.
Von 1928 bis 1930 war sie mit dem Kaufmann Edward Schmilinsky verheiratet. Dann starb er und Gabriele Schmilinsky arbeitete nun bis 1938 als freischaffende Malerin.
Nachdem Gerda Koppel 1939 nach Kopenhagen emigriert war, übernahm Gabriele Schmilinsky Gerda Koppels Kunstschule und heiratete den Schriftsteller Hans Stock.
In der Zeit des Nationalsozialismus war Gabriele Schmilinsky 1934 Zwangsmitglied der Reichskulturkammer geworden. Sie trat nicht der NSDAP bei, war; ab 1940 war sie Mitglied der NSV. 1) Die NSV war mit „17 Mio. Mitgliedern (1943) nach der Dt. Arbeitsfront die größte (…)NS-Massenorganisation.(…) Ihren Anspruch auf Monopolisierung der gesamten freien und öffentlichen Wohlfahrt konnte die N. zwar nicht realisieren, doch gelang es ihr, die in der freien Wohlfahrtspflege tätigen Verbände zurückzudrängen bzw. gleichzuschalten (…). Angesichts der ihr zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel (Mitgliedsbeiträge, Spenden, staatliche Zuwendungen) war es ihr n möglich, in alle Bereiche der Wohlfahrt zu expandieren (…). Aufgrund ihrer scheinbaren Ideologieferne war die Arbeit der N. populär und die Mitgliedschaft erschien auch für diejenigen, die dem Regime eher zögernd oder kritisch gegenüberstanden, aber aus Opportunitätsgründen in eine Parteiorganisation eintreten wollten, akzeptabe. Tatsächlich war die Arbeit der N. von rasse- und erbbiologischen Selektionskriterien bestimmt (…).“2)
1943 wurde der Unterricht in der Kunstschule eingestellt, das Gebäude wurde durch Bomben zerstört. In dieser Zeit gebar Gabriele Stock-Schmilinsky einen Sohn.“3)
Maike Bruhns schreibt über den weiteren Werdegang von Gabriele Stock-Schmilinsky: „1948 Neubeginn der Kunstschule, zunächst am Krähenberg in Blankenese, 1951-1954 in der Karl-Jacob-Straße in Kl. Flottbek. 1955/56 Dozentin an der HfbK Hamburg in der Klasse Batik und Stoffdruck. Bis 1954 Leiterin der Kunstschule. (…)“[4] Text: Rita BakeQuellen: 1) Staatsarchiv Hamburg 221-11, Ed 13128 2) Marie- Luise Recker: NS-Volkswohlfahrt, in: Wolfgang Benz, Hermann Graml, Hermann Weiß (hrsg.): Enzyklopädie des Nationalsozialismus. 2. Aufl., München 1998, S. 619.
3) Der Neue Rump. Lexikon der bildenden Künstler Hamburgs. Überarbeitete Neuauflage des Lexikons von Ernst Rump (1912). Herausgegeben von Familie Rump, ergänzt, überarbeitet und auf den heutigen Wissensstand gebracht von Maike Bruhns. 2. Aufl. Neumünster 2013, S. 451. [4] Der Neue Rump, a. a. O., S. 452.
