Rede zum 22. Geburtstag des Gartens der Frauen 2023 mit Einweihung der Rose In Erinnerung an Anke Kuhbier

Rede zur 22. Geburtstagsfeier des Gartens der Frauen am 2.7.2023
Sie hörten soeben ein Musikstück der Akkordeonistin Ona, Gewinnerin des Grand Prix beim Internationalen Akkordeonwettbewerb „Citta di Lanciano“ in Italien. Sein wird unsere Feier musikalisch begleiten.
2001 weihten wir den Garten der Frauen ein. Heute feiern wir den 22. Geburtstag des Gartens der Frauen. In diesen 22 Jahren hat sich der Garten der Frauen immer weiter entwickelt; neue Flächen sind hinzugekommen, weitere historische Grab- und Erinnerungssteine und seit wenigen Jahren auch Erinnerungsmedaillons an der Erinnerungssäule, die die Fortsetzung unserer Erinnerungsspirale ist.
Der Garten der Frauen wird sich auch in den nächsten Jahren weiter entwickeln mit weiteren historischen Grabsteinen und Erinnerungsmedaillons. Und auch die Gartengestaltung wird sich immer wieder verändern, sich u. a. den notwendigen Gegebenheiten anpassen zum Beispiel in Bezug auf den Klimawandel oder auch als Reaktion auf menschliche Verhaltensweisen, vor denen wir den Garten schützen müssen. So wird in absehbarer Zeit im Spätherbst dieser Durchgang hinter mir mit der sich dort befindenden Eibenhecke geschlossen werden, so dass der Garten der Frauen nicht mehr für fahrradfahrende Personen als Durchgangsstrecke benutzt werden kann. Denn das bekommt keinem Rasen. Außerdem stört es die Trauernden und Menschen, die im Garten der Frauen ihren Gedanken über Leben und Tod nachspüren wollen, wenn direkt hinter ihnen oder vor ihnen Fahradfahrende auf dem rasen fahren. Würde jamnd auf die Idee kommen, auf seinem privaten Rasen hinter seinem Haus rumzufahren? Oder in einem Museum, oder in einer Gedenkstätte? Der Garten der Frauen ist sowhl eine Gedenkstätte, eine Art freilichtzmuseum und eine Begräbnisstätte! Geburtstagswunsch für den Garten der Frauen äußern dürfte, dann diesen: bitte mehr Viten von den Frauen, die sich im Garten der Frauen auf den Gemeinschaftsgrabflächen bestatten lassen. In diesen Fällen entscheiden die Frauen bzw. ihre Nachkommen und Angehörigen, ob eine Vita geschrieben und auf einer Tafel im Garten der Frauen präsentiert wird bzw. wenn keine Tafel gewünscht wird, eine Vita auf der Website des Gartens der Frauen aufgenommen wird.
Doch vielfach höre ich dazu: aber mein Leben war doch gar nicht so wichtig, wie das der Frauen, für die wir Erinnerungs- und historische Steine im Garten der Frauen stehen haben.
Der Garten der Frauen macht keinen Unterschied zwischen bedeutend und weniger bedeutend. Wir leisten alle Wichtiges bzw, haben Wichtiges geleistet. Nur leider wird das, was Frauen in unserer seit einigen wenigen Jahrtausenden bestehenden patriarchalen Gesellschaft leisten, nicht als ebenso wichtig anerkannt, wie die Leistung von Männern. Deshalb gibt es immer noch keinen gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit, ist Armut weiblich, wird die Leistung von Frauen zu wenig wertgeschätzt, und, und, und. Lassen wir uns also von diesem patriarchalen Gesellschaftssystem nicht beirren. Auch die Vertreter dieses Systems deckt einmal die gleiche Erde, auch sie werden zu gleichem Staub und die gleichen Würmer tun sich an ihnen gütlich. Allerdings, im Garten der Frauen, da sind nur wir – nicht die! Nutzen wir und Sie also diesen Garten, um hier unsere und Ihre Lebensgeschichte zu erzählen und für die Nachwelt zu erhalten.
