Rede zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen: Erinnerungsstein für Christel Klein 2018

Ich begrüße Sie im Namen des Vereins Garten der Frauen am heutigen internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen hier an unserem Gedenkstein für Christel Klein. Sie hörten soeben Rüdiger Zieroth an der Gitarre. 

Christel Klein, geboren am 27.11. 1939 in Herten, hätte in zwei Tagen ihren 79. Geburtstag gefeiert, doch sie wurde am 6.5.1981 im Alter von 41 Jahren ermordet.

Heute ist ihre Tochter, die Zahnärztin Dr. Dunja Kranich hier und wird zu uns sprechen. Herzlichen Dank, dass Sie gekommen sind. Begrüßen möchte ich auch ihren Ehemann Jonathan Kranich, der als Polizeikommissar bei der Kriminalpolizei auch mit häuslicher Gewalt gegen Frauen betraut ist.

2010 stellten wir den Erinnerungsstein für Christel Klein im Garten der Frauen auf. 

Damals hatte unser Mitglied Heidemarie Grobe, die Koordinatorin von Terre des Femmes Hamburg, ist, die Bitte geäußert, einen Erinnerungsstein für ein weibliches Opfer häuslicher patriarchaler Gewalt in den Garten der Frauen aufzustellen. Wir entschieden uns bewusst für ein Opfer, welches keinen Migrationshintergrund hat. Deshalb schlug uns unser Vereinsmitglied Verena Lappe Christel Klein vor. Als Verena Lappe Ende der 70er/Anfang der 80er Jahre in einem Hamburger Frauenhaus tätig war, hatte sie mit Christel Klein Kontakt gehabt. Christel Klein war auf ihrer Flucht vor ihrem gewalttätigen Ehemann nach Hamburg gekommen und dort zuerst in einem Frauenhaus untergekommen, bevor sie dann ein neues Leben in einer kleinen Wohnung in Hamburg-Jenfeld startete.

Wenn heute Frauen mit Migrationshintergrund Opfer von häuslicher patriarchaler Gewalt werden, dann wird in den Medien vielfach von „Ehrenmord“ gesprochen. Trifft es eine Frau mit keinem Migrationshintergrund, dann spricht man häufig von einem „Ehedrama“. Doch weder die Begrifflichkeiten „Ehrenmord“ noch „Ehedrama“ treffen die Tatsachen. Es sind verharmlosende Begriffe für Gewalt an Frauen. Diese Gewalt geht meistens von Männern aus, die meinen, über das Leben ihrer Partnerin verfügen zu können, die sie quälen, schlagen und bestrafen. Hier zeigt sich: Gewalt an Frauen ist ein Ausdruck der immer noch bestehenden Ungleichheit der Geschlechter. Die Frau wird von solchen Männern als Besitz angesehen. Will sich die Frau z. B. von ihm trennen, fühlt er sich gekränkt. Es geht bei den Gewalttaten um Macht und Kontrolle des Mannes über die Frau.

Weltweit ist häusliche patriarchale Gewalt die häufigste Ursache für körperliche Verletzungen bei Frauen. Dabei findet häusliche patriarchale Gewalt in allen Gesellschaftsschichten, Kulturen und Ländern statt und ist unabhängig davon, ob die Opfer einen Migrationshintergrund haben oder nicht.

Die von Gewalt betroffenen Frauen müssen viel mehr Hilfe durch die bundesrepublikanische Politik erhalten. Erst im Februar 2018 hat Deutschland die Istanbul-Konvention in Kraft gesetzt, die der Europarat aber bereits schon 2011 verabschiedet hatte, um häusliche Gewalt zu verhüten und zu bekämpfen. Die aufgeführten Maßnahmen zum Schutz der Frauen erfüllte die Bundesrepublik Deutschland aber bisher nur zu einem kleinen Teil.

Stehen Täter vor Gericht, stoßen sie nicht selten auf Richter, die Verständnis für den Täter zeigen, weil dieser schließlich unter der Trennung leiden würde und z. B. seine Kinder nur noch selten sehen dürfe. Und auch Eifersucht als Tatmotiv wird häufig als strafmildernd angesehen. Unterschwellig spielt bei solch einem Verständnis für den Täter das in patriarchalen Systemen oft herbeigeschworene Bild der Frau als Xanthippe, der Hausdrachen, das männermordende Vamp, dem der Mann hilflos ausgesetzt ist und deshalb so handeln musste, wie er handelte, eine Rolle.

Christel Klein steht symbolisch für all die Frauen, die Opfer häuslicher patriarchaler Gewalt wurden und von denen sicherlich auch auf dem Ohlsdorfer Friedhof einige ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Ihnen allen ist dieser Erinnerungsstein gewidmet.

Als wir vor acht Jahren den Stein für Christel Klein einweihten, nannten wir nicht ihren vollständigen Nachnamen und ließen auf den Stein nur den Anfangsbuchstaben ihres Nachnamens einmeißeln, denn wir wussten nichts über den Verbleib ihrer Kinder und deshalb auch nicht, ob diese es gutheißen würden, wenn wir für ihre Mutter einen Erinnerungsstein setzen würden.

Im letzten Jahr meldete sich zu unserer großen Überraschung und Freude Christel Kleins Tochter Dr. Dunja Kranich bei uns. Auch war sie sofort bereit, auf unserer heutigen Gedenkveranstaltung über ihre Mutter und die Tat ihres Vaters zu sprechen.