Trauerrede, gehalten von Inka Damerau Liebe Ulla, lieber Heinz, liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freundinnen und Freunde, liebe Trauergemeinschaft, Eine herzliche und kluge, streitbare Sozialdemokratin durch und durch – eine beeindruckende Politikerin - eine politische Freundin. Ursel Preuhs ist tot. Ihr 93-jähriges langes Leben war geprägt von ihrer grundständigen Haltung, dass diese Gesellschaft Freiheit, Demokratie und Frieden braucht. Dafür ist Ursel ihr Leben lang politisch und gesellschaftlich aktiv geblieben. Ihre politische Heimat war die Sozialdemokratie, der sie 1953 beitrat – in dem Jahr, in dem Paul Nevermann als Vorsitzender die SPD-Fraktion in der Bürgerschaft anführte (nach der verlorenen Wahl gegen den vereinigten Bürgerblock). Ihre Erlebnisse in den Kriegsjahren und die permanente Bedrohung der Familie durch die Nazis (Ihr Vater Paul war ein engagierter Gewerkschafter und Sozialdemokrat) in ihrer Kindheit und Jugend – die Erfahrungen in der Nachkriegszeit mit Hunger und Kälte sind bestimmt eine lebenslange Prägung für Ursel gewesen und erkennbar die Triebfeder aus der heraus sie ihre grundsätzliche Haltung immer wieder betont hat, Frieden und Demokratie als unabdingbare Voraussetzung für die Gestaltung der Gesellschaft. Dies bis hinunter in kommunale und soziale Fragen. Das war sozusagen ihr Credo – ihr Handlungsleitfaden. Von 1966 bis 1986 war Ursel Bezirksabgeordnete danach bis 1997 Bürgerschaftsabgeordnete. Sie war über viele Jahre hinweg Mitglied des Kreisvorstands Hamburg-Nord. Im Anschluss an ihre Abgeordnetenzeit in der Bürgerschaft 1997 hat sie weitere 20 Jahre als Vorsitzende des Bezirksseniorenbeirates und parallel auch zeitweise als Mitglied im Landesseniorenbeirates die Senior*innenpolitik im Bezirk und in Hamburg geprägt. Und natürlich war sie Gewerkschafterin. Egal wo: Wenn Ursel sich zu Wort meldete und anfing, mit „Ich sag mal …“, dann wussten alle: Das war nicht einfach daher gesagt, sondern in aller Regel ein kluger Gedanke, ein wichtiger Hinweis, eine gute Lösung, … Meine eigenen Begegnungen mit Ursel begannen, als ich 1991 als Juso-Vertreterin in den SPD Kreisvorstand Hamburg Nord gewählt wurde, später als Kreisvorsitzende und schließlich von 2008 bis 2021 als stellv. Landesvorsitzende. Kontakt und Zusammenarbeit mit Ursel war immer auf Augenhöhe, inspirierend, manchmal anstrengend, aber immer motivierend. Für Ursel lagen die politischen Themen, denen sie sich in der Bezirks- und Landespolitik gewidmet hat, auf der Hand: Bis weit in die 1960er Jahre hinein war der Wiederaufbau der zerstörten Stadt nach dem Krieg das zentrale Thema: Wohnungsbau, Schulbau und Schulversorgung, Kinderbetreuung, Schaffung von Jugendeinrichtungen, die Instandsetzung der Verkehrsinfrastruktur, das Gesundheitswesen und natürlich der Aufbau demokratischer Strukturen. Und weil es ja um die konkreten Lebensverhältnisse der Bürger*innen ging, war Ursel umfassend mit nahezu allen Themen beschäftigt. In ihren Funktionen und Mandaten hat Ursel in vielen dieser Fragen die politische Arbeit langfristig geprägt. Heute wissen wir das: Politik, vor allem in Hamburg Nord war ohne Ursel Preuhs kaum vorstellbar und zeigt bis heute Wirkung. ein Beispiel: Heute wie damals ist der mangelnde Wohnraum – sozusagen als Dauerbrenner unterwegs. Wenn Politikerinnen heute in ihre Planungen gehen, dann können sie auf Standards zurückgreifen, die genau in den 1960 er Jahren und danach erstritten worden sind – dies oftmals auch nach schmerzhaften Lernerfahrungen: So führte der Bau von Großsiedlungen wie Steilshoop, Mümmelmannsberg und Osdorfer Born in der Folge zu sehr