Charlotte Niese

    Schriftstellerin, Heimatdichterin, Lehrerin

    Ornament Image
    7.6.1851
    Burg/Fehmarn
    -
    8.11.1935
    Hamburg Altona
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    Grablage: I A 687 abc

    Namensgeberin für Charlotte Niese-Straße in Hamburg-Osdorf seit 1929
    Unter sechs Söhnen war Charlotte Niese zunächst die einzige Tochter eines Pastors und seiner Frau - später wurde noch eine weitere Tochter geboren. Charlotte Niese erhielt eine "Spezialausbildung", sprich, eine andere als ihre Brüder. Dazu wurde sie zu ihren Großeltern geschickt, wo sie viele Jahre lebte. Charlotte Niese bemerkte schon früh, dass die Brüder weitaus mehr durften als sie. Sie litt darunter, klagte aber nicht öffentlich darüber, sondern schwieg, wie es sich für ein wohlerzogenes Mädchen gehörte. Die Brüder erhielten Latein- und Griechischunterricht und schlugen eine wissenschaftliche Laufbahn ein. Charlotte Niese besuchte das Lehrerinnenseminar und unterrichtete nach dem Examen in mehreren Familien in Nordschleswig, in der Rheinprovinz und in Ascheberg. Als der Vater 1881 starb, kehrte Charlotte zu ihrer Mutter zurück, gab ihren Beruf auf und lebte mit ihr bis zu deren Tod im Jahre 1907 zusammen. Nicht mehr als Lehrerin tätig, schaffte sich Charlotte Niese den Freiraum, um ihrem lang gehegten Wunsch zu schreiben nachzugehen. Ihre ersten Prosatexte veröffentlichte sie unter dem männlichen Pseudonym "Lucian Bürger" in der Kieler Zeitung. Nachdem Charlotte Niese mit ihrer Mutter ein Jahr bei einem Bruder in New York verbracht hatte, zogen die beiden Frauen auf Rat eines Bruders nach Altona, denn dort wohnte ein Teil der
    Verwandtschaft. Dort lebte Charlotte Niese bis 1900 zusammen mit ihrer Mutter und der jüngeren Schwester im Philosophenweg. Dort begann auch der schriftstellerische Erfolg. Charlotte Niese wurde eine der bekanntesten Holsteinischen Heimatdichterinnen, sogar in Schulbüchern wurden ihre Erzählungen abgedruckt.
    Charlotte Niese befasste sich auch mit der Frauenfrage. So war sie eine Zeitlang erste Vorsitzende der Altonaer Ortsgruppe des Verbandes Norddeutscher Frauenvereine. Ziel dieses konservativen Vereins waren bessere Bildungs- und Berufschancen für Frauen. Auch in ihren Romanen setzte sich Charlotte Niese mit der Rolle der Frau auseinander. Sie zeigte immer wieder die gesellschaftspolitischen Grenzen auf, an die Frauen stießen. Jedoch trat sie, die selbst unter diesen Gegebenheiten litt, nicht für eine Überwindung dieser Verhältnisse ein. Charlotte Niese akzeptierte den status quo. Die traditionellen Geschlechtsrollenmuster zu durchbrechen, entsprach nicht ihrem Temperament und Weltbild.
    Text: Rita Bake