Einweihung Erinnerungssteine für Mara Arndt und Margarete Braun mit Hinweis auf Grabstein von Heinz Beckmann vor dem garten der Frauen, Karfreitag, 5.4.2012

Heute wollen wir in Kooperation mit dem Verein „Rettet die Nikolaikirche“ den Erinnerungsstein für die Theologin an der Hauptkirche St. Nikolai, Margarete Braun und den Engel der Gefangenen, Mara Arndt einweihen.

Dazu begrüße ich unseren Mitstreiter in dieser Sache, den Vorsitzenden des Vereins Rettet die Nikolaikirche, Herrn Franke, ebenso den Hauptpastor und Probst  des evangelisch-lutherischen Kirchenkreises Hamburg-Ost Herrn Dr. Claussen, sowie Professor Dr. Hering. Leiter des Landesarchivs Schleswig-Holstein, der zu Margarete Braun geforscht hat.

Margarete Brauns Leben und Wirken  wird Ihnen gleich Herr Professor Hering vorstellen. Ich bin schon seit Jahren begeistert darüber, mit welchem feministisch akkuraten Blick Herr Hering seinen Forschungen zu den Theologinnen begegnet.  

Bevor ich aber das Wort an Sie, Herr Hering übergebe, möchte ich einen feministischen Mann vorstellen, dessen Grabstein wir direkt vor den Garten der Frauen verlegt haben, weil er in enger Beziehung zu einigen Frauen steht, deren historische Grabsteine und nun auch Erinnerungsstein wir im Garten der Frauen haben.

Es handelt sich um Heinz Beckmann. Er war der Bruder von Emmy Beckmann, Hamburgs erster Oberschulrätin, Bürgerschaftsabgeordnete und Frauenrechtlerin. Nachdem wir vor vielen Jahren ihren Grabstein in den Garten der Frauen verlegt hatten, blieb sein Grabstein einsam und verlassen am alten Ort – was wir ein wenig bedauerten, wussten wir doch, dass das Geschwisterpaar sehr eng miteinander verbunden gewesen war und beide politisch wie auch frauenpolitisch an einem Strang gezogen hatten. Im letzten Jahr ergab es sich auf Grund weiterer räumlicher Erweiterungen des Gartens der Frauen, den Grabstein von Heinz Beckmann direkt vor den Garten der Frauen zu verlegen. Dadurch konnte Heinz Beckmann näher zu seiner Schwester rücken.

Seit der Einweihung des Erinnerungssteins für Margarete Braun ist Heinz Beckmann noch enger mit dem Garten der Frauen verbunden. Denn Heinz Beckmann hatte Margarete Braun 1926 in seiner Funktion als Hauptpastor von St. Nikolai eine Pfarrstelle an St. Nikolai zur Verfügung gestellt. Er ermöglichte es ihr, das zweite theologische Staatsexamen abzulegen und bis 1934 als Pfarramtshelferin zu arbeiten.

Heinz Beckmann war in Fragen der Frauenemanzipation sicherlich durch seine Schwestern sensibilisiert worden. Er setzte sich für die Gleichberechtigung der Theologinnen ein. 1920 war er an  die St. Nikolai-Kirche gekommen und setzte sich insbesondere dafür ein, dass auch Frauen nach dem Theologiestudium die beiden kirchlichen Examina ablegen und in den kirchlichen Dienst übernommen werden konnten. Er forderte, dass die Theologinnen auch ordiniert und gleichberechtigt neben den Pastoren tätig werden sollten. Doch solch ein Ansinnen war damals nicht mehrheitsfähig.  Dennoch gelang es mit Heinz „Beckmanns Unterstützung, 1927 ein Pfarramtshelferinnen-Gesetz durchzusetzen, das den Theologinnen nach Ablegung beider Examina eine Tätigkeit mit eingeschränkten Rechten ermöglichte.“

Alles weitere zu Margarete Braun hören Sie nun von Professor Hering.

Rainer Hering: Ansprache.

Rita:

Ich bitte nun  Probst Dr. Claussen ans Mikrophon.

Rita:

Nun kommen wir zur zweiten Frau, für die wir den Erinnerungsstein gesetzt haben: Mara Arndt, der Engel der Gefangenen. Warum die Namen dieser beiden Frauen auf einem Erinnerungsstein verewigt wurde, hat einen Sinn. Beide haben sich für andere eingesetzt, die zum Beispiel in Not waren. Die eine: Margarete Braun als Seelenhirtin, als Seelsorgerin – die andere sorgte sich um das physische und damit auch um das seelische Überleben der Gefangenen in den Kriegsgefangenenlagern. 

Mara Arndt, geboren am 15. Dezember 1900 in Palmnicken/Samland hatte vor dem Zweiten Weltkrieg  eine kleine Buchhandlung mit Antiquariat in der Französischen Straße in Königsberg betrieben. Während des Krieges war sie nach Dänemark geflohen, wo sie in der Flüchtlingsbetreuung tätig wurde, was ihr zur Lebensaufgabe wurde. Von Dänemark kam sie über Bremen nach Hamburg und baute hier eine private Vermisstenkartei auf. Ihr Organisationstalent und ihre unermüdlich tätige Nächstenliebe waren dabei ihre einzigen Hilfsmittel. Sie schickte Briefe und Pakete in die Gefangenenlager und wurde für Tausende von Häftlingen westlicher und östlicher Kriegsgefangenenlager die einzige Hoffnung. Mara Arndt gelang die Freilassung von über 4500 Kriegsgefangenen. Wegen ihres Engagements wurde sie in Zeiten des Kalten Krieges jahrelang diffamiert und sogar der Spionage für den „Osten“ verdächtigt. 1960 bekam sie das Bundesverdienstkreuz verliehen. Sie lebte von einer sehr geringen Rente in der Pestalozzistraße 29 b und starb im Alter von 63 Jahren  am 2. Juni 1964 Hamburg. Das Grab auf dem Ohlsdorfer Friedhof ist längst abgeräumt. Nichts erinnert mehr an diese Frau. Es gibt nur einige wenige kurze Zeitungsartikel aus den 1960-er Jahren über sie, die man auch nicht so ohne weiteres findet.