streitbaren Auseinandersetzungen innerhalb unserer SPD und in der Stadt: Wie müssen Stadtteile und Quartiere und somit eben auch das Bauen sich entwickeln, damit die Menschen gesund und sozial leben können? – im Kontakt mit anderen? - damit sich Gemeinschaften entwickeln können. Das waren auch höchst streitbare Diskussionen unter den Bedingungen eines anhaltenden Wohnraummangels, dem mit hochverdichtetem Bauen begegnet werden sollte. Und trotz dieses Mangels, der selbstverständlich auch großen Druck erzeugte, hat es Ursel und ihre damaligen Mitstreiter*innen nicht davon abgehalten, die notwendigen Auseinandersetzungen über qualitative Fragen des Wohnens und des Städtebaus zu führen. UND weil es Ursel stets um machbare Lösungen - auch im Sinne der Finanzierbarkeit für Menschen mit nicht so dickem Geldbeutel - ging, entstand nach nächtlichen Diskussionen an ihrem Esstisch u. a. die Idee von Kleingenossenschaften. Diese Idee wurde tatsächlich Wirklichkeit und konnte später am Brödermannsweg in Groß Borstel und mit der Wolfgang Borchert Siedlung verwirklicht werden. Viele von Euch wissen, dass an diesem Esstisch auch noch viele andere gute Gedanken ihren Ursprung hatten – nach langen Diskussionen natürlich. Themen, die Ursel während der ganzen Jahrzehnte ihres politischen Einsatzes fest im Blick hatte waren die Sozial-, Gesundheits- und Seniorenpolitik. Ein Bereich, in dem ich selbst beschäftigt war und bin und worüber wir sofort eine nicht aufhörende Verbindung herstellen konnten. Die Situation von Senior*innen, so u.a. die Lage in den Altenheimen, die bis weit in die 1980er Jahre hinein durch Mehrbettzimmer – gekennzeichnet waren, – teilweise bis zu 8 Personen in einem Zimmer – hat Ursel sehr umgetrieben. Das Fehlen jeglicher Privatsphäre für jeden einzelnen Menschen in seiner letzten Lebensphase - DAS kann und darf so nicht sein! Und so begann sie sich für eine Veränderung dieser Situation einzusetzen. Dabei stieß sie auf die gesamte Komplexität, die für diese Veränderung entschlüsselt und geknackt werden mussteMehr als 20 Jahre Durchhaltevermögen und Dranbleiben waren erforderlich, bis schließlich der Anspruch auf ein Einzelzimmer auch gesetzlich verankert war. Ein langer, harter und sehr erfolgreicher Kampf, von dem heute so viele pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen profitieren. Wohnen und Pflege - mit diesen zwei Beispielen haben wir Ursel im Auge und im Ohr. Stets ist sie von den Menschen ausgegangen. Oberste Priorität war, die Lebensverhältnis zu verbessern und eben entsprechende Strukturen zu entwickeln. Dicke Bretter. Als Ursel Preuhs in den 1960-er Jahren ihre parlamentarische Arbeit in der Bezirksversammlung Hamburg Nord begann, war es in der Gesellschaft und auch in der SPD nicht selbstverständlich, dass Frauen sich politisch engagierten oder gar wichtige Ämter übernahmen. Auch hier war Ursel eine Vorreiterin: 1973 wurde sie Vorsitzende der BV in HH Nord – als erste Frau in Hamburg überhaupt in dieser Position. Und 1983 wurde sie ebenfalls als erste Frau Vorsitzende des Personalrates der Landesversicherungsanstalt. Das hat vielen Frauen Mut gemacht, sich selbst zu engagieren – sich etwas zu trauen. Ein großes Herzensanliegen war Ursel der unmittelbare Kontakt mit Bürgerinnen und Bürgern, mit ihrer Partei und den Genossinnen und Genossen. So war eine ihrer ersten Amtshandlungen als Präsidentin die Einführung einer aktuellen Stunde bei den Sitzungen der Bezirksversammlung – sehr zur Verärgerung der Verwaltung, denn damals durften Bürger*innen zwar zuhören, aber Fragen zu stellen (auf die es dann auch noch eine Antwort geben sollte), das war nicht