Nun möchte ich überleiten zu einer Frau, an die wir seit Neuestem mit einer Rose erinnern, die nach ihr benannt wurde. Es geht um Anke Kuhbier. Sie wurde am 1. Januar 1943 geboren und starb im Alter von 75 Jahren am 30. Juli 2018 in Hamburg. Ihr Grab befindet sich in der Nähe des Gartens der Frauen.
Anke Kuhbier war nicht nur Politikerin, sie war auch Gartenexpertin. Sie war es auch, die, als der elterliche Garten der Schriftstellerin, Reformpädagogin und Rosenspezialistin Alma de L‘Aigle am Appener Weg 3 bebaut werden sollte, eine Initiative bildetet, um den Garten zu retten. Was ihr auch gelang. Die Rose, die nach Alma de ‚Aigle benannt wurde, blüht schon seit vielen Jahren im Garten der Frauen und zwar beim Brunnen bei der dortigen Bank. Heute nun kommt eine Rose hinzu, die in Erinnerung an Anke Kuhbier heißt.
Über das Leben vom Anke Kuhbier wird nun ihr Ehemann und Mitglied unseres Gartens der Frauen, der Jurist und ehemalige Hamburger Senator für Wasserwirtschaft, Energie und Stadtentwicklung sowie Leiter der Umweltbehörde Jörg Kuhbier berichten.
Jörg Kuhbier:……
Rita:
Frau Karin Geese, Zweigsprecherin Hamburg der Gesellschaft zur Förderung der Gartenkultur e. V. und ihre Mitstreiterin Frau Monika Helmbrock sind heute zu uns gekommen und werden uns nun etwas über ihre Initiative und zur Rose zum Andenken an Anke Kuhbier berichten.
Karin Geese: ……..
Rita:
Die Rose nimmt unser Mitglied Brigitte Matthies in Empfang und unter ihre Fittiche. Sie ist unsere Rosenbetreuerin und steht in enger Kommunikation mit unseren Rosen. Die Rose Erinnerung an Anke Kuhbier ist vorne bei der Erinnerungsspirale zu bewundern. Ein kleines Schild mit Informationen zu Anke Kuhbier finden Sie dort ebenfalls.
Musik:……
Rita:
Heute eröffnen wir auch unsere Ausstellung „Frauen in den Bäumen. Dazu gibt es einen Flyer, den Sie sich am Infotisch holen können. Dank an Andrea Orth, die das Layout des Flyers und der Ausstellung geschaffen hat.
Die Frauen in den Bäumen sind noch bis 27. August zu sehen. Wir präsentieren Ihnen drei Frauen: Erna Nakoinzer, Clara Klabunde – hinter mir – und Liesel Deidesheimer. Ihre Konterfeis sind auf großen durchscheinenden Stoffbahnen gedruckt und hängen in den Bäumen bzw. in Rosenbögen.
Durch ihre leichte Transparenz und durch die Bewegungen des Windes sollen die Porträts eine transzendierende Existenz dieser Frauen vermitteln. Sie haben die Grenzen unseres Daseins überschritten, haben dieses Leben hinter sich gelassen und sind in qualitativ andere Bereiche gelangt. Solange wir uns aber an sie erinnern, sind sie weiterhin auch hier- nur anders.
Clara Klabunde starb vor 29 Jahren. Sie ist heute 116 Jahre alt. Ein weiteres Porträt von ihr hängt hier im Haselnussbaum. Die Journalistin und Vorsitzende des Deutschen Journalisten Vebandes Hamburg, Marina Friedt, hat uns die Bildvorlagen aus Privatbesitz für diese Porträts zur Verfügung gestellt.
Vor 90 Jahren, im März 1933 bestand Clara Klabunde ihre juristische Staatsprüfung und arbeitete fortan als Rechtsanwältin in Hamburg. Durch die Reichsrechtsanwaltsordnung von 1935 wurde Clara Klabunde als Frau, die als Anwältin arbeitete, beruflich eingeschränkt. Sie ging eine gemeinsame Sozietät am neuen Wall 54 mit dem Rechtsanwalt Wilhelm Drexelius ein, und vertrat in der NS-Zeit politisch Verfolgte des NS-Regimes. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Clara Klabunde im Rahmen der Entnazifizierungsverfahren als Spruchkammervorsitzende eingesetzt. Später wurde sie Richterin. Am 1. September 1966 wurde Clara Klabunde als erste Frau in der Bundesrepublik Deutschland zur Präsidentin des Landesarbeitsgerichtes ernannt.
Eine Frau, die im NS-Regimes starke Repressalien erleiden musste, war Erna Nakoinzer. Sie starb vor vierzig Jahren im Alter von 79 Jahren. Erna Nakoinzers Porträt hängt in Rosenbogen, der zu der Erinnerungssäule führt. Heute weihen wir auch ihr Erinnerungsmedaillon ein, das sich an der Erinnerungssäule befindet. Auf einer Aluminiumtafel am Ständer bei der Erinnerungssäule können Sie den Lebensweg von Erna Nakoinzer nachlesen. Auf einer weiteren dort sich befindenden Aluminiumtafel erfahren Sie etwas über die Gruppe der verleugneten Opfer des Nationalsozialismus, zu der Erna Nakoinzer gehört und die der Deutsche Bundestag erst 2020, also vor gerade mal drei Jahren, als NS-Opfer anerkannt hat.
Die Historikerin Frauke Steinhäuser hat über diese Menschen geforscht und im letzten Jahr dazu eine Ausstellung in der Hamburger Rathausdiele präsentiert. Sie wird uns jetzt kurz den Lebens- und Leidensweg von Erna Nakoinzer nachzeichnen. Ausführlich wird Frauke Steinhäuser über Erna Nakoinzer in ihrem Vortrag im Garten der Frauen am Sonntag, 23. Juli ab 16 Uhr berichten.
Frauke Steinhäuser….
Musik…
Rita:
Die dritte Frau, deren Medaillon wir heute an der Erinnerungssäule einweihen und deren Porträt beim Glashäuschen hängt, ist die Kinderärztin Liesel Deidesheimer, geboren vor 118 Jahren, gestorben vor 30 Jahren im Alter von 87 Jahren. Sie arbeitete in der NS-Zeit im Kinderkrankenhaus Rothenburgsort. Mehr zu ihr erfahren Sie nun von dem Journalisten und Blattmacher der Celleschen Zeitung, Andreas Babel, der zu ihr und das Kinderkrankenhaus Rothenburgsort geforscht hat. Dazu hat er das Buch „Kindermord im Krankenhaus“ verfasst.
Andreas Babel…..
Musik…
Rita:
Wir kommen nun zum Schluss des offiziellen Programms. Danach gibt es Gelegenheit, sich den Garten der Frauen anzuschauen, ins Gespräch mit anderen zu kommen, Kuchen zu essen, sich am Infotisch über den Garten der Frauen zu informieren und die Bücher über den Garten der Frauen zu erwerben.
Damit der Garten der Frauen sich weiterhin so schön präsentiert, benötigen wir von unseren Vereinsmitgliedern noch weitere Hilfe bei der Gartenarbeit. Wer dazu Lust hast, kann sich heute an Monika Strecker wenden. Sie koordiniert die Gartenarbeit.
Wer von uns Mitgliedern Lust hat selbst Führungen durch den Garten der Frauen anzubieten, kann sich an Sabine Rusch wenden, die die Führungen koordiniert.
Und wer Lust hat als Mitglied an Sonntagen beim Infohäuschen Auskunft über den Garten der Frauen zugeben, kann sich an Ingrid Albertsen wenden, die diese Gruppe koordiniert.
Musik