üblich. Aber Ursel nahm die Menschen ernst und wollte ihnen Gehör verschaffen. Und noch Jahrzehnte später hat sie bis zum Beginn der Pandemie über viele Jahre hinweg Menschen im SPD-Bürgerbüro des Kurt-Schumacher-Hauses zu ihren vielfältigen Anliegen beraten und ihnen oft helfen können. Darin – im Gespräch mit anderen zu bleiben - war sie unermüdlich. Bis in das hohe Alter hinein hat sie ihre Kraft dazu genutzt, zu motivieren und zu ermutigen, sich zu engagieren, dranzubleiben, nicht nachzulassen, die Gesellschaft im Sinne von Demokratie und Frieden und sozialer Gerechtigkeit weiter voranzutreiben und auch zu verteidigen. Aktuell müssen wir erkennen, wie äußerst fragil und angreifbar unsere Demokratie ist. Das hat Ursel in den letzten vielen Jahren sehr umgetrieben und ihr große Sorge bereitet. Im persönlichen Gespräch mit ihr hat die Formulierung dieser Sorge nie gefehlt. Viele von euch werden sich erinnern, dass ein Gespräch mit Ursel nicht selten mit der sehr konkreten Aufforderung beendet wurde, dranzubleiben, sich einzusetzen. „Wir dürfen nicht nachlassen, es uns nicht bequem machen“ – so erinnere ich Gespräche mit Ursel. Und in etwa so weiter: „Wie wirst Du das jetzt angehen?“ Das hat Ursel Preuhs geschafft – sich selbst ein Leben lang der Verantwortung zu stellen – das politische Anliegen zu ihrem persönlichen zu machen und mit der größtmöglichen Authentizität in den Kampf zu gehen. Für mich und viele andere Frauen und Männer war und ist Ursel ein überzeugendes und ermutigendes Vorbild. Ursel war eine große Sozialdemokratin, eine beispielgebende Politikerin, die sich unermüdlich für das Gelingen unserer Demokratie eingesetzt hat. Nicht leichten Herzens, aber mit großer Dankbarkeit nehmen wir heute Abschied von Ursel Preuhs, von ihrer Herzlichkeit und von ihrer Überzeugungskraft – sie wird uns fehlen. „Wie wirst Du das jetzt angehen?“ Ursel – mit Entschlossenheit Du hast uns gezeigt, wie man das macht Mit Entschlossenheit müssen wir ihre Arbeit fortsetzen! Sie hat uns gezeigt, wie man das macht! Zitate:
- Wer soll Einzelzimmer bezahlen?
- Wie müssen Heimstrukturen umgebaut/neu gebaut werden?
- Wie müssen sich die Arbeitsprozesse in den Heimen verändern UND wer macht das?
Literatur: Inge Grolle, Rita Bake: „Ich habe jonglieren mit drei Bällen geübt“. Frauen in der Hamburgischen Bürgerschaft 1946 bis 1993. Hamburg 1995, S. 381. Mit herzlichen Grüßen, für den Vorstand
- Seite „Ursula Preuhs“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 16. November 2024, 01:20 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Ursula_Preuhs&oldid=250383110 (Abgerufen: 17. November 2024, 15:23 UTC)
- Ebenda
Widerstandskämpferin, Mitglied der KPD, Kaufmännische Angestellte
Zeichnerin und Dokumentaristin Alt-Hambrugs
Widerstandskämpferin
Lehrerin, Politikerin (KPD), Mitglied der Widerstandsgruppe Bästlein-Jacob-Abshagen
Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus, Literaturwissenschaftlerin. Hochschullehrerin, Direktorin des Instituts für Literarische Publizistik und Stilistik in Leipzig
First Lady der Stadt Hamburg, Bürgerschaftsabgeordnete (SPD)
Volksschullehrerin, Vorsitzende des Israelitischen Humanitäts-Frauen-Vereins und des Jüdischen Frauenbundes
Verfolgte des NS-Regimes, Antifaschistin
Mitglied (KPD) der Hamburgischen Bürgerschaft, Mutter der Widerstandskämpferin Irene Wosikowski
Organisationsleiterin des Kommunistischen Jugendverbandes Deutschlands, leistete in der Emigration illegale Widerstandsarbeit
Gründerin des Paulsenstiftes, der ersten
Zeichnerin und Mitbegründerin der Gesellschaft Hamburgischer Kunstfreunde
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